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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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Weg.
    »Sag etwas, Ti«, flehte ich, aber er reagierte nicht. Vielleicht konnte er es nicht. Ich stand jetzt so dicht vor ihm, dass ich sehen konnte, wie glasig sein Blick war. Er war tatsächlich nicht er selbst. Wieder machte er einen Schritt hinunter, und ich wich ein Stück zurück.
    »Bitte, Ti, tu das nicht.« Das Schlachtermesser hielt er lose in seiner Hand. Jetzt war ich ihm so nah, dass er mich problemlos damit erwischen konnte. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich an die Hoffnung zu klammern, dass Ti mich nicht umbringen würde. Schwer atmend drückte ich den nur noch trübe glühenden Ausweis gegen Tis Brust. Die elektrische Spannung dröhnte in meinen Ohren. Gemeinsam stolperten wir die nächste Stufe hinunter.
    »Ich weiß, dass du dich an mich erinnerst, Ti.« Sein Blick richtete sich auf mich. War das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Hoffentlich war irgendwo in ihm noch ein menschlicher Teil, der mir zuhörte. »Du hast schon einmal mit mir Schluss gemacht. Noch mal wirst du mich nicht vernichten.« Er hielt inne. Hinter mir hörte ich Dren, wie er sich über den Linoleumboden zog.
    »Ich bin draußen!«, schrie er plötzlich, und genau in diesem Moment verschwand der letzte Lichtfunke aus meinem Dienstausweis.
    Ich ging vorsichtig drei Schritte rückwärts. Ti folgte mir nicht. Sein Körper gehörte nun vielleicht einem anderen, aber seine Augen ließen nicht von mir ab und beobachteten mich. Ich wollte ihn nicht hier zurücklassen. »Ti …«
    »Edith, beeil dich!«, rief Dren von draußen.
    Ich ließ den Ausweis fallen, wirbelte herum und rannte zur Tür.

Kapitel 29
     
    Draußen zog sich Dren über den Boden, während Jorgen schützend über ihm stand. Was war mit Ti passiert?
    »Okay, okay …« Sobald ich aufhörte, mich selbst zu beruhigen, würde mich die Panik überwältigen. Also bückte ich mich und zog Dren hoch. Er zischte mich wütend an und zeigte mir seine Fangzähne.
    »Wage es ja nicht …«, setzte ich an, doch er unterbrach mich sofort.
    »Schaff mich einfach hier raus.«
    Der Mann mit dem gebrochenen Bein, der noch immer in der Gasse lag, kroch bei Drens Anblick langsam rückwärts.
    Das Hemd des Vampirs glitt mir durch die Finger, als ich versuchte, ihn auf meine Schulter zu wuchten. Ich hatte gehofft, es würde reichen, Dren die Treppe hinunterzustoßen und damit aus dem Haus zu befördern, doch ich hatte ganz vergessen, dass wir anschließend ja noch weglaufen mussten und er nicht einmal gehen konnte. Und natürlich hatte ich nicht daran gedacht, einen Rollstuhl mitzubringen.
    Mühsam ging Jorgen in die Knie, und ich versuchte, Dren auf seinen Rücken zu hieven, doch der rutschte immer wieder ab. Am anderen Ende der Gasse wurden Stimmen laut, irgendjemand stieß einen überraschten Schrei aus. Vielleicht hatten sie entdeckt, dass Jorgens erstes Opfer verschwunden war. Die Worte verstand ich zwar nicht, aber der wütende Tonfall war eindeutig.
    Zu dritt versuchten wir nun, uns durch die Gasse zu quälen, kamen aber kaum voran. »Wir kriegen gleich Gesellschaft, Dren. Kannst du sie wegschicken?« Ich hatte schon früher miterlebt, wie Dren alle in seiner Umgebung dazu brachte, ihn zu ignorieren – einmal sogar einen ganzen Bahnwaggon voll stinknormaler Leute.
    »Geht nicht, bin zu schwach. Die Macht des bruja ist hier zu groß.« Verzweifelt klammerte er sich an Jorgens Schulter und schlug dem Spürhund die Fänge in den Hals. Jorgen wand sich knurrend, bis der Vampir den Halt verlor.
    »Elendes Biest!«, kreischte Dren, als er auf dem Boden aufschlug.
    »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für einen Snack, Dren.«
    »Ich brauche Blut!«, brüllte der, hob die verbliebene Faust und schlug damit auf das Pflaster.
    Der Mann, den ich vorhin bedroht hatte, war inzwischen bis hinter die Hundezwinger gekrochen. Kaum hatte er dieses Versteck erreicht, rief er um Hilfe.
    »Verdammt!«, zischte ich. »Kommt weiter.« Jorgen sah sich um und war mit einem mächtigen Satz bei den Käfigen. »Nein!«, schrie ich ihm hinterher. Die Hunde winselten panisch. Abrupt hielt Jorgen inne, doch er stand bereits über dem Mann, der uns verraten hatte. Der begann lauthals zu beten: Santa Muerte, Santa Muerte und so weiter.
    »Das wird dir jetzt auch nichts mehr bringen!« Ich packte Dren und schleifte ihn wie ein erlegtes Tier durch die Gasse. Die Mitglieder der Drei Kreuze stürmten wie wütende Ameisen auf uns zu und zogen ihre Waffen. Noch nie zuvor hatte ich so viele Knarren

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