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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Knüppel umgehen, davon können unsere Cops nur träumen. Ich vermute, Go hatte auch mit dreizehn schon allerhand drauf.«
    Fandorin hörte äußerst interessiert zu.
    »Und wie ist ihre Polizei jetzt aufgebaut?«
    »Nach englischem Vorbild. Es gibt massenhaft arbeitslose Samurai, an Freiwilligen mangelt’s also nicht. Aber nach den Einzelheiten fragen Sie am besten Go selbst – da kommt er gerade.«
    Fandorin sah aus dem Fenster und entdeckte auf dem beleuchteten Platz einen hochgewachsenen Japaner in schwarzem Uniformrock,weißer Hose und mit einem Säbel an der Seite. Den rechten Arm militärisch schwenkend, schritt er auf das Revier zu.
    »Sehen Sie, er trägt einen Revolver am Gürtel«, sagte Lockstone. »Das ist bei Einheimischen eine Seltenheit. Sie nehmen lieber den Knüppel oder schlimmstenfalls das Schwert.«
    Inspektor Asagawa – ein wortkarger, ruhiger Mann mit reglosem Gesicht und raschen, vermutlich außerordentlich scharfen Augen, gefiel Fandorin. Als erstes verwies der Japaner den lärmenden Sergeant höflich, aber sehr bestimmt auf seinen Platz.
    »Ich freue mich ebenfalls, Sie wiederzusehen, Mister Lockstone. Aber, wenn es Ihnen keine Mühe macht, nennen Sie mich doch bitte Goemon, nicht Go, obwohl wir Japaner uns wohler fühlen, wenn man uns mit dem Familiennamen anspricht. Danke, ich möchte keinen Kaffee. Über die Gesundheit und anderes reden wir, wenn Sie erlauben, später. Meine Obrigkeit hat mich informiert, daß ich dem Herrn Vizekonsul unterstellt bin. Wie lauten Ihre Anweisungen, Mister Fandorin?«
    So lenkte er das Gespräch von Anfang an in eine sachliche Richtung.
    Fandorin legte kurz das Wesentliche dar.
    »Gentlemen, wir müssen drei Samurai aus Satsuma finden, die der russische Untertan K-kapitän Blagolepow letzte Nacht mit seinem Kutter gefahren hat. Es muß überprüft werden, ob diese Männer etwas mit seinem pötzlichen Tod zu tun haben.«
    Den politischen Hintergrund der Ermittlungen erwähnte Fandorin nicht. Asagawa verstand und schien es zu billigen – jedenfalls nickte er.
    »Und, wie wollen wir sie finden und überprüfen?« fragte Lockstone.
    »Die Männer wollen heute vor Morgengrauen erneut nach Tokio, sie haben dem Kapitän sogar einen V-vorschuß gezahlt. Als erstes werden wir also folgendes tun: Wir gehen zum Anlegeplatz desKutters und warten. Kommen die Samurai zur verabredeten Stunde nicht, heißt das, sie wissen, daß der Kapitän tot ist. Dann erhärtet sich der Verdacht, daß sie etwas mit seinem Tod zu tun haben. Erstens.«
    »Na und?« Der Sergeant zuckte die Achseln. »Schön, der Verdacht erhärtet sich. Aber wo die drei suchen, das ist die Frage.«
    »Die Tochter des Verstorbenen hat mir erzählt, die meisten K-kunden habe der Wirt des ›Rakuen‹ ihrem Vater vermittelt. Ich nehme an, auch diese drei haben nicht mit dem Kapitän verhandelt, sondern mit dem Eigentümer des Kutters. Ich bin zwar nicht vollkommen sicher, aber vergessen wir nicht, daß der verdächtige Schlag auf den Hals dem Kapitän im ›Rakuen‹ zugefügt wurde. Daraus folgt Ermittlungsmaßnahme Nummer zwei: Wenn die Samurai nicht an der Anlegestelle auftauchen, nehmen wir uns Mister Semushi vor.«
    Während Lockstone noch auf seiner Zigarre herumkaute und über Fandorins Worte nachdachte, stand der Japaner bereits auf.
    »Meiner bescheidenen Meinung nach ist Ihr Plan sehr gut«, sagte er knapp. »Ich komme mit zehn erfahrenen Polizisten. Wir werden die Anlegestelle umstellen und warten.«
    »Und ich nehme sechs Jungs mit, die gesamte Nachtschicht.« Auch der Sergeant stand auf.
    Fandorin resümierte.
    »Also, wenn die Samurai erscheinen, sind sie frei vom Verdacht, den Kapitän getötet zu haben. Dann übergeben wir sie der japanischen Polizei, soll die sich um die Klärung ihrer Identität und ihrer Absichten kümmern. Kommen sie nicht, verbleibt die Ermittlung in der Kompetenz des K-konsulats und der Munizipalpolizei.«
    »Und Sie können sicher sein, wir kriegen die Hundesöhne, und wenn sie sich unter der Erde verkriechen«, ergänzte der Amerikaner. »Wir gehen gleich von der Anlegestelle zu dem buckligen Japs und schütteln ihm die Seele aus dem Leib.«
    Er kann sich nicht beherrschen, dachte Fandorin, der bei dem Wort »Japs« zusammengezuckt war, und wollte den Sergeant zurechtweisen, doch Inspektor Asagawa wehrte sich schon selbst gegen die Beleidigung seiner Nation.
    »Bei den Japanern, Mister Lockstone, ist die Seele tiefer verborgen als bei den Weißen. Die schüttelt man

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