Diabolus
mit seiner Entscheidung abgefunden. Als sie an diesem Abend einschliefen, versuchte Susan, sich für David zu freuen, aber eine innere Stimme hatte ihr gesagt, dass sie sich auf dem besten Weg in eine Katastrophe befanden. Sie hatte Recht behalten - aber niemals hätte sie geglaubt, wie sehr.
»Sie haben ihn mit zehntausend Dollar geködert?«, schimpfte sie.
»Das ist ein gemeiner Trick!« Strathmore wurde allmählich sauer.
»Ein Trick? Ach was, über Geld ist überhaupt nicht gesprochen worden! Ich habe David lediglich gefragt, ob er mir einen Gefallen tun würde, und er hat sich aus völlig freien Stücken dazu bereit erklärt.«
»Natürlich hat er sich dazu bereit erklärt - schließlich sind Sie mein Chef und der Vizedirektor der NSA! Wie hätte er sich da
weigern können?«
»Recht haben Sie!«, schoss Strathmore zurück.
»Und genau aus diesem Grund habe ich ihn auch angerufen. Ich konnte mir nämlich nicht den Luxus leisten, zu riskieren. . .«
»Weiß der Direktor, dass Sie einen behördenfremden Zivilisten losgeschickt haben?«
»Susan«, sagte Strathmore, dem offensichtlich langsam die Geduld ausging, »der Direktor hat mit dieser Sache überhaupt nichts zu tun, und darum weiß er auch nichts davon.« Susan starrte Strathmore fassungslos an. Sie hatte das Gefühl, mit einem Unbekannten zu reden. Der Commander hatte ihren Verlobten - einen Universitätsdozenten - mit einer Geheimdienstmission der NSA betraut und es noch nicht einmal für nötig befunden, seinen Vorgesetzten von der größten Krise in der Geschichte dieser Behörde zu benachrichtigen!
»Sie haben Leland Fontaine nicht unterrichtet?« Strathmore war am Ende seines Geduldsfadens angekommen.
»Susan!«, explodierte er, »nun hören Sie mir mal gut zu! Ich habe Sie herbestellt, weil ich einen Bundesgenossen brauche und keinen Staatsanwalt! Ich habe einen mörderischen Vormittag hinter mir. Nachdem ich Tankados Datei letzte Nacht heruntergeladen hatte, habe ich stundenlang hier neben dem Drucker auf der Lauer gelegen und gebetet, dass der TRANSLTR sie endlich knackt. Am frühen Morgen habe ich schließlich meinen Stolz heruntergeschluckt und die Nummer unseres Direktors gewählt. Und da, das dürfen Sie mir glauben, hatte ich wieder einmal ein Gespräch von der Sorte vor mir, die ich ganz besonders liebe: >Guten Morgen, Sir, entschuldigen Sie, dass ich Sie geweckt habe. Weshalb ich anrufe? Ach, wissen Sie, ich habe gerade gemerkt, dass wir den TRANSLTR auf den Müll schmeißen können. Da hat nämlich jemand ein Programm entwickelt, von dem meine Spitzenverdiener im Crypto-Team noch nicht einmal träumen können!«« Seine Faust krachte auf die Schreibtischplatte. Susan stand wie angewurzelt da und gab keinen Ton mehr von sich. In zehn Jahren hatte sie so gut wie nie erlebt, dass Strathmore die Beherrschung verlor — und schon gar nicht wegen ihr. Zehn Sekunden vergingen. Keiner sagte ein Wort. Strathmore, der aufgesprungen war, setzte sich wieder hin. Susan hörte, wie sich sein Atem allmählich beruhigte. Als er schließlich wieder das Wort ergriff, sprach er mit gespenstisch ruhiger, kontrollierter Stimme.
»Es stellte sich jedoch heraus, dass unser Direktor wegen einer Konferenz mit dem Präsidenten von Kolumbien in Südamerika weilt. Da er von dort aus absolut nichts unternehmen kann, hatte ich zwei Optionen - ihn zu bitten, seinen Besuch abzubrechen und herzukommen, oder allein mit der Situation fertig zu werden.« Wieder herrschte ein langes Schweigen, bis Strathmore endlich aufblickte und seinen müden Blick auf Susan richtete. Sein Gesichtsausdruck wurde weich.
»Susan, es tut mir Leid. Ich bin total erledigt. Das ist ein Albtraum, wie er im Buche steht. Ich kann verstehen, dass Sie wegen David aufgebracht sind. Es ist mir unangenehm, dass Sie auf diese Weise von seiner Reise erfahren haben. Ich dachte, Sie wüssten Bescheid.« Susan bekam Gewissensbisse.
»Ich habe überreagiert. Es tut mir Leid. David war eine gute Wahl.« Strathmore nickte abwesend.
»Heute Abend ist er wieder zurück.« Susan führte sich vor Augen, was der Commander alles am Hals hatte: die Verantwortung für den TRANSLTR, den endlosen Dienst und die vielen Konferenzen. Es wurde gemunkelt, dass die Frau, mit der er dreißig Jahre verheiratet war, ihn verlassen wollte. Und zu alldem kam jetzt auch noch Diabolus - für die NSA die größte Bedrohung der nachrichtendienstlichen Arbeit in ihrer ganzen Geschichte. Und der arme Mann
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