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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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wird. Nachdem Sie den Engländer auf diese Weise vor Publikum entwaffnet und dann verschont haben, kann er Sie nicht ein zweites Mal fordern.‹ Soweit Tsurumakis Plan. Riecht ein bißchen nach asiatischer Verschlagenheit, ist aber d-durchaus schlau. Also hat Onokoji gelogen. Don Tsurumaki ist unschuldig.«
    »Er ist schuldig, und wie!« rief Doronin hitzig. »Bravo, Fandorin, Sie haben Don Tsurumaki entlarvt! Er hat Sie belogen. Erstenskann ich mich nicht erinnern, Bullcocks in letzter Zeit mit verbundener Hand gesehen zu haben. Und zweitens ist er ein ausgezeichneter Fechter, was Ihnen Ihr ›lieber Freund‹ verschwiegen hat, da er weiß, daß Sie noch nicht lange in Yokohama sind und das nicht wissen können. Ich erinnere mich an einen Fechtwettkampf im Athletikclub zwischen europäischen und japanischen Fechtern im letzten Jahr. Erstere kämpften wahlweise mit stumpfem Degen, Florett oder Säbel, letztere mit Bambusschwertern. Die Unseren erlitten eine vernichtende Niederlage. Mit einer Ausnahme – Bullcocks. Im finalen Zweikampf behauptete er sich mit dem Degen in der Hand gegen den besten einheimischen Fechter. Und was meinen Sie, wer das war?«
    »Tsurumaki Donjiro«, lispelte Shirota. »Ja, ich erinnere mich. Ein wunderbarer Kampf!«
    »Sie haben Ihre Rolle hervorragend gespielt, Erast Petrowitsch. Er hat Ihnen geglaubt, daß Sie hinter meinem Rücken handeln und also die Wahrheit nicht erfahren werden.«
    »Also hat Onokoji nicht gelogen. Was zu b-beweisen war«, resümierte Fandorin zufrieden. »Das heißt, der endgültige Beweis muß noch erbracht werden, aber die richtige Antwort auf die Frage kennen wir nun.«
    »Was haben Sie vor? Ist das Duell bereits festgesetzt?«
    »Ja. Tsurumaki ging gleich zu Bullcocks und überbrachte mir eine halbe Stunde später die Mitteilung, daß das Duell morgen früh um acht auf dem Kitamura-Hügel über dem Bluff stattfindet.«
    »Und Sie wollen in diese Falle gehen?«
    »Selbstverständlich. Keine Sorge, Wsewolod Vitaljewitsch, für diesen Fall habe ich einen eigenen Plan in Reserve. Vielleicht müssen wir gar keine Beweise erbringen.«
    »Und wenn er Sie tötet?«
    Fandorin zuckte lässig eine Schulter, als wollte er sagen: Einen solchen Ausgang sieht mein Plan nicht vor.
    »Das wäre ein sehr schöner Tod«, sagte Shirota plötzlich und wurde puterrot.
    In dem Fall hätte ich wohl die Chance, in die Kategorie der »aufrechten Männer« zu gelangen, dachte Fandorin, als er die vor Erregung blanken Augen des Schreibers sah. Dann kommt zu den Porträts von Marschall Saigo und Puschkin womöglich noch ein weiteres hinzu.
    »Verzeihen Sie, meine Herren. Ich bin irgendwie müde. Ich w-werde mich hinlegen.«
    Er ging hinaus, bemüht, nicht zu taumeln, mußte sich jedoch im Flur an der Wand abstützen, und kaum hatte er die Schwelle zu seiner Wohnung überschritten, kam ihm der Fußboden vor wie ein Schiffsdeck – er schwankte nach rechts, nach links und rutschte schließlich ganz weg. Fandorin stürzte.
    Als er die Augen öffnete, lag er in seinem Bett, und Masa legte ihm etwas Kaltes auf die Stirn. Das tat ungeheuer wohl. Fandorin bedankte sich: »Arigato« und sank erneut in Ohnmacht.
    Asagawa und Doktor Twiggs kamen ihn besuchen. Hinter ihnen stand Sergeant Lockstone, merkwürdigerweise nicht mit Schirmmütze, sondern mit einem breitkrempigen Hut. Schweigend betrachteten sie den liegenden Fandorin und wechselten stumme Blicke.
    Dann wichen sie einem anderen, süßen Trugbild – O-Yumi. Sie war nicht so schön wie in Wirklichkeit, sie wirkte blaß, eingefallen und traurig, ihr Haar war zerzaust und hing ihr ins Gesicht, aber Fandorin freute sich trotzdem schrecklich.
    »Es macht nichts, daß du nicht so schön bist«, sagte er. »Nur verschwinde bitte nicht wieder.«
    Sie lächelte – nur einen kurzen Moment, dann wurde sie wieder ernst.
    Das Kissen, auf dem der Kopf des Kranken ruhte, hob sich plötzlich ganz von selbst, und vor Fandorins Lippen schwebte eine Tasse.»Trink, trink«, säuselte eine liebe Stimme, und Fandorin gehorchte.
    Das Getränk war bitter und übelriechend, doch er schaute auf die schlanke Hand, die die Tasse hielt, und das half.
    »So, und jetzt schlaf.«
    Das Kissen sank zurück.
    »Wo warst du?« fragte Fandorin, der nun erst begriff, daß O-Yumi kein Trugbild war. »Ich habe so auf dich gewartet!«
    »Weit weg. Auf dem Berg, wo das Zauberkraut wächst. Schlaf. Morgen wird dein Kopf noch stärker weh tun. Das kommt, weil die Blutbahnen

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