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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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alles hat seine Grenzen.«
    »Halb so schlimm.« Tsurumaki schwenkte beschwichtigend seine Bruyérepfeife. »Den Safe kann er sowieso nicht öffnen. Dafür braucht man einen Schlüssel, und den habe ich immer bei mir.«
    Er zog eine Kette unterm Hemd hervor, an der eine kleine goldene Rose mit dornigem Stiel hing.
    »Ein hübsches Ding, nicht? Man steckt den Stiel ins Schloß, die Dornen passen genau hinein. Mein Sesam-öffne-dich zu Aladins Höhle.«
    Tsurumaki küßte den Schlüssel und steckte ihn wieder weg.
    »Kratzen die nicht?« fragte Fandorin. »Die Dornen, meine ich.«
    »Klar kratzen sie, und wie. Aber das ist ein Schmerz, der mir das Leben versüßt.« Der Millionär zwinkerte Fandorin zu. »Er erinnert mich an glitzernde Steine und Goldbarren. Das kann man aushalten.«
    »Sie bewahren Gold und Juwelen zu Hause auf? Wieso? Es gibt doch B-banktresore.«
    Der Hausherr lächelte, auf seinen runden Wangen bildeten sich Grübchen.
    »Ich weiß. Ich besitze selbst eine Bank. Mit ausgezeichneten gepanzerten Kellern. Aber wir Blutsauger-Spinnen ziehen es vor, unsere Beute im Netz zu behalten. Alles Gute, Fandorin-san. Danke für die interessante Information.«
    Der Vizekonsul verabschiedete sich. Er war ein wenig verletzt: Er hatte als Retter dastehen wollen, war aber lediglich zum Informanten geworden. Doch als er hinaustrat und in Richtung Pavillon blickte, der über den schwarz schimmernden Teich ragte, überflutete ihn ein so heftiges, so allumfassendes Glücksgefühl, daß er die nichtige Enttäuschung sofort vergaß.
     
    Doch die »Gespannte Sehne« verströmte nicht nur Glückseligkeit, und nicht jeder von ihr abgeschossene Pfeil zielte in den Sternenhimmel. Ein quälender Stachel, eine giftige Nadel störte Fandorins Glück. Nachts litt er nicht darunter, denn die Liebe lebt nur vom Hier und Jetzt, aber fern von O-Yumi, in der Einsamkeit, dachte Fandorin nur an eines.
    Gleich beim ersten Rendezvous hatte er, als er O-Yumis entzückendes abstehendes Ohr küßte, einen leichten Tabakgeruch wahrgenommen – englischen Pfeifentabak. Er war abgerückt, hatte fragen wollen und es nicht getan. Wozu? Damit sie ihn belog? Damit sie antwortete: »Nein, nein, zwischen mir und ihm ist alles aus«? Oder damit sie die Wahrheit sagte und so weitere Begegnungen unmöglich machte?
    Hinterher peinigte ihn sein Kleinmut. Am Tag entwarf er eine ganze Rede, er wollte ihr sagen, daß es so nicht weitergehen könne, das sei dumm, grausam, widernatürlich, ja demütigend! Sie müsse Bullcocks verlassen, endgültig. Ein, zweimal versuchte er dasGespräch darauf zu lenken, doch O-Yumi sagte nur: »Du verstehst nicht. Stell mir keine Fragen. Ich kann dir nicht die Wahrheit sagen, und belügen möchte ich dich nicht.« Dann koste sie ihn mit Händen und Lippen, und er gab auf und vergaß alles auf der Welt, um sich am nächsten Tag erneut mit Verletztheit und Eifersucht zu peinigen.
    Konsul Doronin sah zweifellos, daß mit seinem Mitarbeiter etwas Außerordentliches vorging, behelligte ihn aber nicht mit Fragen. Der arme Konsul war überzeugt, daß Fandorin nachts ermittelte, und hielt Wort: Er mischte sich nicht ein. Den Vizekonsul plagte deshalb zeitweise das Gewissen, allerdings wesentlich weniger, als ihn die Erinnerung an den Geruch nach englischem Tabak quälte.
    In der sechsten Nacht (der zweiten, die er ohne die Geliebte im Pavillon verbrachte) erreichten seine Leiden ihren Höhepunkt. Fandorin, der sich streng verboten hatte, darüber nachzudenken, warum O-Yumi heute nicht kommen konnte, rief die Logik zu Hilfe. Er hatte eine schwierige Aufgabe vor sich und mußte eine Lösung finden – nichts leichter als das für einen Anhänger der analytischen Theorie, sollte man meinen.
    Und? Eine Lösung fand sich augenblicklich, und zwar eine so einfache, so offenkundige, daß Fandorin verblüfft war ob der eigenen Blindheit.
    Er konnte den Abend kaum erwarten, erschien eher als sonst im Pavillon, und sobald er O-Yumis Schritte hörte, rannte er ihr entgegen.
    »Ich b-bin ein Trottel!« rief er und ergriff ihre Hände. »Du brauchst Bullcocks nicht zu fürchten. Wir heiraten. Du wirst die Frau eines russischen Staatsbürgers, dann kann dieser Mann dir nichts mehr tun!«
    O-Yumis Reaktion auf das Angebot von Hand und Herz war überraschend.
    Sie lachte, wie über einen zwar nicht sehr geistreichen, aber schrecklich komischen Witz. Sie küßte Fandorin auf die Nase.
    »Unsinn. Wir können nicht Mann und Frau werden.«
    »Aber w-warum

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