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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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Jungs durch die Regale gehen. Die Kinder waren alles andere als begeistert, hier eingekleidet zu werden.
    »In der Schule lachen sie uns aus«, motzte der eine.
    »Besser, ausgelacht zu werden, als zu frieren. Hier, probier mal den Pullover an, der ist schön dick.«
    Der Pullover war aus dicker Wolle, aber er war auch in einem verwaschenen Orange. Uwe konnte sich sehr gut vorstellen, dass sein Träger ausgelacht wurde, weil man sonst voller Mitleid heulen musste – und wer wollte das schon?
    »Mein Kumpel is' neu auf der Straße und er braucht dringend 'n guten Schlafsack.«
    »Da muss ich seinen Ausweis sehen.«
    »Er hat noch keinen Aufkleber«, erklärte Stumpe eindringlich. »Deswegen is' es ja so wichtig, dass er 'n Schlafsack kriegt – der überlebt sonst die Nacht nich!«
    »Hat er einen Hartz IV Bescheid?«
    »Nee, der hat gar keine Papiere, seine Alte hat 'n vor die Tür gesetzt. Einfach so. Jetzt muss er erst mal klarkommen.«
    »Das ist gegen die Vorschriften. Da kann ich gar nichts machen. Ich muss die Passnummer in das Ausgangsbuch schreiben. Das wird nachgeprüft.«
    »Dann schreibste meine Nummer auf .«
    Der Helfer seufzte auf. »Das ist auch gegen die Vorschriften.«
    »Du kennst mich doch. Du weißt, dass ich kein Scheiß mach.«
    »Ja, du bist okay.« Er seufzte noch einmal. »Mir ist nicht wohl dabei, aber ich mach's.« Dann ging er ins Hinterzimmer und kam mit einem wetterfesten Schlafsack und einer Isomatte zurück. Dazu legte er noch einen olivgrünen Rucksack und eine Thermoskanne.
    »Die Grundausstattung«, sagte er. »Brauchst du auch ein paar Winterschuhe?«
    »Nein danke«, sagte Uwe, dem das alles ziemlich peinlich war. »Ich habe …«
    »Klar brauchste auch Winterschuhe. Hast doch gesagt, dass deine undicht sind …«
    »Alles klar, welche Größe?«, fragte der Helfer.
    »Zweiundvierzig«, sagte Stumpe schnell.
    Uwe hatte 44, trotzdem nickte er. »Zweiundvierzig, stimmt.«
    Dieses Paar Schuhe hatte sich Stumpe mehr als verdient.

    Uwe saß auf einer Bank und sah Stumpe zu, wie der um Geld schnorrte. Er kniete auf einem dünnen Pappkarton neben den Einkaufswagen.
    »Haste ma 'n Euro?«,fragte er jeden, der seinen Einkaufswagen zurückschob. Die meisten verneinten, obwohl man deutlich sehen konnte, dass sie logen. Ein paar Wenige entschuldigten sich: »Tut mir leid – nur einen Chip.«
    Eine ältere Dame legte ihren Chip in die Geldbörse und holte ein Zweieurostück hervor. »Kaufen Sie sich eine Suppe!«, sagte sie.
    »Gott wird es Ihnen vergelten!«, bedankte sich Stumpe.
    Die alte Dame lächelte freundlich.
    Dann schloss der Supermarkt und der Filialleiter schüttete einen Eimer Putzwasser in Stumpes Richtung. Aber der hatte es kommen sehen und brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit.
    »Der Kerl is'n echter Arsch«, sagte er. »Wenn der mich getroffen hätte, hätt' ich mir mindestens eine Lungenentzündung geholt. So wie Werner letzte Woche. Der hatte sich 'n Fuß angeknackst und konnte nicht so schnell wegspringen.« Stumpe steckte das Geldstück in seine Tasche. »Ich würde gerne woanders schnorren gehen, aber die Kunden hier sind okay. Oft kriege ich 10 oder 15 Euro beisammen.«
    Uwe nickte verstehend. »Aber jetzt ist hier der Boden nass. Schlafen müssen wir woanders.«
    »Zum Schlafen is' es hier eh zu kalt, wir müssen hintern Dom. Komm, ich zeig dir, wo’s langgeht.«
    Sie schritten zügig durch die Nacht, sahen hier und da Leidensgenossen; eine alte Frau, die sich auf einer Bank langstreckte und mit Zeitungen zudeckte, ein Pärchen, das sich in einem Hauseingang zusammenkuschelte.
    Sie kamen an einer Tankstelle vorbei. Stumpe ging hinein und nahm sich eine Packung Brot aus dem Regal. An der Kasse verlangte er dann noch eine kleine Flasche Korn. Obwohl diese bereits 1,99 kostete, bezahlte er nur die 2 Euro.
    »Der Fred ist in Ordnung«, sagte er. »Ohne den wär ich schon längst verhungert!«
    Dann gingen sie weiter bis hinter den Dom. In einer Seitenstraße gab es ein paar Gitterroste, die heiße Abluft aus den Kellern heraufbliesen. Dort rollte Stumpe seinen Schlafsack aus und Uwe tat es ihm gleich.
    Dann hörten sie ein Husten. Sie fuhren herum.
    »Werner! Was machst du denn hier?« Stumpe wirkte entsetzt.
    »Ich versuch, zu schlafen!«, krächzte Werner schwach.
    »Warum biste nich' inner Notunterkunft. Du bist zu krank, um Platte zu machen!«
    »Die ham mich rausgeworfen. Weil ich besoffen bin, ham se gesagt. Dabei hab ich nur ganz wenig was getrunken, wegen

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