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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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neunundneunzig Dollar. Dieser Affe, bildet sich ein, er kann die Weißen an der Nase rumführen! Ich hocke wie ein Idiot mit meinen Jungs im Sumpf, während er seine dreckigen Geschäfte macht. So was läßt Walter Lockstone keinem durchgehen, schon gar nicht einem räudigen Schlitzauge!«
    Fandorin verzog das Gesicht ob der amerikanischen Manier, über fremde Rassen zu reden, und faßte das Wesentliche zusammen:
    »Sie warten auf das Signal. Sobald Onokoji das nächste Mal in ›Zimmer neun‹ kommt, schiebt der Wirt ihm die Polin unter. Asagawa gibt Ihnen dann sofort Bescheid. Sie eilen ins Bordell und verhaften ihn am Tatort. Dann rufen Sie den russischen Vizekonsul und den Chef der japanischen Polizei.«
     
    Sie mußten nicht lange auf das »nächste Mal« warten.
    Am selben Abend erschien im Konsulat ein Bote mit einer offiziellen Nachricht von Sergeant Lockstone: Eine minderjährige Person weiblichen Geschlechts, vermutlich russische Staatsangehörige, wurde Opfer einer Schändung.
    Fandorin machte sich unverzüglich auf den Weg und nahm auch den Schreiber Shirota mit, damit es offizieller aussah.
    Im Büro des Chefs der Munizipalpolizei fanden die russischen Vertreter ein höchst pikantes Bild vor. Vor dem raubtierhaft lächelnden Sergeant saßen Fürst Onokoji und ein schmächtiges Mädchen – angemalt, aber mit Zöpfchen und Schleifen. Beide Festgenommenen waren höchst dürftig bekleidet. Offenkundig hatte Lockstone die beiden in dem Aufzug mitgenommen, in dem man sie erwischt hatte.
    Die Bekleidung des zornigen Daimyo bestand aus zwei Handtüchern (eins um die Hüften geschlungen, eins über die Schultern geworfen) sowie Seidensocken mit elastischen Haltern.
    Die mutmaßliche russische Staatsangehörige war in ein Laken gehüllt, allerdings recht nachlässig, und zeigte im Gegensatz zu ihrem Komplizen keinerlei Beunruhigung – sie drehte ihr aufgewecktes Gesichtchen mit den breiten Backenknochen nach allen Seiten, schniefte, schlug beim Anblick des hübschen Vizekonsuls die Beine übereinander und wippte spielerisch mit dem Pantoffel. Das Knie des geschändeten Opfers war so mager wie ein Froschschenkel.
    »Wer ist das?« kreischte Onokoji auf Englisch. »Ich habe die Anwesenheit der japanischen Behörden verlangt! Dafür werden Sie sich verantworten! Mein Cousin ist Minister bei Hof!«
    »Das ist ein Vertreter des geschädigten Staates«, verkündete Lockstone feierlich. »Bitte, Herr Vizekonsul, ich übergebe dieses unglückliche Kind Ihrer Obhut.«
    Fandorin warf einen angewiderten Blick auf den Schänder und wandte sich teilnahmsvoll auf Russisch an das Mädchen: »Wie heißt du?«
    Sie klapperte mit den angemalten Augen, steckte eine Zopfspitze in den Mund und sagte gedehnt: »Baska. Baska Sajontschek.«
    »Wie alt bist du?«
    Das unglückliche Kind überlegte kurz und antwortete: »Zwanzig.«
    Und hob überflüssigerweise zweimal alle zehn Finger.
    »Sie sagt, sie ist zwanzig?« fragte der Fürst lebhaft. »Das hat sie doch gesagt, nicht?«
    Ohne ihn zu beachten, sagte Fandorin langsam: »Sehr schade. Wenn Sie noch minderjährig wären, also noch nicht erwachsen, würde das Russische Reich in meiner Person Sie schützen. Dann könnten Sie auf eine K-kompensation rechnen. Wissen Sie, was eine Kompensation ist?«
    Das wußte Baska offensichtlich. Sie runzelte die Stirn und musterte den Vizekonsul neugierig. Sie wippte mit dem Fuß, warf den Pantoffel ab, kratzte sich den Fuß und erklärte, wobei sie das harte »L« verschluckte: »Ich habe gelogen, Pan. Ich bin vierzehn.« Sie überlegte noch einmal kurz. »Bald. Noch bin ich dreizehn.«
    Diesmal hielt sie erst zehn Finger hoch, dann drei.
    »She ist thirteen«, übersetzte der Vizekonsul für Lockstone. Der Fürst stöhnte auf.
    »Mein Kind, ich kann Ihre Interessen nur vertreten, wenn Sie russische Staatsangehörige sind. Also, sind Sie Untertanin des Russischen Reichs?«
    »Ja.« Baska nickte und bekreuzigte sich zur Bekräftigung dreimal – allerdings von links nach rechts. »Pan, die Kompensation – wieviel ist das?«
    »She is a Russian subjekt, we’ll take care of her« 1 , sagte Fandorin zu Lockstone und versprach dem Mädchen: »Du wirst zufrieden sein.«
    Damit war ihre Anwesenheit nicht länger erforderlich.
    »Warum haben Sie der Ärmsten nicht Gelegenheit gegeben, sich anzuziehen?« wandte sich der Vizekonsul tadelnd an Lockstone. »Die Kleine ist ganz durchgefroren. Herr Shirota wird sie nach Hause bringen.«
    Eigentlich sah Baska

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