Diamantendiebe
sie sich mit den Händen durch ihr zerzaustes Haar fuhr. Ach zum Teufel, warum sollte sie davon niedergeschlagen sein? Hatten ihre früheren Liebhaber es nicht ebenso gemacht? Sich erleichtert und danach abgehauen? Warum sollte Max also anders sein? Er hatte ihr nicht ewige Liebe versprochen, es war ganz einfach Sex gewesen. Und trotzdem tat es ihr weh, dass er sie verlassen hatte, ohne sie zu wecken. Sie bückte sich nach ihren Kleidern. Seltsam, sie lagen nicht dort am Boden, wie sie es erwartet hatte. Sie stand zitternd auf, rieb sich die Arme um sich zu wärmen und ging zu ihrem kleinen Schreibtisch. Sie zog die Lade auf und tastete nach der Taschenlampe, suchte damit nach den Zündhölzern und zündete die Öllampe über dem Tisch an. Ihr Licht warf tiefe Schatten ins Zelt.
Sie fühlte eine Gänsehaut auf ihrem Körper, als abermals eine kalte Brise durchs Zelt streifte. Ihr Blick fiel auf ihre Kleider, die auf ihrem Bett lagen. Max hatte sie doch tatsächlich ordentlich gefaltet und auf das Bett gelegt. Er hatte sogar einen Zettel auf dem Polster hinterlassen. Sie ging schnell hinüber zum Bett und wickelte sich in die Decke, bevor sie die Nachricht las.
Die Soldaten und ich bleiben über Nacht im Camp. Ich warte auf dich
Er hatte mit einem großen Herzen unterzeichnet, in dessen Mitte sich ein glänzender Diamant befand.
Tess lächelte erleichtert und erfreut, weil Max sich noch im Camp befand. Sie faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in ihre Hosentasche, dann ging sie zu dem kleinen Tisch, tauschte den Waschlappen in die Wasserschüssel, wusch sich das Gesicht und fuhr sich mit dem nassen Tuch über ihre Brüste. Ihr Unterkörper war klebrig von ihren und Max‹ Säften. Sie ließ die Decke auf den Boden fallen und wusch sich, dabei einen Song aus den 40er Jahren summend, den sie immer von ihrer Mutter gehört hatte. »Baby, I love you, please be mine. We will marry and have a baby or two.« Sie hörte auf zu singen und warf den Waschlappen zurück in die Schüssel.
Baby.
Tess wurde bei dem Gedanken an Schwangerschaft von Panik erfasst und sie legte sich entsetzt die Hand über den Mund. Oh Gott! Sie und Max hatten nichts getan, um sie davor zu schützen! Schon wieder. Angst und Zorn stiegen in ihr hoch. Wie dumm und unverantwortlich! Sie hatten es ihrer Lust und Leidenschaft erlaubt, den gesunden Menschenverstand zu überlisten. Sie hätte am liebsten geweint und etwas quer durch das Zelt geworfen. Wie oft hatten sie und die Ärzte die Flüchtlinge gescholten, weil sie keine Kondome verwendeten. Einige von ihnen waren schwanger geworden und einige hatten sich mit HIV oder STD angesteckt. Wie heuchlerisch von ihr!
Es war jetzt gleichgültig, dass sie, nachdem Max damals verschwunden war, sich einem Bluttest unterzogen hatte. Der Test war negativ ausgefallen, aber das war immerhin schon etliche Monate her. Max hatte sich bei anderen Frauen mit Geschlechtskrankheiten anstecken können, wenn er keine Kondome verwendete. Nein, er war ja eingesperrt gewesen und konnte dort keinen Sex gehabt haben. Aber er konnte von den Soldaten vergewaltigt worden sein.
Tess setzte sich auf das Bett und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Sie hatte ihre Periode noch nicht gehabt und wenn sie sich nicht täuschte, dann war sie jetzt genau in der fruchtbarsten Phase. Verdammte Idioten, beide! Und besonders sie! Sie hätte sich der Operation unterziehen lassen sollen, bevor sie nach Ruanda zurückgekehrt war, so wie sie das geplant gehabt hatte. Aber nein, sie hatte ja Angst vor der Operation gehabt und vor den Narben, also hatte sie ihre Meinung geändert. Verdammt, verdammt, verdammt!
Es war aber sinnlos, ihre Dummheit jetzt zu bedauern. Es war schon zu spät. Sie hatte Max gewollt und den Sex mit ihm. Was, wenn sie jetzt schwanger war? Sie wollte nicht Mutter sein, nicht jetzt! Ihre Gedanken glitten zu Max und ihrem leidenschaftlichen Zusammensein. Sie zog ihre Jacke an und verließ mit der Taschenlampe in der Hand ihr Zelt, um zum Krankenzelt zu gehen. Sie musste sofort von Dr. Santiago eine »Pille danach« bekommen.
Das Camp wurde von in Tierfett getauchten Fackeln erhellt, die einen üblen Geruch verbreiteten. Viele im Camp waren immer noch wach und saßen in Gruppen vor ihren Zelten, plauderten oder entspannten sich einfach nur. Tess schlüpfte schnell ins Zelt hinein und ging hinüber zu Tessie, um zu sehen, wie es ihr ging. Schwester Cecilia saß neben dem Bettchen. Das kleine Mädchen war wach und
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