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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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Ich sah Hubschrauber über uns kreisen. Hoffnung machte sich breit. Der Polizeiwagen kam zum Stehen, ich konnte im Spiegel nichts erkennen. Dann hörte ich Schüsse. Dann war wieder Stille. Viele verließen ihre Fahrzeuge, kletterten über die Verkehrsbegrenzungen und liefen die Böschungen hinab. Viele wurden angegriffen. In dem Tumult war es schwer, lebende Menschen von den anderen zu unterscheiden.
»Hallo! Laura!«
Es war Karsten. Ich war durchgekommen. Sofort regte sich in mir das Bedürfnis zu weinen, aber Karsten kam mir zuvor. Ich musste stark sein.
»Karsten! Hör zu, ich komme zu euch!«, schrie ich ins Telefon.
»Frau Stoffers hat Lisa gebissen. Im Treppenhaus. Einfach so. Laura, ich versteh nicht, was hier los ist. Der Notruf. Ich erreiche ihn nicht, die Polizei auch nicht, und draußen werden Menschen angefallen.« Karsten war außer sich.
»Ich weiß«, sagte ich, beherrschte mich und versuchte ganz ruhig zu klingen. »Hier ist es auch nicht anders. Hast du ihre Wunde versorgt?«
»Ja. Ich habe sie desinfiziert, ihr einen Verband angelegt. Jetzt ist sie eingeschlafen.«
Mein Herz galoppierte vor Sorge um meine Tochter. Gebissen! Sie ist bestimmt infiziert worden, dachte ich und rang um Fassung.
»Sehr gut. Am besten bleibt ihr im Haus. Schließ´ alle Fenster und Türen zu und warte, bis ich da bin, ja?«
»Ist gut. Laura. Pass um Himmels Willen auf dich auf!«
»Das mach ich. Ich liebe dich.«
-
»Karsten?«
Die Verbindung war unterbrochen worden. Ich atmete laut aus und fasste einen Entschluss. Ich suchte unter dem Beifahrersitz nach dem Beil, mit dem wir gelegentlich die Särge ausbessern mussten und im Handschuhfach nach den alten Faltplänen. Dann öffnete ich die Tür und machte mich zu Fuß auf den Weg. Als ich sah, wie erst kürzlich durch Bisswunden Verstorbene sich erhoben und zu welchen von Ihnen wurden, wusste ich, dass Zeit keine Rolle mehr spielte. Karsten und Lisa würden tot sein. Schlimmer noch, sie würden auch welche von Ihnen sein.
Ich habe mein Ziel erreicht. Langsam fahre ich an das Krematorium in dem Gewerbegebiet in Stade heran. An der Frontseite des Gebäudes sehe ich einen Untoten entlang wanken, ansonsten ist es ruhig. Ich biege auf die Auffahrt zur Kühlhalle und erwarte das Schlimmste – ein offenes Tor und zahlreiche, auferstandene Verstorbene, die auf ihre Kremierung gewartet hatten.
Das Tor ist geschlossen. Keine Untoten. Ich parke den Wagen und stelle den Motor ab. Warte. Ich bin überrascht, dass ich es hierher geschafft habe. Und ich habe Angst vor dem, was nun kommen wird. An meinem Schlüsselbund suche ich den Schlüssel für den Nebeneingang, den wir als gute Kunden vom Geschäftsführer erhalten haben. Ich atme laut aus und öffne die Autotür. Aus der Kühlhalle dringt ein vielstimmiges Stöhnen, ein Schaben und Kratzen. Ich nehme das Beil, spähe die Auffahrt runter und in den vor mir liegenden Eingang. Es ist alles frei. Ich laufe zum Nebeneingang und schließe auf. Ehe ich die Tür öffne, lausche ich. Ein Poltern. Ich bereite mich auf einen Kampf vor und stoße die Tür mit erhobenem Beil auf. Der Flur ist leer. Durch das große Glasfenster sehe ich im Büro Frau Hartmann, die Sekretärin, und Herrn Pauli, den Geschäftsführer des Krematoriums. Sie … wittern mich und versuchen auf direktem Weg zur Tür zu gelangen, aber ein großer Schreibtisch ist ihnen im Weg. Ich schnelle zur Tür, schließe sie und suche etwas, um sie zu verbarrikadieren. Ich schiebe den Wasserspender und zwei Stühle davor und bemerke erst, als ich weitergehe, wie unsinnig das ist. Es sind die Angst und der Ekel, da bin ich mir sicher.
Die Tür zum Herzstück der Anlage. Sie ist verschlossen. Ich öffne sie, trete hindurch und schließe sie hinter mir. Auf der einen Seite steht ein in die Wand eingelassenes Aquarium, auf der anderen ist eine grüne Oase mit verschiedenen Pflanzen dekoriert worden. In der Mitte stehen zwei Laufbänder in Hüfthöhe, die jeweils auf eine Luke mit Sichtfenster hinführen. Die Verbrennungsöfen.
Damals, während meines Studiums, hatte ich hier ein Interview mit Herrn Pauli geführt. Die Anlage war gerade errichtet worden und Herr Pauli gewährte mir eine Führung durch das Krematorium. Er konnte seine Begeisterung von den technischen Details kaum verbergen und es stieß mir damals auf, wie er mir die Funktionsweisen und Parameter der Verbrennungsöfen erklärte. Heute wird es mir nützlich sein. Ich öffne eine Luke und ziehe die Bahre heraus. Ich ziehe

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