Diabolus
musste mich zu Fuß hierher schleppen!«
»Hat er Ihnen denn nicht angeboten, Sie in eine bessere Klinik zu bringen?«
»Auf diesem Mordinstrument von einem Motorrad? Ich bitte Sie!«
»Was genau ist denn nun heute Vormittag passiert?«
»Aber das habe ich diesem Polizisten doch schon alles erzählt.«
»Ich hatte bereits Gelegenheit, mit ihm zu sprechen, und. . .«
»Ich hoffe, Sie haben ihm ordentlich die Meinung gesagt!«, warf Cloucharde ein. Becker nickte.
»Selbstredend. In schärfster Form. Meine Dienststelle wird noch ein Übriges tun.«
»Das steht zu hoffen!«
»Mr Cloucharde«, sagte Becker lächelnd und zog einen Kugelschreiber aus dem Jackett.
»Ich halte es für geboten, bei der Stadtverwaltung formellen Protest einzulegen. Würden Sie mich dabei unterstützen? Die Zeugenaussage eines so prominenten Mannes wie Sie wäre mir eine wertvolle Stütze.« Die Aussicht, zitiert zu werden, schien Cloucharde zu schmeicheln. Er setzte sich auf.
»Aber ja, natürlich. Mit Vergnügen.« Becker holte einen kleinen Notizblock aus der Tasche und sah Cloucharde auffordernd an.
»Gut. Lassen Sie uns mit dem heutigen Vormittag beginnen. Erzählen Sie, wie es zu Ihrem Unfall gekommen ist.« Der alte Herr seufzte.
»Es war wirklich schlimm. Dieser arme Asiat ist einfach so zusammengebrochen. Ich habe noch versucht, ihm zu helfen, aber es hat nichts mehr genützt.«
»Sie haben bei ihm eine Herzmassage versucht?« Cloucharde schaute Becker erstaunt an.
»Ich fürchte, ich weiß gar nicht, wie man das macht. Nein, ich habe einen Krankenwagen gerufen.« Becker hatte die bläulichen Verfärbungen auf Tankados Brust vor Augen.
»Dann haben wohl die Sanitäter eine Herzmassage vorgenommen.«
»Himmel, nein!« Cloucharde lachte abwehrend auf.
»Es hat doch keinen Sinn, einen toten Gaul mit der Peitsche zu traktieren. Als der Krankenwagen kam, war der Mann schon mausetot. Die Sanitäter haben seinen Puls überprüft und ihn sofort weggeschafft, worauf ich mich allein mit diesem gräßlichen Polizisten herumärgern musste.« Das ist merkwürdig, überlegte Becker. Wie kann es dann zu diesen Hämatomen gekommen sein? Er schob das Problem beiseite und widmete sich wieder der Gegenwart.
»Da war doch noch ein Ring«, sagte er so beiläufig wie möglich. Cloucharde sah ihn überrascht an.
»Der Polizist hat den Ring erwähnt?«
»Ja, gewiss doch.«
»Tatsächlich?«, wunderte sich Cloucharde.
»Ich hatte den Eindruck, dass er mir die Geschichte nicht abnehmen wollte. Er war sehr beleidigend zu mir - als ob ich lügen würde. Aber meine Schilderung war absolut detailgenau. Ich darf sagen, dass ich mir auf meine Präzision etwas zugute halten kann.«
»Wo ist denn der Ring?«, wollte Becker wissen. Cloucharde schien die Frage nicht zu hören. Er starrte mit leerem Blick ins Ungewisse.
»Ein merkwürdiges Stück, dieser Ring - und all diese Buchstaben! Es war eine Sprache, die ich noch nie gesehen habe.«
»Vielleicht Japanisch?«, meinte Becker.
»Mit Bestimmtheit nicht.«
»Dann haben Sie die Inschrift wohl sehr gut erkennen können.«
»Aber ja! Als ich mich hingekniet habe, um dem Mann zu helfen, hat er mir unentwegt mit seinen drei Fingern vor dem Gesicht herumgefuchtelt. Er wollte mir den Ring aufdrängen. Es war bizarr, Furcht erregend geradezu - seine Hände haben ziemlich scheußlich ausgesehen.«
»Und dann haben Sie den Ring an sich genommen.« Der Kanadier sah Becker erstaunt an.
»Das hat Ihnen der Polizist erzählt? Dass ich den Ring genommen habe?« Becker rutschte unbehaglich hin und her. Cloucharde wurde zornig.
»Ich hab's doch gewusst, dass der Kerl mir nicht zuhört! So kommt man ins Gerede! Ich habe zu ihm gesagt, der Japaner hätte den Ring weggegeben - aber doch nicht an mich! Ich würde doch niemals von einem Sterbenden etwas annehmen! Mein Gott, allein schon der Gedanke!«
»Sie haben den Ring also nicht?«, fragte Becker.
»Um Gottes willen, nein!« Ein dumpfes Gefühl machte sich in Beckers Magengrube breit.
»Aber wer hat ihn dann?« Cloucharde schaute Becker ungnädig an.
»Na, der Deutsche! Der Deutsche hat ihn!« Becker glaubte, der Boden würde unter seinen Füßen nachgeben.
»Der Deutsche? Welcher Deutsche?«
»Der Deutsche im Park! Ich habe es dem Polizisten doch genau erklärt! Ich habe den Ring nicht gewollt, aber dieses Schwein hat sofort zugegriffen.« Becker legte Stift und Schreibblock beiseite. Die Schmierenkomödie war
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