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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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habe nur sieben, ich trage keinen Reservegurt bei mir. Ich bin leider auch kein Janitschar. Fünfunddreißig Schuß – recht knapp für eine halbe Stunde. Na ja, nicht zu ändern. Wir gehen folgendermaßen vor: Sie feuern das erste Magazin hintereinander ab, um sie zu beeindrucken. Anschließend jede Kugel gezielt und sinnvoll.«
    »Zu weit«, schätzte Smurow. »Außerdem sind sie zur Hälfte von der Bordwand verdeckt. So ein Ziel ist aus dieser Entfernung selbst am Tag schwer zu treffen.«
    »Sie sollen auch nicht auf die Männer schießen, das sind immerhin Landsleute. Verhindern Sie nur, daß jemand vom Kahn auf den Schlepper rüberklettert. Also, drei, vier!«
    Fandorin hob seine Pistole (mit ihrem kurzen Lauf nützte sie bei dieser Entfernung ohnehin wenig) und drückte siebenmal hintereinander ab.
     
    »Nanu«, sagte Drossel gedehnt, als er die Schüsse krachen hörte.
    Er schaute vorsichtig zur Tür heraus. Rybnikow ebenfalls.
    Die Mündungsfeuer flammten über einem Schienenhaufen auf, fünfzig Schritt entfernt vom Kai.
    Vom Lastkahn her antwortete ungeordnetes Feuer aus acht Waffen.
    »Spitzel. Sie haben uns ausspioniert«, konstatierte Drossel kaltblütig. »Aber es sind nicht viele. Drei, vier Mann, höchstens. Das haben wir gleich. Ich rufe die Jungs, sie sollen sie von beiden Seiten umzingeln …«
    »Warten Sie!« Rybnikow packte ihn am Arm und redete hastig auf ihn ein. »Wir dürfen uns nicht auf eine Schießerei einlassen, denn genau das wollen sie erreichen. Sie sind nicht viele, aber sie haben todsicher Hilfe holen lassen. Den Kahn auf dem Fluß abzufangen ist kein Problem. Ist jemand auf dem Schlepper?«
    »Nein, alle haben verladen.«
    »Die Polizisten sind noch nicht lange da«, sagte Rybnikow überzeugt. »Sonst wäre längst eine Kompanie Gendarmen hier. Also haben sie nicht gesehen, wie der große Kahn beladen wurde, wir hatten ja fast eine Stunde mit dem aus Sormowo zu tun. Folgendes, Drossel: Den Sormowoer können wir opfern. Retten Sie den großen Kahn. Verschwinden Sie und kommen Sie morgen wieder her. Gehen Sie, gehen Sie. Ich lenke die Polizisten ab.«
    Er nahm dem Sozialrevolutionär die Rolle mit der roten Zündschnur ab, steckte sie in die Tasche und lief im Zickzack hinaus.
     
    Die schwarzen Silhouetten auf dem Lastkahn waren spurlos verschwunden, ebenso die roten Lichter. Statt dessen zuckten über der Bordwand im nächsten Augenblick weiße Mündungsfeuer.
    Vom Lagerhaus lief hakenschlagend eine weitere Gestalt zum Schiff – Fandorin verfolgte sie besonders aufmerksam.
    Anfangs pfiffen die Kugeln weit über ihre Köpfe hinweg, dannhatten die Männer sich eingeschossen. Funkensprühend und mit scheußlichem Pfeifen prallte das Blei von den Schienen ab.
    »Herr, mein Tod ist gekommen!« rief Smurow, der immer wieder hinter den Schienenstapel tauchte.
    Fandorin wandte kein Auge vom Lastkahn, jeden Augenblick bereit zu schießen, sobald jemand versuchte, in den Schlepper zu klettern.
    »Fürchten Sie sich nicht«, sagte Fandorin. »Warum Angst davor haben? So viele Menschen sind schon im Jenseits und warten auf uns. Sie werden uns herzlich aufnehmen. Und was für Menschen dort sind, k-kein Vergleich zu denen, die heute leben.«
    Erstaunlicherweise wirkte dieses Argument.
    Der Agent richtete sich auf.
    »Wartet Napoleon auch dort?«
    »Napoleon auch. Sie mögen Napoleon?« murmelte Fandorin zerstreut, das linke Auge zusammengekniffen. Einer der Männer an Bord, offensichtlich schlauer als die anderen, wollte vom Kahn zum Schlepper. Fandorin schoß auf die Wand – direkt vor die Nase des Vorwitzigen. Der tauchte zurück hinter die Bordwand.
    »Passen Sie auf, schlafen Sie nicht«, sagte Fandorin zu seinem Partner. »Jetzt haben sie begriffen, daß sie weg müssen, gleich werden sie alle rüberwollen. Wir müssen sie daran hindern, ihnen den Weg abschneiden.«
    Smurow antwortete nicht.
    Fandorin blickte kurz zu ihm hinüber und fluchte.
    Der Agent lag mit der Wange auf den Schienen, sein Haar war naß von Blut, die offenen Augen starrten zur Seite. Er war tot.
    Ob er wohl Napoleon trifft, dachte Fandorin, dem im Moment nicht nach Sentiments zumute war.
    »Genosse Steuermann, ins Steuerhaus!« rief eine klangvolle Stimme auf dem Lastkahn. »Beeilung!«
    Die Gestalt, die sich am Bug versteckt hatte, versuchte erneut,auf den Schlepper zu gelangen. Mit einem schweren Seufzer schoß Fandorin auf ihn – der Körper fiel platschend ins Wasser.
    Gleich darauf versuchte es der nächste,

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