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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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das Land der edlen Schurken? Nicht schlecht. Tsurumaki jedenfalls ist ein klassischer Akunin.«
    »Ich bin mir da nicht sicher … Sehen Sie, ich kenne den Mann ganz gut.« Auf die Details ging Fandorin nicht weiter ein. »Er … Er wirkt nicht wie ein hinterhältiger Intrigant. Außerdem – sollte man der Aussage eines Sterbenden unbedingt Glauben schenken? Ich habe diesen Fehler schon einmal gemacht, indem ich Suga glaubte. Dabei hatte der, wie wir jetzt wissen, in der letzten Minute seines Lebens nur eines im Sinn: Uns auf eine falsche Fährte zu schicken.«
    »Onokoji ist nicht Suga. Der war ein starker, unbeugsamer Mann, der den Tod nicht fürchtete. Ihr japanischer Dekadenzler dagegen gehört keinesfalls in die Kategorie Akunin.«
    Sie schwiegen, diesmal beide über dasselbe nachsinnend.
    Der Konsul fand keine Lösung und sah fragend zu seinem Stellvertreter, der sich alle Augenblicke an die Schläfen griff.
    »Sie sagten, Sie wüßten eine riskante Methode? Eine Methode wofür?«
    »Sich von Tsurumakis Hinterhältigkeit zu überzeugen. Oder von seiner Unschuld.«
    »Wie denn?«
    »Ich bin doch zum Duell gefordert. Also brauche ich einen Sekundanten, nicht wahr?« Fandorin wollte lächeln, verzog aber statt dessen das Gesicht in einem neuen Anfall von Kopfschmerz.
     
    Mein treuester Freund,
    Du bist noch immer bei mir,
    Quälendes Kopfweh.

Eine leise Stimme
    Am Abend fand im selben Büro erneut eine Beratung statt, in etwas anderer Zusammensetzung, ohne den Marineattaché; dafür hatte Doronin Shirota dazugebeten – vermutlich als Entschädigung für das demütigende Warten im Flur.
    Der Japaner wirkte jedoch keineswegs gekränkt, eher nachdenklich, als sei er in Gedanken weit weg. Doch seine gelegentlichen Bemerkungen bezeugten, daß er dem Bericht des Vizekonsuls ebenso aufmerksam folgte wie Doronin.
    Fandorin war von Don Tsurumaki zurückgekehrt, ohne seine Zweifel klären zu können.
    »Da wir über keinerlei Beweise für die Schuld dieses Mannes verfügen, habe ich ausschließlich auf die P-psychologie gebaut.« Der blaßgrüne Fandorin sprach langsam – wegen seiner schlechten Verfassung oder um das Gespräch mit dem Verdächtigen noch einmal in Ruhe zu analysieren. »Kurz zusammengefaßt: Ich wollte Tsurumaki einschüchtern und ihm zugleich einen Hinweis geben, wie er der Gefahr entkommen kann.«
    »Don Tsurumaki einschüchtern?« fragte der Schreiber zweifelnd und schüttelte den Kopf, als rede Fandorin Unsinn.
    »Genauer gesagt, ihm zu verstehen geben, daß er in Gefahr ist. Dazu habe ich mit ihm ein freundschaftlich offenherziges Gespräch geführt, bei dem ich m-meine Erschütterung über die bekannten traurigen Ereignisse bekundete. Dazu mußte ich mich, ehrlich gesagt, nicht einmal verstellen.« Der Vizekonsul lachte bitter. »Wir beide sind schließlich F-freunde. Ich erzählte ihm, ich hätte im Mordfall Okubo die ganze Zeit auf eigene Faust ermittelt. Mein Hauptverdächtiger sei Bullcocks gewesen, als Vertreter der Regierung, die das größte Interesse an der Beseitigung des Ministers hat. Ich vergaß auch nicht, meine Helfer zu erwähnen und den wertvollen Zeugen, den Tsurumaki wohlbekannten FürstenOnokoji. Wie Sie sehen, blieb ich damit dicht an der Wahrheit. Im weiteren allerdings erlaubte ich mir einige Improvisationen. Als ich von den letzten Augenblicken des sterbenden Zeugen berichtete, veränderte ich dessen letzte Worte ein wenig. Demzufolge sagte Onokoji, als er sein Leben aushauchte: ›Es war nicht Bullcocks, ich habe Sie belogen. Es war mein …‹ Weiter kam er nicht. Dann überlegte ich laut, wen der arme F-fürst gemeint haben könnte. Ich fragte Tsurumaki nach seiner Meinung – er hatte den Verstorbenen und dessen Umgang schließlich gut gekannt. ›Mein was? Bruder? Cousin? Onkel?‹ Tsurumaki sagte besorgt: ›Der Fürst hatte keinen Bruder. Cousins dagegen jede Menge, viele davon in hohen Positionen. Wer von ihnen käme in Frage?‹ Er zählte mehrere auf. Da holte ich zum nächsten Schlag aus. Ich überlegte laut: Und wenn er nun gar keinen Verwandten meinte? ›Mein ehemaliger Vasall‹? ›Mein Freund‹? Hier schien Tsurumaki mißtrauisch zu werden, doch vielleicht täusche ich mich. Ich tat, als ließe ich das Thema damit fallen. Ich sagte: ›Aber ich bin nicht nur deswegen zu Ihnen gekommen.‹ Ich erzählte ihm von der Duellforderung und daß ich einen Sekundanten bräuchte. ›Ich habe eine ernste Bitte, mit der ich mich nur an einen Freund wenden

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