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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Kampf zweier Männchen um ein Weibchen, einen Kampf, so alt wie die Welt, wichtiger und schonungsloser als jeder andere Kampf. Das hatte der kluge Tsurumaki von Anfang an einkalkuliert. Er wußte, daß keine Macht der Welt die Blutgier des verlassenen Liebhabers zu zügeln vermochte.
    Dem Vizekonsul wurde angst und bange.
    Bullcocks’ Attacken gegen den ehemaligen Meister des Gouvernementsgymnasiums und seine souveräne Abwehr der ungeschickten Gegenangriffe ließen keinen Zweifel am Ausgang des Duells. Der Engländer hätte seinen Gegner schon mehrmals töten können, nur eines hinderte ihn daran: Fest entschlossen, seine Drohung wahrzumachen, zielte er ausschließlich auf Fandorins Lenden. Das erleichterte dem schwächeren Gegner die Aufgabe ein wenig – er mußte seine Verteidigung nur auf eine Körpergegend konzentrieren, doch er würde nicht mehr lange Widerstand leisten können. Fandorins ungeübter Arm erlahmte, es fiel ihm immer schwerer, die Hiebe zu parieren.
    Mehrfach konnte er sich nicht mehr auf den Beinen halten und stürzte, und Bullcocks wartete jedesmal, bis er wieder aufgestanden war. Zweimal mußte er einen Angriff mit der bloßen Linkenabfangen, und einmal traf die Klinge seine Hüfte – er hatte sich gerade noch wegdrehen können.
    Sein Hemd war schwarz vor Schmutz und grün vom Gras; auf dem Ärmel breiteten sich rote Flecke aus, auch über sein Bein rann Blut.
    Aus reiner Hoffnungslosigkeit kam dem Vizekonsul ein freudiger Gedanke: Da ohnehin alles verloren war, sollte er nicht zu Tsurumaki laufen und ihm noch rasch den dicken Bauch aufschlitzen?
    Den Versuch, Bullcocks zur Vernunft zu bringen, hatte er längst aufgegeben – er sparte sich die Luft lieber auf. Er blickte gebannt auf einen einzigen Punkt – die flinke Klinge seines Feindes. Die Gegenangriffe hatte er eingestellt. Er war froh, wenn er den Stahl abwehren konnte, möglichst mit Stahl, notfalls auch mit der bloßen Hand.
    Langsam machte sich bemerkbar, daß der Engländer nicht jeden Morgen Runden um den Kricketplatz lief und nicht mit Expander und Hanteln trainierte. Trotz all seiner Kunstfertigkeit und Geschicklichkeit ermüdete Bullcocks allmählich. Über sein dunkelrotes Gesicht strömte Schweiß, seine feuerroten Locken waren verklebt, seine Bewegungen wurden immer sparsamer.
    Nun blieb er stehen und wischte sich ganz unaristokratisch mit dem Ärmel die Stirn. Er zischte: »Na schön, zum Teufel mit dir. Stirb als Mann.«
    Dann folgte ein wütender Angriff, der Fandorin an den Rand des Kampfplatzes drängte, bis ans Gebüsch. Die Schlagserie endete mit einem heftigen Hieb. Fandorin konnte auch diesmal beiseite springen, doch das hatte der Angreifer offenbar einkalkuliert: Fandorins Absatz verfing sich in einer Wurzel, und er schlug rücklings hin. Die Zuschauer schrien auf, überzeugt, daß der Ehrenwerte den Gegner diesmal nicht mehr aufstehen lassen würde – die Vorstellung ging zu Ende.
    Bullcocks setzte den Fuß auf Fandorins Rechte, hob die Klinge, um den Russen an die Erde zu nageln, und verharrte plötzlich, als denke er nach, ja, träume gar: Die Augen halbgeschlossen, den Mund hingegen halboffen. Mit diesem sonderbaren Gesichtsausdruck wankte der Ehrenwerte einige Augenblicke vor und zurück, dann brach er zusammen und fiel direkt auf den keuchenden Fandorin.
    Surrend flog aus dem Gras eine erschrockene Libelle mit buntschillernden Flügeln auf.
     
    Engel und Elfen
    Haben Flügel, so zart wie
    Libellenflügel.

Der blaue Stern
    Wie sehr hatte sich alles verändert gegenüber der vorigen Nacht! Die Welt hatte nicht aufgehört, gefährlich zu sein. Im Gegenteil, sie war nun noch unvorhersehbarer und aggressiver. Irgendwo in der Dunkelheit – das wußte Fandorin genau – lauerten die durchdringenden Augen des Mannes mit dem kalten Schlangenblut. Doch das Leben war trotzdem wunderschön.
    Fandorin saß im Dunkeln, den Schirm seiner Uniformmütze über die Augen gezogen, und wartete auf das verabredete Zeichen. Seine glimmende Zigarre war bestimmt von allen Nachbardächern aus zu sehen.
    Körper, Herz und Verstand des Vizekonsuls waren selig.
    Der Körper, weil die Migräne weg war und die Schrammen und Schnittwunden überhaupt nicht schmerzten. Als man den blutenden Duellanten nach Hause brachte, war O-Yumi ihm als erste entgegengelaufen. Sie hatte Doronin nicht gestattet, einen Arzt zurufen, und sich selbst um den Verletzten gekümmert. Sie rieb ihm die Schnitte an Arm und Hüfte mit etwas stark Riechendem ein,

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