Diamantene Kutsche
versetzte sie Masa einen Fußtritt, der ihn kopfüber beiseite schleuderte.
»Lauf weg …« flüsterte sie schwach.
Aber Masa lief nicht weg – seine Beine zitterten so heftig, daß sie sein Körpergewicht kaum getragen hätten.
Die Nacht war plötzlich voller Geräusche.
Am dunklen Rand der Schlucht tauchten Flecke auf – einer, zwei, drei. Von der Stelle, wo sich der geheime Seilzug der Shinobi befand, kamen schwarze Gestalten an den Rand der Schlucht gelaufen. Es waren viele, sehr viele. Masa lag im Gras, beobachtete sie und konnte sich vor Angst nicht rühren.
Einer der Schwarzen trat zu der auf dem Bauch liegenden Etsuko und drehte sie mit dem Fuß auf den Rücken. Er beugte sich über sie, und in seiner Hand blitzte eine Klinge.
Plötzlich richtete sich das Mädchen auf, Masa vernahm ein Röcheln, und nun lag der Schwarze, Etsuko stand mit dem Schwert in der Hand über ihm, von allen Seiten von den geheimnisvollen Eindringlingen umringt. Eine Weiße unter lauter Schwarzen, schoß es Masa durch den Kopf.
Klirrendes Metall, Fluchen, Schreie, dann verschwand die weißeGestalt, und die Schwarzen hackten wie rasend auf etwas ein, das am Boden lag.
Masa hörte deutlich eine Mädchenstimme rufen: »Kongojo!«
Einer der Mörder kam ganz dicht heran. Er riß ein Grasbüschel aus und wischte die Klinge ab. Masa hörte seinen lauten, keuchenden Atem.
Trübes Mondlicht drang für einen Augenblick durch eine dünne Wolke, und Masa erkannte eine Kapuze mit Augenschlitzen, eine Patronentasche und eine schwarze Jacke.
Das waren Tsurumakis Leute! Sie hatten sich wie die Shinobi das Gesicht verhüllt, damit es im Dunkeln nicht leuchtete!
Warum hatten die »singenden Bretter« sie nicht verraten? Waren sie etwa durch den unterirdischen Gang gekommen? Aber wie konnten sie davon wissen?
Masa kroch auf allen vieren in den Wald, sprang auf und rannte los.
Die Schwarzjacken verloren keine Zeit. Ein gedämpftes Kommando ertönte, und trockene Kiefernnadeln knackten unter raschen Schritten.
Schnell zu den Häusern, Alarm auslösen! Tsurumakis Leute würden alle töten, egal, ob Shinobi oder nicht.
Als die erste Hütte nur noch zwanzig Schritt entfernt war, hatte Masa Pech – er trat im Dunkeln auf einen Ast, zerschrammte sich die Wange und konnte, was das Schlimmste war, einen Aufschrei nicht unterdrücken.
Die Männer hinter ihm hörten ihn und wußten, daß sie entdeckt waren.
»Tsume-e!« 2 röhrte ein Kommandobaß. Vielstimmiges Geheul antwortete ihm.
»Angriff! Angriff!« schrie auch Masa, verstummte aber sofort, als er begriff, daß er sich damit nur unnötig in Gefahr brachte.
Die Angreifer heulten und trampelten derartig, daß die Bewohner von Kakushimura sie unmöglich überhört haben konnten.
Wenn er überleben wollte, mußte er jetzt sehr schnell denken. Darum lief Masa nicht zu den Häusern, sondern versteckte sich hinter einem Baum.
Keine Minute später rannte die Horde der Schwarzjacken an ihm vorbei und verteilte sich im Halbkreis über die ganze Insel.
Im Abstand von fünf Schritt wurden Fackeln in den Boden gesteckt und angezündet. Die punktierte Flammenkette markierte den ganzen Wald, von einem Ende zum anderen.
»Feuer!«
Gewehrsalven krachten. Kugeln schlugen gegen Holzwände, pfeifend flogen die Splitter.
Ach, was für ein Unglück! Wie sollte er seinen Herrn aus dieser Hölle retten? Die Schwarzjacken würden alle drei Hütten durchlöchern und sich dann Tambas Haus vornehmen.
Masa rannte verzweifelt zwischen den Kiefern hin und her und begriff, daß er den hellerleuchteten Streifen und die Postenkette auf keinen Fall unentdeckt passieren konnte.
Zweige knackten. Hinkend kam ein Mann von der Schlucht gelaufen. Schwarze Jacke, schwarze Kapuze – offenbar war er hinter seinen Leuten zurückgeblieben. Masa überfiel ihn von der Seite, streckte ihn mit einem Schlag nieder, preßte dem Liegenden zur Sicherheit das Knie auf die Kehle und wartete, bis es knackte. Es war nicht zu befürchten, daß jemand das hören könnte – die Schießerei war so laut, daß die Ohren davon ganz taub wurden.
Masa riß dem Leichnam Hose und Jacke vom Leib und zog sie an. Sein Gesicht verhüllte er mit der Kapuze – gut, daß Tsurumakis Leute sich dieser nützlichen Verkleidung bedienten.
Inzwischen war die Schießerei vorbei. Die von Kugeln durchlöcherten Holzwände waren mit schwarzen Punkten übersät, wieder Mohnkuchen, mit dem Natsuko Masa oft bewirtet hatte. Von den vielen Fackeln ringsum war es
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