Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
Vom Netzwerk:
die Hoffnung nicht aufgeben.«
    Catrina nickte schwach, dann lief sie die Treppe hinauf. Voller Mitleid sah Luz ihr hinterher, bevor sie sich mir zuwandte. »Es schadet wohl nichts, wenn wir uns unterhalten. Wahrscheinlich bin ich dir das schuldig. Oder bist vielleicht du mir etwas schuldig?« Sie zog fragend die Augenbrauen hoch, und ihr Blick, der so weich und warm gewesen war, als er auf Catrina geruht hatte, wurde zu dem eines lauernden Raubtiers.
    »Ich wollte nicht, dass das passiert.« Sie hatte Anna angefleht, ihrem Freund das Leben zu retten, und das war der Preis, den die Vampirin dafür gefordert hatte: die Verwandlung in dieses Wesen, die Auferlegung dieser Existenz. »Ich hatte wirklich keine Ahnung.«
    »Was geschehen ist, ist geschehen«, erwiderte Luz, und ihre Lippen verzogen sich zu einem ironischen Lächeln, das ihre Reißzähne freigab. Dann holte sie einen Schlüsselbund aus der Tasche.

Kapitel 23
     
    Nachdem sie genug Schlösser geöffnet hatte, um selbst den Panzerknackern Konkurrenz zu machen, schob Luz das quietschende Tor auf. »Der Rost, meine letzte Verteidigungslinie«, scherzte sie, als sie das Gitter hinter uns zuzog – und, wie ich widerwillig bemerkte, die Schlösser wieder sicherte. Als das erledigt war, steckte sie den Schlüsselbund ein.
    Sie betätigte einen Lichtschalter und signalisierte mir, ihr Domizil zu betreten.
    Es war ein kleiner, nicht unterteilter Kellerraum, dessen Boden und Wände unverputzt waren. Darin standen ein Sofa, ein Couchtisch und ein ungemachtes Bett. An der Deckenlampe über der Schlafstätte war ein Herz aus pinkfarbenem Papier befestigt, das einen zartrosa Schatten über die Laken warf. Abgesehen von der umfangreichen Sammlung geöffneter Probenröhrchen, die auf dem Boden herumlag, hatte Luz weniger Besitztümer als ich.
    »Das ist ein Dreckloch, Luz.«
    »Nenn mich Reina, das machen jetzt alle«, erwiderte sie ungerührt und schob mit dem Fuß ein paar Plastikröhrchen beiseite. Gott sei Dank bestanden die Dinger nicht aus Glas, sonst wäre das hier schnell zur Kulisse eines Folterhorrorpornos ausgeartet.
    »Okay, Reina. Was …« Als ich sah, wie sie mitten auf dem Boden zusammenbrach, eilte ich an ihre Seite und kniete mich hin. Ihre Augen waren ausdruckslos und kalt, wie die eines Hais. Vorsichtig rutschte ich ein Stück zurück, was sie mit einem Nicken registrierte. »Was zum Teufel ist mit dir geschehen?«
    Indem sie sich auf mich konzentrierte, gelang es ihr, sich auf einen Ellbogen zu stützen. Mit der freien Hand wühlte sie in dem Haufen, bis sie ein Teströhrchen fand, das noch nicht angebrochen war. »Da es alles deine Schuld ist, kann ich dir genauso gut die Wahrheit sagen.«
    Ich räumte mir ein Stück Boden frei, dankte Gott wortlos dafür, dass Hector mir beim Aufbruch aus meiner Wohnung Jeans und keine Shorts angezogen hatte, und setzte mich vorsichtig hin.
    »Nachdem ich gebissen worden war, schlief ich drei Tage lang durch. Als ich aufwachte, war ich allein und hungrig, also zog ich los.« Sie schob die Kappe von der Blutprobe, drückte einen Finger darauf und befeuchtete ihn mit einer eleganten Handbewegung. »Anfangs wollte ich meine Kraft dazu einsetzen, die Gang zu vernichten, die Javier zum Krüppel gemacht hatte. Nach meiner Wiedergeburt bin ich sofort zu ihm gegangen. Aber er hat nicht verstanden, was passiert war. Niemand hatte es ihm erklärt. Er wusste nur, dass es ihm wieder gut ging und dass ich verschwunden gewesen war. Keiner hatte ihm gesagt, dass ich geschlafen hatte – gestorben war. Um dann wieder zum Leben zu erwachen.« Sie legte den Kopf in den Nacken und schluckte den Inhalt des Röhrchens wie den letzten Rest aus einer Bierflasche, dann warf sie die leere Probe fort. »Ich fand ihn auf einer Party.«
    Ich stellte es mir vor: Wie sie ausgehungert einen Raum voller Menschen betrat und der Klang des pulsierenden Blutes in ihren Ohren rauschte.
    »Er behauptete, ich hätte ihn betrogen, und wollte mich schlagen. Da habe ich ihm Einhalt geboten. Für immer.«
    Ob Javier wohl noch bewusst geworden war, dass er einen Fehler gemacht hatte, bevor Luz ihm den Kopf abriss? »Danach war die Party vorbei. Ich habe mich von ihm genährt. Rückblickend gesehen war es grauenhaft. Aber in diesem Moment?« Sie griff nach einem weiteren Probenröhrchen und musterte es, als könnte es diesen Vergleich nicht bestehen, bevor sie es fortschleuderte. »Damals war ich hungrig. Und dann kam sie, um ihren Anspruch geltend zu machen.

Weitere Kostenlose Bücher