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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Greenwich-Meridian.
    »Das ist das Bluff«, sagte der Konsul stolz. »Hier lebt die gesamte bessere Gesellschaft. Ganz und gar Europa. Kaum zu glauben, daß hier vor zehn Jahren noch Brachland war, nicht? Schauen Sie sich die Rasen an! Und da heißt es immer, ein anständiger Rasen braucht dreihundert Jahre Pflege.«
    Da die Straße breiter geworden war, fuhr Fandorin nun neben der Rikscha und fragte halblaut: »Sie sagten doch, es sei ein Junggesellenball …« Er sprach nicht zu Ende, aber Doronin verstand. Er lachte.
    »Sie reden von Obayashi? ›Für Junggesellen‹ hieß noch nie ›ohne Frauen‹, lediglich ›ohne Ehefrauen‹. Die europäischen Gattinnen sind zu blasiert und langweilig, sie verderben jedes Vergnügen. Konkubinen sind etwas ganz anderes. Das ist das Gute an Don Tsurumaki – er versteht es, das jeweils Beste vom Osten und vom Westen zu übernehmen. Vom Osten die Ablehnung der Bigotterie, vom Westen die Errungenschaften des Fortschritts. Sie werden selbst sehen, Don ist ein Japaner der neuen Generation. Ja, so nennt man sie: ›die neuen Japaner‹. Sie sind jetzt die Herren des Lebens. Sie stammen teils aus Samurai-, teils aus Kaufmannsfamilien, aber es gibt darunter auch Leute wie unsere Kleinbürger, die plötzlich Millionäre geworden sind. Der Mann, zu dem wir fahren, trug früher einmal den plebejischen Namen Jiro, das bedeutet schlicht ›zweiter Sohn‹, und einen Familiennamen besaß er gar nicht, denn die standen Menschen aus dem Volk im alten Japan nicht zu. Seinen Familiennamen hat er sich erst vor kurzem zugelegt, nach dem Namen seines Heimatdorfes. Seinen Vornamen erweiterte er, damit er imposanter klang, mit der Hieroglyphe ›don‹, ›Wolke‹, und wurde zu Donjiro, doch mit der Zeit geriet der zweite Teil in Vergessenheit, und es blieb bei Don-san, also ›Herr Wolke‹. Er erinnert wirklich an eine dunkle Wolke: laut, groß und donnernd. Ein ganz unjapanischer Japaner. Eine Art fröhlicher Räuber. Angenehm als Freund und sehr gefährlich, wennman ihn zum Feind hat. Glücklicherweise bin ich mit ihm befreundet.«
    Die beiden Kulis, die das Gefährt zogen, hielten vor einem hohen durchbrochenen Tor, hinter dem man einen mit Fackeln beleuchteten Rasen sah und ein zurückgesetztes großes einstöckiges Haus mit fröhlich strahlenden Fenstern und bunten Lampions. Auf der Zufahrt hatte sich bereits ein Zug von Kutschen und einheimischen Kurumas angesammelt, der sich langsam vorwärts bewegte – die Gäste stiegen vor der Haupttreppe aus.
    »Tsurumaki ist ein Dorf westlich von Yokohama«, fuhr Doronin fort, die Hand auf dem Lenker von Fandorins Fahrrad, denn dieser kritzelte etwas in sein Notizbuch und trat dabei hin und wieder in die Pedale. »Unser ehemaliger Jiro ist noch unter der früheren Shogun-Regierung mit Bauaufträgen reich geworden. Bauaufträge sind zu allen Zeiten und in allen Ländern eine dunkle und riskante Sache. Bauarbeiter sind ein wildes Völkchen. Um sie unter Kontrolle zu halten, muß man stark und schlau sein. Don hat eine ganze Brigade von Aufsehern eingeführt, bestens ausgebildet und bewaffnet, und jeden Auftrag termingerecht ausgeführt – mit welchen Mitteln er das erreichte, interessierte die Auftraggeber nicht. Als dann der Bürgerkrieg zwischen den Anhängern des Shogun und denen des Mikado ausbrach, begriff er sofort, was Sache war, und schloß sich den Revolutionären an. Er bildete aus seinen Aufsehern und Arbeitern Kampftruppen – man nannte sie ›Schwarzjacken‹, wegen der Farbe ihrer Arbeitskleidung. Er kämpfte vielleicht zwei Wochen, aber den Gewinn davon kassiert er nun schon zehn Jahre. Jetzt ist er Politiker, Unternehmer und Wohltäter. Herr Wolke hat die erste englische Schule im Land eröffnet, ein technisches Lizeum, ja, sogar ein Mustergefängnis gebaut – offenbar eingedenk seiner in dunkle Wolken gehüllten Vergangenheit. Unser Settlement würde ohne Don einfach eingehen. Ihm gehört die Hälfte aller Clubs und Schenken; nützliche Verbindungen zu Regierungsbeamten,günstige Lieferungen – das alles läuft über ihn. Die Gouverneure der vier umliegenden Präfekturen holen sich bei ihm Rat, sogar manche Minister …« Doronin brach mitten im Wort ab und wies mit dem Kinn vorsichtig zur Seite. »Da kommt übrigens jemand, der noch weit einflußreicher ist als Don. Der oberste ausländische Berater der kaiserlichen Regierung, zugleich der Hauptfeind der russischen Interessen. Der Ehrenwerte Aldgernon Bullcocks

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