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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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Kammer gehört hatte?
    Es mochte durchaus sein, dass sich irgendein Getier durch die Erde unter den Holzplanken des Schuppens hindurchgegraben hatte, wo ich es nicht sehen konnte. Immerhin wucherten rund um den Anbau Unkraut und Distelgestrüpp sowie abgestorbenes, trockenes Buschwerk, das mir leicht eine gründlichere Untersuchung der Wände verwehren konnte.
    Wollte ich in dieser Nacht also noch Schlaf finden und zudem meine unbändige Neugierde stillen, deren Vorhandensein ich eingestehen musste, so blieb mir nur der eine Weg, den bereits die früheren Bewohner in die verschlossene Kammer genommen hatten, und der im Grunde sogar der einzig logische wäre, zog man den Verstand als Berater zur Seite. Und doch richteten sich mir die Nackenhaare auf, als ich an die verbarrikadierte, vom Alter geschwärzte Tür dachte, die ich noch nie in meinem Leben offen gesehen hatte.
    Plötzlich erschien mir die Nacht merkwürdig kalt. Es schien mir fast, als wehte von den Bergen ein eisiger Wind auf das kleine Städtchen hinab, der mich frösteln ließ. Mein Blick fiel zu den steil aufragenden Felsen empor, um dessen majestätische Krone sich düstere, im Schatten der Nacht verborgene Wolkenberge türmten und nur darauf zu lauern schienen, sich auf das schlafende Städtchen herniederstürzen zu können.
    Ich nahm die Laterne, die ich so auf die Erde gestellt hatte, dass ihr milchiger Schein mein Vorhaben günstig zu beleuchten vermochte, und ging durch das rauschende Gras und die nach mir fassenden Dornenranken zum Eingang des Hauses zurück. Dabei konnte ich mich des erdrückenden Gefühls nicht erwehren, dass mich etwas aus den Winkeln der Nacht heraus beobachtete.
    Mein Weg führte mich direkt zu der sonderbaren Tür. Ich hielt die Lampe so, dass sich mir das Holz wie ein uralter Schatten aus einer längst vergangenen Zeit darbot. Still, ewig … und unberührt.
    Vorsichtig trat ich näher, bis mir die schwachen Düfte der Tiegel und Gefäße, die auf dem Regal vor der Tür aufgereiht standen, in die Nase stiegen. Mit angehaltenem Atem und laut pochendem Herzen lauschte ich … doch hinter der verschlossenen Tür regte sich nichts.
    Ich stand eine weitere Minute unbeweglich da, meine Augen verfolgten das Schauspiel des Lichtscheins zwischen den Töpfen und Bottichen. Unter normalen Umständen hätte ich es dabei bewenden lassen können. Mein Verstand riet mir, zurück in die Schlafstube zu gehen, um mich dem bitter benötigten Schlaf hinzugeben. Und im Nachhinein hätte ich dies auch tun und nicht das Schicksal in seiner geweihten Ruhe stören sollen.
    Doch nichts, was ich in diesem Haus tat, das noch immer den alten Atem meines Großvaters ausstieß und gar nach seiner schrecklichen Pfeife roch, konnte mit rationalen Worten erklärt werden. Es war nicht daran zu denken, mich zurück ins Bett zu legen und die seltsamen, schleifenden Geräusche aus der Kammer aus meinen Gedanken zu verbannen, auch wenn dies jene Lösung gewesen wäre, die meinen Verstand gerettet hätte …
    So aber stellte ich den Leuchter in das Regal neben einigen Gläsern mit Marmelade, die im Schein des Feuers rot und gelb zu glitzern begannen. Ich lauschte immer noch nach etwaigen Geräuschen von jenseits der Tür, während ich mir nachdenklich das alte, verrostete Eisenschloss betrachtete, das seit Jahrzehnten dem Verfall preisgegeben worden war. Was geschehen wäre, hätte ich auch nur das leiseste Geräusch aus der unheimlichen Kammer vernommen, kann ich heute nicht mehr sagen. Wahrscheinlich hätte mich all der Mut verlassen, den ich in dieser Nacht mein Eigen nennen konnte, und hätte dem Haus meines Großvaters auf immer den Rücken gekehrt. Darüber nachzusinnen käme Narretei gleich, würde ich doch nie eine Antwort darauf finden.
    Es blieb still jenseits der Tür, und so fiel es mir nicht schwer, plötzlich an den Brief meines Vaters zu denken, dessen Inhalt mir so merkwürdig erschien. Bereits am Abend wollte ich den Brief noch einmal gelesen haben, als mich die merkwürdigen Geräusche davon abgehalten hatten. Jetzt, da ich das alte Schloss der Tür betrachtete, drängte sich mir der Gedanke an den Brief meines Vaters förmlich auf.
    Ich entzündete die Laterne, die auf dem Küchentisch stand und kramte in der ledernen Tasche der Rechtsanwälte herum, bis ich den Brief in Händen hielt. Eine merkwürdige Kälte bemächtigte sich meiner, während ich die Zeilen entfaltete. Die Schrift meines Vaters war gestochen scharf und steil und wollte in

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