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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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Sehnen.
    »¿Hola?«, fragte eine schwache, raue Stimme.
    Zunächst begriff ich nicht, woher sie kam. Die ungleichmäßigen Umrisse der Knochen an der Wand irritierten den Blick, fast wie eine optische Illusion. Doch dann sah ich es: Auf der anderen Seite des Raums stand ein Käfig – gebaut aus Knochen.
    »¿Que está ahí?«
    Fast atemlos wirkte diese Stimme. Während ich näher heranging, rief ich mir ins Gedächtnis, dass es mit Käfigen immer so eine Sache war: Einen braven Hund einzusperren war grausam, aber sperrte man einen bösen Hund ein, bot das den braven Hunden Schutz.
    Die Knochen wurden durch ein gewundenes Betonstahlgitter zusammengehalten, sodass der Gesamteindruck auf eine widerwärtige Art schön war – fast erinnerte es an die Kunstwerke von H. R. Giger. Ungefähr eineinhalb Meter vor dem Käfig blieb ich stehen und spähte vorsichtig hinein.
    »Por favor, ayúdame.« Es war eine Frau, die nur ein dünnes Nachthemd am Körper trug. Zuerst hielt ich sie für ein Kind, bis mir klar wurde, dass sie extrem abgemagert war. Ihre Haare verbargen ihr Gesicht, aber die Arme waren dünn wie morsche Zweige, und … »Por favor, por favor.«
    »Bitte?« Por favor, das kannte ich. Hastig sprach sie weiter, aber ich hob abwehrend die Hände. »Ich kann nicht verstehen, was du sagst. Geht es dir gut? Se habla ingles? Dolor? «
    »Mucho dolor.« Große Schmerzen. Sie griff nach den Käfigstangen, und nun erkannte ich, dass meine Augen mir keinen Streich gespielt hatten: Man hatte ihr die Umrisse der unter der Haut liegenden Knochen auf die Arme tätowiert. Und auf dem Ringfinger der rechten Hand sah ich ein Tattoo, das mir bekannt vorkam. Gott, wie dünn diese Hände waren!
    »Wie kann ich dich hier rausholen?« Noch nie hatte ich mir so sehr gewünscht, eine Fremdsprache zu beherrschen.
    Als sie sich ganz zu mir umdrehte, glitten die Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. Der Umriss eines Schädels war in ihre Haut gestochen worden, tätowierte Zähne zogen sich über die Wangen und erweckten den Eindruck eines grausamen Lächelns, wie bei Santa Muerte auf ihrem Altar dort draußen.
    »Wir müssen dich hier rausholen«, wiederholte ich laut. Keine Ahnung wie, aber … Vorsichtig drückte ich gegen den Käfig. Die Knochen waren nicht sonderlich stabil, aber das Stahlgitter darunter schon. Ich suchte nach irgendwelchen Schwachstellen.
    »Komm schon …« Da, ein loser Knochen! Nach einem festen Ruck brach er zwar ab, aber das Gitter gab nicht einen Millimeter nach. Und die Stäbe standen zu dicht beieinander, um sie dazwischen rauszuziehen. Wo war nur die verdammte Tür? Ich untersuchte verzweifelt die Knochen – irgendwie hatte Montalvo sie da reinbekommen, und genau so würde ich sie auch wieder rauskriegen. Schließlich fand ich etwas: ineinander verschlungene Stahlstäbe, eingeklemmt zwischen einigen Rückenwirbeln.
    Da das kein Schloss darstellte, gab es auch keinen Schlüssel. Wer auch immer Adriana in diesem Käfig eingesperrt hatte, wollte nicht, dass er sich jemals wieder öffnete.
    Mit beiden Händen packte ich den Stahlknoten und betete verzweifelt um ein Wunder, damit ich ihn mit Superkräften rausreißen und Adriana befreien konnte. »Komm schon, komm schon …«
    »Edith?« Die leise Stimme kam nicht aus diesem Zimmer. Ruckartig richtete ich mich auf und sah mich um. Heutzutage nannte mich nur einer Edith … Die Frau im Käfig, die fast nur noch aus Haut und Knochen bestand, zog sich ein wenig in die Höhe.
    »Es tut mir so leid, halte noch ein bisschen durch, ja? Ich bin sofort wieder da.« Ohne sie aus den Augen zu lassen, schob ich mich rückwärts aus dem Raum. Sie streckte ihre dürre Hand durch das Gitter, als wollte sie mich festhalten.
    Keine einzige Träne lief über ihr Gesicht. Vielleicht war sie zu dehydriert, um noch weinen zu können.
    Auf dem Rückweg zum Treppenabsatz musste ich Gott sei Dank keine Knochenwand abtasten, um einen Lichtschalter zu finden. Entschlossen ging ich zu der zweiten Tür und öffnete sie.
    »Ich kann dich riechen, Edith.«
    »Dren?« Keine Antwort. »Dren?«, fragte ich noch einmal, diesmal lauter.
    »Mach nicht das Licht an, komm einfach her.«
    Wachsam blieb ich im Türrahmen stehen. »Was soll das Ganze, Dren? Warum bist du hier?«
    »Jorgen hat ja ganz schön lange gebraucht, um dich zu finden. Jetzt komm endlich zu mir.«
    Dann hatte Jorgen also die ganze Zeit gewollt, dass ich hierherkam? Wie nett, und überaus ironisch. Kein Wunder, dass er so zufrieden

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