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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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überhaupt keinen, sie ist ja noch minderjährig.«
    »Das Königreich Polen gehört zum Russischen Reich, das unglückliche Opfer d-des Lasters könnte also durchaus meine Landsmännin sein. Auf jeden Fall ist es die Pflicht eines Vizekonsuls, das zu überprüfen. Nun, Inspektor, wollen Sie sich immer noch den Bauch aufschlitzen?«
    Fandorin lächelte, doch Asagawa war ernst.
    »Sie haben recht«, sagte er nachdenklich. »Seppuku ist ein Relikt des Mittelalters.«
    Etwas Kleines, Hartes prallte gegen Fandorins Rücken. Er drehte sich um – ein Kricketball. Einer der Sportler hatte ihn zu weit übers Ziel hinaus geschossen.
    Fandorin hob den festen Lederball auf, holte aus und schleuderte ihn auf die andere Seite des Spielfeldes. Als er sich wieder dem Gebüsch zuwandte, war der Inspektor verschwunden – nur die weißen Akazienblüten schwangen hin und her.
     
    Schwindelerregend,
    Betörend sind die weißen
    Akazienblüten.

Ein Häppchen Glück
    »Nun, es ist einen Versuch wert«, sagte Doronin, die rötlichen Augen zusammengekniffen. »Sollte es Ihnen gelingen, den Intendanten zu entlarven, wäre das ein gewaltiger Schlag gegen die Kriegspartei. Und Ihre Beteiligung an der Untersuchung könnte nicht nur den Verdacht tilgen, Sie seien in die Ermordung Okubos verstrickt, sondern zugleich die Aktien Rußlands in Japan erheblich steigen lassen.«
    Fandorin traf den Konsul im Schlafrock an, beim morgendlichen Tee. Sein schütteres Haar war mit einem Netz verhüllt, aus dem offenen Hemdkragen ragte ein dürrer Hals mit großem Adamsapfel.
    Obayashi-san bot dem Gast mit einer Verbeugung eine Tasse an, doch Fandorin lehnte ab und erklärte, er habe bereits Tee getrunken. Er mochte noch immer weder essen noch trinken. Immerhin war die Apathie verschwunden, sein Herz schlug kräftig und gleichmäßig. Der Jagdtrieb ist ebenso alt und mächtig wie der Liebestrieb, dachte der Vizekonsul und freute sich, daß er seine Gewohnheit, die eigenen Gefühle rational zu analysieren, wiedergewann.
    »Den Herrn Gesandten werden wir von Ihrem neuen Vorhaben nicht unterrichten.« Doronin führte mit abgespreiztem kleinemFinger die Tasse zum Mund, trank jedoch nicht. »Sonst überträgt er das Ganze Kapitänleutnant Bucharzew, und der setzt es mit Bravour in den Sand.«
    Fandorin zuckte die Achseln.
    »Wozu Seine Exzellenz m-mit Lappalien behelligen? Ist schließlich keine große Sache: Der Vizekonsul schützt die Interessen eines geschändeten minderjährigen Opfers. Vorerst geht es ja lediglich darum.«
    Daraufhin äußerte Doronin etwas sehr Gewagtes.
    »Wissen Sie, was echter Patriotismus ist?« Er hob den Zeigefinger und erklärte: »Zum Wohle der Heimat handeln, notfalls auch gegen den Willen der Obrigkeit.«
    Fandorin sann über diese riskante Maxime nach und nickte zustimmend.
    »Danke für den Aphorismus, ich denke, den werde ich im Leben noch öfter gebrauchen können. Wenn das so ist, werde ich Ihnen nichts weiter erzählen. Ich werde handeln wie ein echter Patriot, ohne den Segen der Obrigkeit, nach eigenem Gutdünken. Im Fall des Falles werde ich selbst dafür geradestehen. Gehen wir vorerst davon aus, daß dieses Gespräch nie stattgefunden hat.«
    Doronin sprang wütend vom Stuhl und riß sich das Haarnetz vom Kopf.
    »Was für eine niedere Rolle teilen Sie mir da zu, verehrter Herr! Den Gewinn halbe-halbe, aber im Fall eines Verlusts wollen Sie mich raushalten? Ich bin russischer Diplomat, kein Börsenspekulant!«
    Die arme Obayashi, erschreckt vom plötzlichen Gebrüll, erstarrte und hielt sich die Hand vor den Mund.
    Fandorin erhob sich ebenfalls.
    »Eben«, sagte er kühl, verletzt ob des »verehrten Herrn«. »Sie sind Diplomat, Konsul des Russischen Reichs, Sie haben nicht an Ihre eigene Rolle zu denken, sondern an das Wohl des Vaterlandes.«Das Gespräch mit Lockstone verlief wesentlich simpler, ohne intellektuelle Reflexionen.
    »Well, wenn die Beschützer Seiner gelbhäutigen Durchlaucht uns am Arsch packen, schiebe ich alles auf Sie«, resümierte der Amerikaner. »Ich halte mich abseits. Ich hab nur auf eine Anforderung des russischen Konsulats reagiert, das ist meine Pflicht. Klagen und Protestnoten gehen an Ihre Adresse, Rusty.«
    »Genau.«
    »Dann bin ich dabei.« Der Sergeant grinste. »Einen echten Daimyo einlochen, das ist was für mich. Der soll sehen, was es heißt, unsere Mädchen zu verderben! Und wenn Sie den Bastard Suga drankriegen, schulde ich Ihnen einen Kasten echten Bourbon, die Flasche zu

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