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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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hatte ihn bei Tageslicht gesehen, aber wer weiß?
    »Nein. Und ich wünschte, du würdest nicht immer wieder von diesen eingebildeten Vampiren anfangen.«
    »Du würdest dir auch was einbilden, wenn du ich wärst!« Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich ihn angebrüllt hatte. Die Nachbarn, verdammt, die Nachbarn! Zischend fügte ich hinzu: »Wenn du ich wärst, wäre dir auch jede Ausrede recht, um dir was vorzumachen.«
    Er nahm meine Hand und schob mich sanft von sich weg. Oder vielleicht stützte er mich auch, damit ich nicht umfiel. »Hast du nicht gerade noch gesagt, es ginge dir gut?«
    »Verdammt.« Als ich einen Schritt zurücktrat, drehte sich plötzlich alles um mich, und ich verlor das Gleichgewicht. Ich prallte mit der Schulter gegen die Wand. Als die Erschütterung meinen Hals erreichte, hätte ich am liebsten geweint vor Schmerz. »Halt das mal.« Ich drückte ihm das Kreuz in die Hand, denn das war ganz sicher aus echtem Silber. Wenn er es berühren konnte, war ich in Sicherheit.
    Hector nahm es und betrat gleichzeitig die Wohnung. »Edie … du siehst richtig übel aus.« Er berührte meine Stirn. Seine Finger waren schön kühl. Vielleicht hatte er die Kälte des Kreuzes in sich aufgenommen und gab sie nun an mich weiter. Ich packte seine Hand und presste sie gegen meine Stirn.
    »Du glühst ja. Setz dich besser hin.« Bestimmt umfasste er meine Schultern und schob mich zur Couch.
    »Ich bin vollkommen ganz und gar okay«, erklärte ich ihm, ließ aber zu, dass er mich auf das Polster drückte. »Darf ich noch mal deine Hand haben?«, fragte ich verklärt. Mit einem seltsamen Blick streckte er sie mir entgegen, und ich drückte sie wieder an mein Gesicht. »Das ist eine gute Hand. Ich mag diese Hand.«
    »Okay … Du musst dich beruhigen, Edie. Warte hier, ja?« Er befreite sich aus meinem Griff, schloss die Wohnungstür und ging den Flur hinunter. Ich blieb sitzen, und eine oder vielleicht auch zwölf Stunden später kam er zurück und reichte mir einen nassen Waschlappen.
    »Was hast du mit meiner Katze angestellt?«
    »Du bist krank, Edie.«
    »Nein, bin ich nicht.« Am liebsten hätte ich den Kopf geschüttelt, um ihm klarzumachen, wie absolut gesund ich war, aber mein Hals tat so weh.
    »Doch, bist du.« Er suchte in seinem Handy nach der Tasche. Oder vielleicht auch andersrum. »Dir muss jemand helfen.«
    »Das stimmt.« Ich war müde. Jetzt, wo ich wieder saß, wurde ich schläfrig.
    Er lächelte mich an, und in seinen Augen glühte ein warmes Licht. »Keine Angst: Alles wird gut.«
    »Ich bin nicht krank.« Wie ein bockiges Kind, das nicht schlafen will, sah ich zu ihm hoch. »Ich hasse dich.«
    »Du bist krank. Und ich weiß, dass du mich nicht hasst.«
    Ich murmelte noch »Sag bloß Olympio nichts davon«, dann verlor ich, glaube ich, das Bewusstsein.
    Nein, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass es so war.

Kapitel 21
     
    Beim Aufwachen roch ich Rauch, und zwar keinen Zigarettenrauch, sondern eine Mischung aus Kräuterdämpfen und Pfeifentabak. Über mir brannte eine trübe Glühbirne. An der schäbigen Decke zeichneten sich gelbliche Qualm-und Moderflecken ab, und an den Wänden hingen bunte Banner mit spanischen Sprüchen darauf. Auf einigen erkannte ich die Namen verschiedener Heiliger, aber es gab auch Poster eines Fußballturniers von 1973. Weiter hinten im Zimmer stand ein billiger Tisch, der mehrere Statuen beherbergte: Skelette in Roben mit Sensen und kleinen Waagen in den Händen. Es erinnerte an das Cover eines protzigen Heavy-Metal-Albums. Als ich den Kopf bewegte, raschelte etwas, dann setzte ich mich auf und mir wurde klar, dass ich auf Alufolie gebettet war.
    »Was zum … wo …« Automatisch klopfte ich meine Taschen ab, auf der Suche nach meinem Handy. Meine Mom! Ich musste meine Mom anrufen! Aber im Moment konnte ich mich nicht einmal daran erinnern, wann ich meine Hose angezogen haben sollte.
    »El durmiente se despierta«, bemerkte jemand trocken. Ein mir unbekannter Mann beobachtete mich. Pfeiferauchend saß er mitten zwischen den Statuen, und da die Beleuchtung hier drin nicht besonders hell war, hatte ich zuerst gedacht, er sei selbst eine Skulptur. Eines seiner Beine war unterhalb des Knies amputiert worden. Neben seinem Stuhl lehnten Krücken.
    »Wo bin ich?« Ruckartig wich ich vor dem Mann zurück und zerknitterte dabei die Alufolie.
    »Edie …« Diese Stimme kam mir bekannt vor. Als ich mich umdrehte, entdeckte ich Hector. Er stand in der Tür.
    »Was ist

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