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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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schwungvollen, fliegenden Geste wiederholte sich der Effekt des leuchtenden Kreises – allerdings weniger intensiv als beim erstenmal. Auf den Rücken der Schönen fiel der Kopf eines Hermelins.
    Fandorin kam allmählich wieder zu sich und dachte sogar distanziert: Sie ist nicht unbedingt schön, aber sehr exotisch. Irgendwie hat sie selbst etwas von einem edlen Raubtier – einem Hermelin oder einem Zobel.
    Der Blick der Dame verweilte kurz auf Fandorin – aber leider nicht auf seiner angenehmen Gestalt, sondern auf dem Fahrrad, das sich zwischen den Kutschen und Kurumas recht sonderbar ausnahm. Als sie sich abwandte, verspürte Fandorin einen Stich ins Herz, wie bei einem schmerzhaften Verlust.
    Er schaute auf ihren weißen Hals, ihren Nacken mit den schwarzen Löckchen, die abstehenden Ohren, die aussahen wie Blütenblätter, und erinnerte sich plötzlich an etwas, das er einmal gelesenhatte: »Eine echte Schönheit ist schön von allen Seiten und aus jedem Blickwinkel, egal, wie man sie betrachtet.« Im Haar der Unbekannten funkelte eine brillantene Haarnadel in Form eines Bogens.
    »He, Sie hören mir ja gar nicht zu!« Der Konsul zupfte Fandorin am Ärmel. »Sie bewundern Frau O-Yumi? Das sollten Sie lassen.«
    »W-wer ist sie?«
    Fandorin gab sich große Mühe, die Frage beiläufig klingen zu lassen – ohne großen Erfolg.
    »Eine Kurtisane. Eine Kameliendame, aber von allergrößtem Format. O-Yumi hat im hiesigen Bordell ›Zimmer neun‹ angefangen, wo sie enormen Erfolg hatte. Sie spricht ausgezeichnet Englisch, kann sich aber auch auf Französisch, auf Deutsch und auf Italienisch verständigen. Sie hat das Bordell verlassen und lebt nun als freies Vögelchen – sie entscheidet selbst, mit wem sie zusammen ist und wie lange. Sehen Sie die Haarnadel in Form eines Bogens? ›Yumi‹ heißt ›Bogen‹. Vermutlich eine Anspielung auf Amor. Zur Zeit wird sie von Bullcocks ausgehalten, schon eine ganze Weile. Starren Sie sie nicht an, mein Lieber. Dieser Paradiesvogel ist nichts für unsereinen. Bullcocks ist nicht nur ein schöner Mann, sondern obendrein schwerreich. Alle anständigen Damen sind von ihm fasziniert, wozu sein Ruf als ›schlimmer Wüstling‹ einiges beiträgt.«
    Fandorin zuckte mit der Schulter.
    »Ich habe sie nur aus Neugier angesehen. K-käufliche Frauen interessieren mich nicht. Ich kann mir überhaupt nicht v-vorstellen, wie man mit einer schmutzigen Frau z-zusammen sein kann (bei diesen Worten erröteten seine Wangen), die schon wer weiß wem gehört hat.«
    »Ach, wie jung Sie noch sind und, Verzeihung, wie dumm.« Doronin lächelte verträumt. »Erstens gehört eine solche Frau niemandem. Im Gegenteil, die Männer gehören ihr. Und zweitens, mein junger Freund, Frauen werden durch die Liebe nicht beschmutzt,sie verleiht ihnen Glanz. Überhaupt, Ihr Fauchen klingt eher wie ›saure Trauben‹.«
    Sie hatten inzwischen die Treppe erreicht, auf der der Hausherr die Gäste begrüßte. Fandorin überließ sein Fahrrad einem Dienstboten und ging hinauf. Doronin führte seine Konkubine am Arm. Sie stand neben der »schmutzigen Frau«, und Fandorin war verblüfft, wie verschieden die beiden Japanerinnen waren: Die eine war hübsch, schüchtern und beruhigend, von der anderen hingegen ging ein verführerischer, wundervoller Hauch von Gefahr aus.
    O-Yumi reichte dem Gastgeber gerade die Hand zum Kuß. Er beugte sich hinunter, so daß sein Gesicht nicht zu sehen war, nur sein fleischiger Nacken und ein roter Türkenfes mit herabhängender Quaste.
    Der Pelzkragen rutschte auf den langen, bis zum Ellbogen reichenden Handschuh herab, und die Schöne warf ihn erneut über die Schulter. Für einen Augenblick sah Fandorin das schmale Profil und den feuchten Glanz der Augen unter bebenden Wimpern.
    Dann wandte sich die Kurtisane ab, doch die gläsernen Augen des flauschigen Hermelins waren noch immer auf den Vizekonsul gerichtet.
     
    Er kann dich beißen,
    Dich kitzeln mit seinem Fell
    Der flinke Hermelin.

Der silberne Schuh
    Die Kurtisane sagte lachend etwas, und der »neue Japaner« richtete sich auf.
    Fandorin sah ein rotwangiges Gesicht, das fast bis zu den Augen in einen dichten schwarzen Bart gehüllt war, äußerst lebendigeAugen und volle Lippen. Don Tsurumaki entblößte seine bemerkenswert kräftigen Zähne und klopfte Bullcocks freundschaftlich auf die Schulter.
    Doronin hatte recht: Der Gastgeber hatte nichts Japanisches an sich, weder in seinen Manieren noch in seinem Äußeren –

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