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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Sie die Sache in die Hand. Versuchen Sie, die drei nächtlichen Passagiere aufzuspüren. Natürlich nicht selbst.« Doronin lächelte. »Warum Ihr Leben in Gefahr bringen? Sie als Vizekonsul leiten die Ermittlung lediglich, die praktische Arbeit wird die Munizipalpolizei erledigen, sie untersteht nicht den einheimischen Behörden. Ich schreibe einen entsprechenden Brief an Sergeant Lockstone. Und den Minister warnen wir noch heute. So, und nun Schluß, Fandorin. Es ist schon nach zehn, wir müssen aufbrechen zu Don Tsurumaki. Haben Sie einen Smoking?«
    Fandorin nickte zerstreut – er war in Gedanken bereits bei den bevorstehenden Ermittlungen.
    »Er riecht vermutlich nach Naphtalin und ist ungebügelt?«
    »Ungebügelt ja, aber kein Naphtalin, ich habe ihn auf dem Schiff getragen.«
    »Ausgezeichnet, dann sage ich Natsuko, sie soll ihn rasch bügeln.«
    Der Konsul wandte sich auf Japanisch an das Dienstmädchen, doch Fandorin sagte: »Danke. Ich habe bereits einen eigenen Diener.«
    »Mein Gott, wann haben Sie das denn geschafft?« Doronin war verblüfft. »Shirota wollte Ihnen doch erst morgen seine Kandidaten schicken.«
    »Das hat sich so ergeben«, antwortete Fandorin ausweichend. »So, so. Ich hoffe, er ist ehrlich und fix?«
    Fandorin nickte. »O ja, er ist sehr fix.« Das zweite Attribut überging er. »Und noch etwas. Ich habe in meinem Gepäck eine t-technische Neuheit – eine Remington-Schreibmaschine mit russischer und lateinischer Schrift.«
    »Ja, ja, ich habe im ›Japan Daily Herold‹ eine Reklame dafür gesehen. Ist der Apparat wirklich so gut, wie sie behaupten?«
    »Eine ungeheuer praktische Sache für offizielle Schreiben«, bestätigte Fandorin enthusiastisch. »Sie nimmt nur eine Ecke des Zimmers ein und wiegt kaum mehr als vier P-pud. Ich habe sie auf dem Schiff ausprobiert. Das Ergebnis ist ausgezeichnet! Aber«, er senkte unschuldig die Augen –, »ich brauche jemanden, der darauf schreibt.«
    »Wo soll ich den denn hernehmen? Außerdem ist ein solcher Posten im Etat des Konsulats nicht vorgesehen.«
    »Ich könnte Mademoiselle Blagolepowa anlernen. Ihr Gehalt würde ich aus meiner eigenen Tasche bezahlen, sie würde meine Arbeit schließlich wesentlich erleichtern.«
    Der Konsul musterte seinen Stellvertreter durchdringend und stieß einen Pfiff aus.
    »Sie sind ein zielstrebiger junger Mann, Fandorin. Kaum an Land, sind Sie schon in eine üble Geschichte geraten, haben eigenständig einen Diener gefunden und auch für Ihren Herzenskomfort gesorgt. Eine einheimische Konkubine brauchen Sie dann ja wohl nicht.«
    »Nein, nein, es ist nicht, wie Sie denken!« rief Fandorin empört. »Aber Mademoiselle Blagolepowa weiß einfach nicht wohin. Sie ist doch gänzlich mittellos … Und eine Schreibhilfe k-kann ich wirklich gebrauchen.«
    »So sehr, daß Sie sie selbst bezahlen wollen? Sie sind wohl sehr reich?«
    Fandorin antwortete würdevoll: »Ich habe heute beim Würfelspiel gewonnen, eine beträchtliche Summe.«
    »Einen interessanten Mitarbeiter habe ich da«, murmelte der Konsul und stieß die funkelnde Klinge mit einem flotten Pfeifen in die Scheide zurück.
     
    Wie Reif des Lebens
    Auf kaltem Glas des Todes
    Funkelt die Klinge.

Die gläsernen Augen des Hermelins
    Der neue Diener hatte den Smoking eifrig, aber ungeübt gebügelt, so daß er ein wenig beulte, dafür aber waren die Lackschuhe derartig poliert, daß sie funkelten wie Kristall. Auch der schwarze Seidenzylinder glänzte. Für das Revers hatte Doronin seinem Stellvertreter eine weiße Nelke geschenkt. Kurz – als Fandorin sich im Spiegel betrachtete, war er zufrieden.
    Sie fuhren los: Voran Doronin und Madame Obayashi in einer Rikscha, hinter ihnen Fandorin auf seinem Dreirad.
    Trotz der späten Stunde war die Uferstraße Bund noch belebt, und die Promenierenden sahen dem flotten Fahrradfahrer nach – die Männer mißbilligend, die Damen neugierig.
    »Sie machen Eindruck!« rief Doronin fröhlich.
    Fandorin seinerseits fand, daß Obayashi in ihrem eleganten weißgrauen Kimono wesentlich vornehmer aussah als die modebesessenen europäischen Damen mit ihren raffinierten Hüten und den Bordüren- und Tournürenkleidern.
    Sie passierten eine Brücke und fuhren einen kleinen Hügel hinauf, und vor Fandorin lag ein wahrhaft erstaunliches Bild: steife Villen, verschnörkelte schmiedeeiserne Zäune, Hecken – eine vollkommen britische township, wie durch ein Wunder hierher verpflanzt, zehntausend Meilen entfernt vom

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