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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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»Wenn ein Junkie in die Klinik kommt, sehe ich manchmal seine Sucht, sie windet sich wie eine schwarze Schlange um seinen Körper. Nicht bei allen, und es ist auch nicht immer eine Schlange. Hin und wieder sehe ich auch andere Krankheiten. Bei solchen Patienten tue ich, was ich kann, und schicke sie anschließend zum curandero . Ihre Probleme sind nicht ganz von dieser Welt – deshalb braucht es mehr als Medikamente, um sie zu lösen.«
    Zweifelnd blickte ich an mir herunter. »Also hast du die ganze Zeit, während Olympio mir immer wieder gesagt hat, ich müsse geheilt werden, auch etwas gesehen?«
    »Nicht ganz so deutlich. Vermutlich ist die Gabe bei ihm stärker ausgeprägt als bei mir, außerdem hat er mehr Übung. Es tut mir leid, aber ich wusste ja nicht, dass es bei dir so schnell so schlimm werden würde.«
    »Schon klar. Immerhin hast du für den Notfall noch die gesamte westliche Medizin auf deiner Seite. Und das Penicillin, von dem ich immer noch behaupte, dass ich es gebraucht hätte. Oder Ciloxan, Bactrim, irgendwelche Hämmer eben.« Unsicher sah ich wieder zu ihm hoch. Er stand immer noch viel zu dicht bei mir. Und er war mir so nah, weil er es wollte. »Und was siehst du, wenn du mich anschaust?«
    Es dauerte einen Moment, dann tippte er mit dem Finger gegen mein Brustbein. »Hier war eine Art schwarze Blüte. Sie hat sich immer weiter ausgebreitet, wie eine Seeanemone.« Er wackelte mit den Fingern, als wären sie Tentakel. »Sie hat das Leben aus dir herausgesaugt. Du hast mit Müh und Not durchgehalten, hattest aber nicht mehr genug Kraft, um gegen sie anzukämpfen.«
    »Ist sie noch da?«, fragte ich kläglich.
    Hector nickte und deutete mit den Fingern eine Größe von wenigen Zentimetern an. »Er hat sie verkleinert, aber sie ist nicht ganz verschwunden. Und sie wird wieder wachsen, bis du die Ursache dafür beseitigt hast.«
    Mein Leben?, fragte ich mich, dann lachte ich laut auf. Hector hatte zum Sprechen angesetzt, als wolle er mir ein Geständnis machen, doch nun wirkte er verletzt. »Glaubst du mir nicht?«
    »Nein, nein, ich will mich nicht über dich lustig machen. Ich weiß sehr gut, was für seltsame Dinge es auf dieser Welt gibt.«
    »Wie zum Beispiel Vampire?«
    Ich nickte.
    »Warum willst du unbedingt einen Vampir finden?«, fragte er weiter.
    »Um meiner Mom zu helfen. Ihr Blut kann so ziemlich alles heilen.«
    Die unterschiedlichsten Gefühle spiegelten sich in Hectors Miene, von Abgeklärtheit bis Ekel. Ich war mir nicht sicher, welches davon sich letztendlich durchsetzen würde. Auch wenn er selbst gewisse Dinge sah, hielt er mich vielleicht für verrückt; eventuell wusste er es aber auch besser, knickte endlich ein und redete Klartext mit mir.
    »Diese unnötigen Blutproben, die gibst du doch an jemanden weiter, oder?«, fragte ich drängend, in der Hoffnung, seine Entscheidung zu beschleunigen.
    Er nickte bedächtig. »Ja, stimmt.«
    » Médico! Doktor! Sie haben ihr Jackett vergessen!« Olympio stürmte aus dem Haus und rief uns zu, wir sollten warten, obwohl wir uns nicht vom Fleck rührten. In dem Moment, als wir uns zu ihm umdrehten, blieb er ruckartig stehen, riss entsetzt die Augen auf und zeigte auf etwas, das sich hinter uns befand. »Die Eselsfrau!«
    Er ließ Hectors Jackett fallen und rannte ins Haus zurück.
    Als ich über die Schulter blickte, entdeckte ich Jorgen, der sich auf die Hinterpfoten erhoben hatte.

Kapitel 22
     
    In meinen Augen sah er weder aus wie ein Esel, noch wie eine Frau – aber ich wusste ja auch, was er einst gewesen war.
    So aufgerichtet war er über zwei Meter groß, und sein eckiger Wolfsschädel ragte drohend über mir auf. Ich hätte wissen müssen, dass er mich wiederfinden würde. Dafür gab es schließlich Spürhunde. Er sank auf alle viere und wollte Olympio hinterherhetzen, aber ich sprang ihm in den Weg.
    »Jorgen!«
    Der Spürhund zögerte. »Bist du wegen des Jungen gekommen? Oder meinetwegen?«
    Jorgen ließ den Kopf sinken, und plötzlich wünschte ich inbrünstig, es gäbe wieder eine Tür zwischen uns. Langsam machte er einen Schritt auf mich zu und schob dabei die Nase vor, als wollte er mich zurückdrängen. Ich rührte mich nicht vom Fleck.
    Hector flüsterte: »Was … was ist das?«
    »Du kannst es sehen?« Mir war nicht ganz klar, ob Jorgens Tarnkünste davon abhingen, ob Dren bei ihm war, oder ob er sich immer den Blicken anderer entziehen konnte. Der bohrende Blick des Spürhundes wanderte zu Hector, dann fixierte

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