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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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aber, daß keine Gefahr drohte. Ringsum warkeine Menschenseele. Vermutlich hatte der Fuhrmann seinen Wagen am Abend unweit des Marktes abgestellt und war in eine nahegelegene Schenke gegangen, um sich dort zu stärken und zu übernachten. Sein Kuruma aber war alt und morsch und unversehens zusammengebrochen.
    Der Bucklige verharrte eine Weile auf der Stelle und schaute sich nach allen Seiten um. Schließlich beruhigte er sich und ging weiter.
    Auf der anderen Seite der Brücke tauchte ein grauer Schatten auf, trat in die schwarze Pfütze und blieb stecken.
    Kein Wunder! Den Teer hatte Masa selbst gekauft. Allerschlechteste Qualität, dünnflüssig und furchtbar klebrig.
    Ein Licht blitzte auf – der Agent gab seinen Leuten ein Zeichen. Drei weitere Schatten erschienen und rannten ratlos am Ufer hin und her. Einer trat auf die Brücke und klebte ebenfalls fest.
    Nun wandte Semushi sich um, betrachtete das hübsche Bild, zuckte die Achseln und lief weiter. Was scherte ihn das!
    Als er den Fluß erreicht hatte, stieß Masa einen heiseren Schrei aus und rannte ihm entgegen, in der Hand ein Wakijashi, ein kurzes Schwert. Er schwang es so eifrig, daß die Klinge im Licht der Laterne nur so blitzte.
    »Für die Chobei-gumi!« rief Masa, aber nicht allzu laut: Nur Semushi sollte es hören, nicht aber die festklebenden Polizisten. »Erkennst du mich, Buckliger? Jetzt ist es aus mit dir!«
    Er war absichtlich früher hervorgesprungen, als nötig gewesen wäre, wenn er den Mistkerl tatsächlich hätte erdolchen wollen.
    Semushi konnte zurückweichen und einen Revolver ziehen, die hinterhältige Waffe der Feiglinge. Aber Masa fürchtete den Revolver nicht, er wußte, daß der Hauptagent, ein äußerst geschickter Mann, schon vorgestern den Hahn angeschliffen hatte.
    Der Bucklige drückte einmal ab, ein zweites Mal, dann drehte er sich um und rannte weg. Zunächst zurück zur kleinen Brücke. Dann fiel ihm ein, daß er im Teer steckenbleiben würde und auchdie Agenten ihm nicht helfen konnten, also rannte er nach rechts, genau wie geplant.
    Masa holte ihn ein und versetzte ihm mit der Schwertspitze einen Hieb auf den Arm, kurz überm Ellbogen. Der Bucklige schrie auf, sprang zur Seite und stürmte nun, ohne weiter nachzudenken, über das Ödland, in die Dunkelheit. Das Ödland war groß, es reichte bis zur Tobemura, wo die Verbrecher hingerichtet wurden und man anschließend ihre abgehackten Köpfe auf Pfähle spießte. Früher, als Masa noch der Dachs war, hatte er geglaubt, er würde eines Tages auch hier enden und aus toten Augen auf die Vorübergehenden herabsehen. Doch nun kam das nicht mehr in Frage. Der Kopf von Shibata Masahiro, dem Diener des Herrn Fandorin, gehörte nicht auf einen Pfahl.
    Er fuhr mehrmals dicht neben Semushis Kopf mit dem Schwert durch die Luft, dann stolperte er und blieb ausgestreckt auf dem Boden liegen. Er fluchte, als hätte er sich das Bein verletzt. Dann lief er langsamer und humpelte dabei.
    Er rief: »Bleib stehen! Bleib stehen, du Feigling! Ich kriege dich sowieso!«
    Doch der Bucklige wußte nun, daß er entkommen konnte – und zwar nicht nur dem tolpatschigen Rächer, sondern auch den Agenten der Polizei von Yokohama. Deshalb hatten Fandorin und Masa diese Stelle ausgewählt – auf dem Ödland konnte man weit sehen, ob einem jemand folgte oder nicht.
    Nach einem letzten hilflosen Ruf: »Egal, das nächste Mal töte ich dich!« blieb Masa stehen.
    Das Ödland war zwar lang, doch der Bucklige konnte nirgendwohin ausweichen, denn rechts lag der Fluß, links der Kanal. Am anderen Ende aber, an der Brücke nach Tobemura, saß Shirota-san im Gebüsch. Er war natürlich ein gebildeter Mann, in solchen Dingen jedoch völlig unerfahren. Masa mußte ihm helfen.
    Er wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß ab und lief zumUfer des Yoshidagawa. Dort stand ein Boot. Ein paar kräftige Stöße mit der Stange, und er war am anderen Ufer. Wenn er die Beine in die Hand nahm, konnte er rechtzeitig an Ort und Stelle sein, das war kürzer als über das Ödland. Und wenn nicht – dafür saß Shirota-san da. Er würde ihm zeigen, wohin Semushi sich gewandt hatte.
    Das Boot zerteilte das ölige schwarze Wasser. Masa stieß sich mit dem Stab vom federnden Grund ab und wiederholte: »Ii-ja-nai-ka! Ii-ja-nai-ka!«
    Fandorins Kammerdiener war sehr fröhlich zumute. Sein Herr hatte ein goldenes Köpfchen. Er sollte Yakuza werden, da könnte er eine große Karriere machen.
    Ach, wie lustig die Polizisten im Teer

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