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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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sprang er wieder auf sein Rad und fuhr voraus.
    Ti und ich folgten ihm zu Fuß. »Das war dein ganzer Plan?«, murmelte der Zombie.
    »So ziemlich.« Jetzt hieß es Daumen drücken, dass er sich als gut erwies.

Kapitel 35
     
    Als wir das Haus von Olympios Großvater erreichten, dämmerte es bereits. Der Junge warf sein Fahrrad auf die Straße und rannte voraus, um uns anzukündigen.
    »Wie soll mich dieser Großvater noch mal heilen?«, wollte Ti wissen.
    »Da bin ich mir auch nicht ganz sicher. Aber er hat auch mich wieder hingekriegt, als es mir so richtig schlecht ging. Wenn ich nicht der Meinung wäre, dass er dir helfen kann, hätte ich dich bestimmt nicht hergebracht.« Ich drückte kurz seine Hände, dann gingen wir hinein.
    Während wir noch auf der ersten Treppe waren, kam Olympio zurück, um zu sehen, wo wir abgeblieben waren. Hinter einer der dünnen Wände schrie ein Baby. Ich verdrängte jeden Gedanken daran, was passieren konnte, falls ich mich irrte: Wenn Montalvos Macht über Ti nicht gebrochen werden konnte – auf wen ließ ich ihn hier dann los? Am liebsten hätte ich ihn wieder nach draußen gezerrt.
    Olympio öffnete die Wohnungstür und winkte uns zu. »Er ist einverstanden, kommt rein.«
    Ti duckte sich unter einem Banner durch, das quer über der Tür hing. Als er die Kerzen und Statuen sah, die überall herumstanden, warf er mir einen vorwurfsvollen Blick zu. »Edie!«
    »Seine Magie ist gut, versprochen!«
    Olympios Großvater verteilte gerade Alufolie auf dem Boden und murmelte etwas vor sich hin, was wohl ein Gebet sein sollte. Als er Ti sah, stieß er einen Schrei aus – auf Spanisch.
    »Was?«, fragte ich Olympio sofort. Der drehte sich mit weit aufgerissenen Augen um.
    »Ich habe etwas gesehen, aber nicht …« Fassungslos starrte er Ti an. »Du hast mir nicht gesagt, dass er tot ist!«
    »Du hast ja nicht gefragt. Ich dachte, du könntest das sehen …«
    »Mann, ich dachte, das wäre der Fluch eines Toten. Aber doch nicht, dass er tot ist.«
    »Er ist ein Zombie. Ändert das irgendetwas?«
    Olympios Miene, die sonst so selbstbewusst war, wurde unsicher. »Mein Großvater meint, das kostet das Dreifache.«
    Ti schnaubte leise.
    Dann sagte der curandero noch etwas, das Olympio schnell übersetzte: »Bring ihn hier rüber. Wir haben nicht viel Zeit.«
    Ti stellte sich brav dorthin, wo Olympios Großvater ihn haben wollte, während wir neben der Tür Stellung bezogen. Hin und wieder warf er mir einen genervten Blick zu. Der curandero schleppte sich mit seinen Krücken durch den Raum und zündete die Kerzen an. Es wurde immer später, das spürte ich, auch wenn ich die Sonne nicht sehen konnte. Auf seinem Weg begann der curandero zu singen, und als alle Flammen brannten, sammelte er diverse Kräuter ein, die zum Trocknen unter der Decke hingen.
    Jeden Moment würde Luz erwachen. Hoffentlich hörte sie auf Asher und Catrina. Und genauso plötzlich konnte Ti sich bis zum Morgen verabschieden.
    »Erst die Eselsfrau, und jetzt das …«, sagte Olympio vorwurfsvoll und schnalzte mit der Zunge. Sein Großvater warf ihm einen mahnenden Blick zu und begann, lauthals zu beten.
    Als draußen die Sonne hinter dem Horizont verschwand, wurde Ti ganz still. Seine Miene, die bis jetzt der spöttischen Grimasse eines Mannes entsprochen hatte, der einen dummen Streich über sich ergehen lassen muss, wurde schlaff und vollkommen ausdruckslos.
    »Er ist weg«, flüsterte Olympio mir zu.
    »Und Montalvo?«, zischte ich zurück.
    Der Junge schüttelte abwehrend den Kopf. »Sprich niemals seinen Namen aus, solange du hier drin bist.«
    Der curandero wirbelte zu Ti herum und schlug ihn mit einem Kräuterbündel; zunächst verpasste er ihm kleine Hiebe auf die Hautstellen, die unbedeckt waren, dann fing er oben an und arbeitete sich langsam nach unten vor. Irgendwann hing er bedenklich schief auf einer Krücke, um auch noch die Füße zu erreichen. Als das geschafft war, richtete er sich auf und begann von vorne. Ich hatte keine Ahnung, was er dabei sagte, aber es war auf jeden Fall laut.
    »Das wird schwierig werden«, erklärte mir Olympio. »Er besteht aus Magie, da ist es nicht so einfach, die malo aus ihm herauszuziehen, ohne ihn dabei zu schädigen. Woher kennst du ihn überhaupt?«
    »Er ist ein alter Freund.«
    »Du hast aber komische Freunde«, stellte der Junge fest.
    Wenigstens stand Ti während der Prozedur still. Seit der curandero begonnen hatte, war nicht die kleinste Regung von ihm ausgegangen.

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