Diagnose negativ
GWA-Hospital, das bekanntlich innerhalb des hermetisch abgeschlossenen Bunkersystems des Hauptquartiers lag.
Wenn Hannibal nicht einige leitende Männer bestochen hatte, was völlig ausgeschlossen war, mußte man ihm wohl die Genehmigung erteilt haben, den Schwarzweißen in das Krankenzimmer mitzunehmen. Weshalb aber? Ich konnte mich nicht an einen ähnlichen Fall erinnern.
Außerdem war der Kleine verwundet. Daran gab es keinen Zweifel. Fragen über Fragen türmten sich auf. Schließlich kam ich zu dem Schluß, daß er einige sehr interessante Dinge wissen mußte, denn er war auf dem Mond gewesen, wo er mich mit dem Einsatzkommando unter Major Putchinger hatte erwarten sollen.
Die kaum vergangenen Ereignisse stiegen aus den Tiefen meines Gedächtnisses an die Oberfläche des Bewußtseins. Der Schlaf hatte mich erfrischt. Ich sah die Angelegenheit nun wesentlich nüchterner.
Ich legte mich wortlos ins Bett zurück. Kolibri wedelte enttäuscht mit den Ohren.
»Erzähle!« sagte ich dann knapp. »Ich nehme an, daß dies ohnehin deine Aufgabe ist. Umsonst hat man dich nicht in mein Zimmer gelegt.«
»Umgekehrt, du bist in mein Zimmer gekommen«, berichtigte er.
»Erzähle! Was war los? Wo hat es dich erwischt? Wie lange bist du schon im HQ?«
Captain Ulan – er war im vergangenen Herbst ebenfalls befördert worden – stieß einen tiefen Seufzer aus. In seinen Augen glomm ein seltsames Licht auf. Es lag etwas in der Luft.
»Machen wir es kurz. Ich habe den Auftrag erhalten, dich sofort nach deinem Erwachen zu informieren.«
»Sehr freundlich«, bedankte ich mich. »Ein Wunder, daß man mir überhaupt noch etwas sagt.«
»Sei froh, daß sie dich noch vierundzwanzig Stunden lang ins Traumland schickten. Wir haben eine heiße Sache vor uns, wahrscheinlich etwas zu heiß, um sie ohne spezielle Maßnahmen anfassen zu können. Die Geschichte mit deiner U-Bootfahrt hat dem berühmten Faß den Boden ausgeschlagen. Wenn der da nicht wäre« – er nickte zu dem aufmerksam lauschenden Hund hinüber –, »wenn er nicht eingegriffen hätte, wäre ich jetzt nicht hier. Ein monströses Gebilde, das wie ein Atomflammenwerfer auf Raupenketten aussah, hatte es auf mich abgesehen. Mich hatte es schon erwischt, noch ehe du die Transportrakete bestiegen hast. Ich bin vor vier Tagen Normalzeit in Zonta verwundet worden. Das ist alles. Ich lag achtundvierzig Stunden in der Mondklinik von Luna-Port, wohin wir uns fluchtartig zurückgezogen hatten. Dann wurde ich mit einem Kurierboot hierhergebracht. Erst kam das übliche Fragen vor den Experten und dem positronischen Gehirn. Danach wurde ich auf Eis gelegt, beziehungsweise in einen Plasmaverband. Heute wird er abgenommen. Ich bin wieder in Ordnung.«
Er lachte mich freudlos an. Ich vergaß meinen Zorn auf Hannibal. Er hatte allerlei durchgemacht. Dennoch blieb in mir nur eine bestimmte Erklärung haften.
»Zonta geräumt?« wiederholte ich. »Sagtest du geräumt? Die ganze Marsstadt?«
»Die ganze und noch mehr. Was dort vor einigen Wochen noch tot und demnach friedlich war, hat sich praktisch im Zeitraum von einer Stunde ins Gegenteil verwandelt. Ich weiß nicht mehr, was ich davon halten soll! Wir waren dabei, mit einem Sonderkommando das Metallschott eines neuentdeckten Stollens zu öffnen. Wir hatten eine robotgesteuerte Fräser-Batterie aufgefahren, da wir um das Schott herum durch den Fels gehen wollten. Mit dem MA-Metall der Marsianer werden unsere Leute heute noch nicht fertig. Atomare Schmelzprozesse können wir nicht überall einleiten. Die Luftversorgung in den entlegenen Gebieten der Höhlenstadt wird immer schwieriger. Als wir die Robotfräse ansetzten,
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