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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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sitzen, ohne sich zu rühren, aber das konnte er. Oft genug hatte er in seinem früheren Leben, als Schüler in der ehrenwerten Bande Chobei-gumi so auf der Lauer oder in einem Hinterhalt gesessen. Das war keineswegs langweilig, denn ein kluger Mensch hatte immer genug Stoff zum Nachdenken.
    Masa durfte sich deshalb nicht rühren, weil auf der Brücke, fast direkt über ihm, ein als Bettler verkleideter Agent stand. Wenn ein später Passant vorbeikam, murmelte der Agent näselnd Sutren vor sich hin, und zwar ziemlich überzeugend – Masa hörte mehrmals eine Kupfermünze klingen. Ob er die Almosen wohl anschließend bei seinem Vorgesetzten ablieferte oder nicht? Und wenn ja, gelangten sie dann in die kaiserliche Staatskasse?
    Auf dem ganzen Weg vom »Rakuen« bis zu Semushis Haus waren Agenten verteilt: je einer an jeder Kreuzung. Der eine stand in einem Hauseingang, ein anderer im Straßengraben. An den Fersen des Buckligen hing der Hauptagent, der mit der meisten Erfahrung. Er war in einen grauen Regenmantel gehüllt und trug lautlose Filzschuhe. Er konnte sich blitzschnell verstecken, so daß der Verfolgte ihn nie bemerkte, so oft er sich auch umdrehte.
    Fünfzig Schritt hinter dem Hauptagenten liefen weitere drei – falls etwas Unvorhergesehenes passierte. Dann sollte der Älteste unterm Mantel mit seiner Taschenlampe blinken, und die drei anderen würden rasch herbeigelaufen kommen.
    Bei dieser sorgfältigen Beschattung hatte Semushi keine Chance, den Agenten zu entkommen. Doch Masas Herr und er hatten nach einigem Hin-und-Her-Überlegen schließlich eine Lösung gefunden. Sobald der Vizekonsul des Russischen Reiches jaulte, sollte Masa …
    Da ertönte in der Ferne tatsächlich ein Jaulen, das Fandorins Kammerdiener sofort erkannte. Fandorin heulte durchaus echt, aber doch ein wenig anders als die Stromer von Yokohama – dieser melancholische Laut hatte etwas Rassiges, als stamme er von einem Bloodhound oder zumindest von einem Basset.
    Nun mußte Masa vom Nachdenken zum Handeln übergehen. Er huschte lautlos unter der Brücke durch, bis er hinter dem »Bettler« war. Auf Zehenspitzen machte er drei Sprünge, und als der Agent sich nach dem Geräusch umwandte, hechtete er vor und versetzte ihm einen leichten Handkantenschlag unterm Ohr. Der »Bettler« schluchzte auf und sank auf die Seite. Aus seiner Schale fiel eine Handvoll Kupfermünzen.
    Die Münzen nahm Masa an sich – damit es überzeugender aussah, und überhaupt konnte er sie gebrauchen. Seine Kaiserliche Majestät hatte sie nicht so dringend nötig.
    Er hockte sich in den Schatten des Brückengeländers neben den leblosen Körper und sah sich um.
    Es nieselte, doch die Ecke, um die Semushi biegen mußte, war von zwei Laternen beleuchtet. Der Bucklige würde die kleine Kanalbrücke überqueren, dann ein Stück Ödland und schließlich die Brücke über den Yoshidagawa erreichen. Rechts von ihm lag dann die Stelle, wo Fluß und Kanal zusammentrafen, vor ihm eine Brücke, hinter ihm eine zweite und links von ihm nichts als dunkles Ödland. Darauf beruhte ihr Plan.
    Aus dem Dunkel tauchte eine formlose untersetzte Silhouette auf. Der Bucklige hatte einen schweren, plumpen Gang und humpelte ein wenig.
    Bestimmt kein leichtes Los, einen Buckel mit sich rumzuschleppen, dachte Masa. Und erst mit dieser Mißbildung zu leben! Als Kind wurde er bestimmt oft gehänselt. Später gingen die Mädchen ihm aus dem Weg. Darum war Semushi so böse und gemein geworden. Aber vielleicht auch nicht. In der Straße, in der Masa aufgewachsen war, hatte auch ein Buckliger gelebt, ein Straßenfeger. Er war noch viel buckliger als Semushi, konnte kaum laufen. Aber er war ein herzensguter Mensch, alle liebten ihn und sagten: Er ist so gut, weil Buddha ihm einen Buckel geschenkt hat. Es liegt nicht am Buckel, sondern an dem Kokoro, das ein Mensch hat. Ist das Kokoro gut, wird man durch einen Buckel nur besser, ist es schlecht, haßt man die ganze Welt.
    Inzwischen hatte der Mann mit dem bösen Kokoro die kleine Brücke überquert.
    Fandorins Diener dachte: Gleich zieht der Herr an der Leine. Im selben Augenblick ertönte ein Getöse. Ein Fuhrwerk, das auf der Brücke stand, sackte plötzlich auf eine Seite – offenbar war eine Achse gebrochen. Ein großes Faß krachte vom Wagen, platzte auf, und dicker, schwarzer Teer floß heraus, ergoß sich über die gesamte Brücke und machte sie unpassierbar.
    Semushi drehte sich rasch nach dem Lärm um und griff unter seinen Kimono, sah

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