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Diabolos (German Edition)

Diabolos (German Edition)

Titel: Diabolos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: torsten scheib , Herbert Blaser
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der Schmerzen in der Brust.«
    »Oh Mann, Werner.«
    »Haste ma 'n Schluck?«
    »Ja klar, hier.« Stumpe reichte ihm den Korn. Werner nahm einen kleinen Schluck, hustete und trank erneut. Dann reichte er die Flasche zurück.
    »Nee, lass ma Werner, du hast 's nötiger.«
    »Danke, Mann.« Werner trank erneut, hustete erneut.
    »Der Mann gehört in ein Krankenhaus«, flüsterte Uwe.
    »Yau, aber die nehmen ihn nich'. Er is nich' versichert, hat nich' ma Geld für de Praxisgebühr.«
    »Die müssen ihn aufnehmen. Das ist sonst unterlassene Hilfeleistung. Er hat ein Recht darauf, ärztlich versorgt zu werden.«
    »Nee, wenn du so weit unten bist, haste keine Rechte mehr. Du darfst dankbar nehmen, was sie dir gnädiger Weise geben tun.«
    Uwe schüttelte den Kopf. Er weinte. Ob er nun wegen Werner weinte oder weil er nun dessen Schicksal teilte, wusste er selbst nicht so genau.
    »Komm, iss ma 'ne Scheibe Brot.«
    Das Brot war trocken, nicht weil es alt war, sondern weil es sich um diese industrielle Massenware handelte, die er noch nie gemocht hatte. Trotzdem aß er es. Es war nichts anderes da.
    »Werner, hier iss Brot.«
    Werner nahm eine Scheibe entgegen und biss hinein. Sofort musste er husten. Er trank hastig aus der Kornflasche. Danach beruhigte er sich etwas. Er hielt das Brot weiterhin fest, als sei es ein kostbarer Schatz oder als hätte er zumindest vor, später davon zu essen. Dann waren da plötzlich zwei dunkle Gestalten. Uwe kauerte sich eng an die Wand. Er hatte schon von Jugendlichen gehört, die aus Spaß Penner verprügelten oder gar anzündeten. Er hätte gerne »Wer da?« gerufen, traute sich aber nicht.
    »N'abend«, grüßten da die beiden und dann sah Uwe im Mondlicht, dass es sich nur um zwei weitere Penner handelte. Penner , das klang so entwürdigend. Er sollte sich an den Begriff Berber gewöhnen oder zumindest das Wort Landstreicher benutzen. Aber in seinem Denken waren die Obdachlosen immer nur Penner gewesen und das hatte sich festgefressen; vielleicht sollte er sich mit Stumpe mal darüber unterhalten, wenn sie wieder alleine waren.
    »N'abend«, begrüßte Stumpe die Neuankömmlinge. Er flüsterte Uwe zu: »Das sind Horst-Herrmann und Günni. Auf den ersten Blick denkt man, sie sind schwul. Sind aber Vater und Sohn.«
    Im Laufe des Abends kamen auch noch Freddy, Dose und Bert dazu. Stumpe erzählte ihm jedes Mal, wer da kam, und welches Schicksal zu seinem Abstieg in die Gosse geführt hatte. Spielsucht, Trinksucht, Insolvenzen. Sie alle hatten etwas gemeinsam: Sie waren zu weich für diese Welt, hatten zu wenig Ellenbogen, um sich durchzuboxen.
    So wie ich , dachte Uwe. Ich hätte um Tina kämpfen sollen. Stattdessen habe ich gedacht, ich kann sie ja nicht zu ihrem Glück zwingen und bin einfach gegangen. Kampflos bin ich gegangen. Weil ich fürchtete, den Kampf zu verlieren, habe ich gleich alles verloren.
    Er weinte wieder. Uwe spürte, wie Stumpe seine Hand auf seine Schulter legte, um ihm Trost zu spenden. Er sagte aber nichts, sondern unterhielt sich mit den anderen; über das Betteln, die Notunterkünfte und das Platte machen. Uwe hörte heraus, dass die Sozialarbeiter in den Notunterkünften niemanden hereinließen, der betrunken war oder unter Drogen stand. Stumpe war weder das eine, noch das andere. Er hätte in einem warmen Bett schlafen können, diese Nacht. Uwe vermutete, dass er es seinetwegen nicht tat.
    Auch Stumpe war zu weich für diese Welt.
    Uwe lächelte. Dann erstarrte er. Da war ein Knurren in der Dunkelheit. Es klang sehr gefährlich und so gar nicht nach einem wütenden Jugendlichen. Das klang nach einem Tier – einem gefährlichen Tier.
    »Es ist noch nicht einmal Vollmond«, jammerte Dose.
    »Hm, der Mond ist stark heute Nacht.« Stumpe raffte seine Sachen zusammen. Zwischendurch klopfte er Uwe auf die Schulter. »Los, wir müssen weg!«
    »Wohin denn?« Uwe war verunsichert. Wenn er Zuhause gewesen wäre, hätte er die Tür fest verschlossen. Aber hier gab es keine Tür, die man verschließen konnte.
    »Da in den Hauseingang. Wir werden uns hinter Müllcontainern verschanzen.«
    Die Penner rafften ihr Zeug zusammen und stürmten zu dem Hauseingang. Dort war zwar kein Lüftungsgitter, aber er bot von drei Seiten Schutz. Im Laufen schnappten sie sich zwei Müllcontainer, lösten die Bremsen und zogen sie mit sich. In aller Hast schufen sie sich ein kleines Fort, in dem sie sich verschanzten.
    »Wo ist Werner?«, fragte Uwe.
    Werner lag noch immer über dem

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