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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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ich erkannte, wer dort draußen stand, legte ich sämtliche Ketten vor, die ich angebracht hatte.
    »Edie!«, protestierte Ti, als er das Klappern hörte. Der Ti von letzter Nacht hatte nicht sprechen können, oder?
    »Wo warst du letzte Nacht, Ti?«, rief ich durch die geschlossene Tür. Dabei hätte ich besser mal gefragt, wer er gewesen war.
    »Komm schon, Edie. Lass mich rein.« Er schlug so fest gegen die Tür, dass ich zusammenzuckte.
    »Was willst du hier?«, brüllte ich.
    »Ich habe deinen Dienstausweis gefunden, er war in meiner Tasche.« Nach einer langen Pause fragte er: »Warum war er dort?«
    »Du bleibst auf deiner Seite der Tür, klar?«
    Silber hatte keinerlei Wirkung auf Zombies. Außer Schusswaffen und Messern richtete eigentlich nichts etwas gegen sie aus, und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie ich Ti in kleine Stücke hackte. Außerdem war mein Steakmesser die gefährlichste Waffe, die ich im Haus hatte.
    Langsam öffnete ich die Tür und spähte zwischen den Ketten hindurch. Bedrohlich ragte er vor mir auf.
    »Tu mir den Gefallen und versuch, möglichst harmlos auszusehen, okay?«, bat ich ihn. Er sackte in sich zusammen und trat einen Schritt zurück. »Danke.«
    »Was soll das alles, Edie?« Er schien aufrichtig verwirrt zu sein.
    Wieder musterte ich ihn durchdringend. »Weißt du das wirklich nicht?«
    »Nein. Und das ist kein besonders angenehmes Gefühl.«
    »Dann wird dir das, was ich dir zu sagen habe, auch nicht gefallen.« Vorsichtshalber sah ich nach, ob die Wohnungstür meines Nachbarn fest geschlossen war. »Letzte Nacht sind wir uns begegnet, und du hattest ein Schlachtermesser dabei. Du wolltest Dren die Knochen aus dem Leib schneiden, was du anscheinend schon eine ganze Weile lang getan hast. Ungefähr seit einem Monat.«
    Ti blinzelte stumm. Ich erwartete, dass er mich nun der Lüge bezichtigen würde. Falls er das tat, würde ich ihm die Tür vor der Nase zuschlagen. Meine Finger krampften sich um den Knauf, während ich wartete.
    »Weiter.«
    »Ich habe ihn gerettet, er war dort gefangen. Und wurde gefoltert. Von dir, wie sich herausstellte. Du bist hinter uns her, hast es dir dann aber irgendwie anders überlegt. Ich glaube, du hast dich an mich erinnert. Du hättest mich verletzen können, hast es aber nicht getan – vielleicht war dir bewusst, wer ich bin. Auch wenn du jetzt nichts mehr davon weißt.«
    Ti fuhr sich durch die kurzen Haare. »Warum sollte ich dich verletzen? Und warum sollte ich Dren foltern?«
    »Du hast keinerlei Erinnerung mehr?«
    Fassungslos schüttelte er den Kopf.
    »Was ist denn das Letzte, woran du dich erinnerst?«
    »Gestern habe ich ein paar Dinge repariert für den Mann, für den ich momentan arbeite. Das mache ich tagsüber, während er damit beschäftigt ist, meine Seele zurückzuholen.« Er starrte auf seine Hände. »An alles zwischen Sonnenauf-und Sonnenuntergang erinnere ich mich, danach ist mein Gedächtnis leer.«
    »Schläfst du neuerdings nachts?« In der Zeit, als wir das Bett geteilt hatten, waren wir eigentlich nie zum Schlafen gekommen.
    »Nein, ich brauche keinen Schlaf.« Ihm war anzusehen, wie sehr diese Gedächtnislücke ihn beunruhigte. »Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich die letzten Nächte getan habe … Schon eine ganze Weile nicht mehr.«
    »Heißt dieser Magier, mit dem du dich zusammengetan hast, zufällig Montalvo?«
    Ti runzelte überrascht die Stirn. »Woher weißt du das?«
    Ich seufzte nur. »Warte kurz.« Kurz entschlossen schob ich die Tür zu und löste die Sicherheitsketten. »Und du bist sicher, dass es erst ab Sonnenuntergang passiert?«
    »Ja. Was auch immer es ist.«
    Erst nachdem ich ihn reingelassen und die Tür hinter ihm geschlossen hatte, fuhr ich fort: »Ich hatte Angst vor dir – immerhin hast du mit einem Messer Dren filetiert.« Verunsichert ließ ich mich auf die Couch fallen.
    Ti blieb stehen und versuchte, das alles zu verarbeiten. »Bist du sicher?«
    Hastig nickte ich. »Eine Zeit lang sah es so aus, als wolltest du mir auch die Knochen rausschneiden. Deswegen habe ich meinen Ausweis gezückt, in der Hoffnung, dass noch ein bisschen von seiner Magie übrig ist. Aber ich glaube, du hast begriffen, wer ich bin – zumindest hast du das Messer nicht gegen mich erhoben.«
    Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er es nicht glauben konnte. »Ich würde dir niemals etwas antun, Edie.«
    Tja, darüber lässt sich streiten. Diesen Kommentar behielt ich lieber für mich.
    Ti

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