Diamantene Kutsche
bei dir aus?«
»Einen hat’s erwischt, Euer Wohlgeboren!« tönte es vom anderen Ufer.
An diesem Ufer waren zwei Männer getroffen worden, aber nicht schlimm.
Während die Verwundeten versorgt wurden, ging Fandorin zurückzur Brücke, wo er vorhin ein Bahnwärterhäuschen gesehen hatte.
Mit einem Boot fuhr er zum Ort der Explosion. Der Bahnwärter ruderte, Fandorin stand am Bug und schaute auf die Trümmer und Ölflecke, mit denen die gesamte Wasseroberfläche bedeckt war.
»Erlauben Sie, daß ich mitkomme?« hatte Brjanzew gebeten. Bereits im Boot, fragte er: »Wonach schauen Sie? Die Herren Revolutionäre sind auf dem Grund, das ist klar. Nachher kommen Taucher und bergen die Leichen. Und die Fracht – was davon noch auffindbar ist.«
»Ist es hier tief?« fragte Fandorin den Ruderer.
»Zu dieser Jahreszeit an die zwei Sashen. Stellenweise sogar drei. Im Sommer, wenn die Sonne brennt, ist es flacher, aber jetzt ist es noch ziemlich tief.«
Das Boot schwamm stromab. Fandorin blickte unverwandt aufs Wasser.
»Der Mann, der das Dynamit geworfen hat, war ein ganz Verwegener«, sagte Brjanzew. »Aber der Rettungsring hat ihm auch nichts genützt. Sehen Sie, da schwimmt er.«
Tatsächlich, vor ihnen tanzte der rotweiße Korkring auf den Wellen.
»Rudere mal d-dorthin!«
»Was wollen Sie damit?« fragte der Oberleutnant, als Fandorin nach dem Rettungsring langte.
Fandorin würdigte den gesprächigen Offizier keiner Antwort. Statt dessen murmelte er: »Aha, da bist du also, mein Guter.«
Er zog den Ring aus dem Wasser. An seiner Innenseite war ein roter Gummischlauch befestigt.
»Ein altbekannter Trick«, sagte Fandorin spöttisch. »Nur, daß man im Altertum Bambus benutzte statt einer Gummischnur mit rausgerissenem Kern.«
»Was ist denn das für ein Klistierschlauch? Was für ein Trick?«
»Das nennt man Schnorcheln. Aber ich zeige Ihnen gleich einen noch interessanteren Trick. Stoppen wir mal die Zeit.« Und Fandorin preßte den Schlauch mit den Fingern zu.
Eine Minute verging, eine zweite.
Der Oberleutnant sah Fandorin mit wachsender Verständnislosigkeit an, Fandorin schaute abwechselnd aufs Wasser und auf seine Uhr.
»Phänomenal!« Er schüttelte den Kopf. »Sogar für …«
Als die dritte Minute zur Hälfte um war, tauchte rund fünfzehn Sashen vom Boot entfernt ein Kopf aus dem Wasser.
»Los, hin!« rief Fandorin. »Jetzt haben wir ihn! Wenn er nicht untergegangen ist, haben wir ihn jetzt!«
Und natürlich nahmen sie ihn fest – es gab keinen Fluchtweg mehr für den schlauen Akrobaten. Übrigens leistete er auch keinerlei Widerstand. Als die Gendarmen ihm die Hände fesselten, saß er mit abwesender Miene und geschlossenen Augen im Boot. Von seinen nassen Haaren troff schmutziges Wasser, an seinem Hemd klebte grüner Schlick.
»Sie sind ein starker Spieler, aber Sie haben verloren«, sagte Fandorin auf Japanisch.
Der Verhaftete öffnete die Augen und sah Fandorin lange an. Es war nicht zu erkennen, ob er ihn verstanden hatte.
Da beugte sich Fandorin vor und sagte ein seltsames Wort: »Tamba.«
»Tja«, bemerkte der Akrobat gleichgültig, und das war das einzige, was er sagte.
Er schwieg auch im Garnisonsgefängnis Krutizkaja, wohin er nach seiner Festnahme gebracht wurde.
Zum Verhör kam die gesamte Obrigkeit angereist – aus der Gendarmerie, vom Militärgericht, von der Geheimpolizei, aber weder durch Drohungen noch durch Versprechungen war Rybnikow auchnur ein Wort zu entlocken. Nachdem man ihn gründlich durchsucht und in Häftlingskleider gesteckt hatte, saß er reglos da. Die Generale sah er nicht an, hin und wieder warf er einen Blick auf Fandorin, der sich nicht am Verhör beteiligte und sich überhaupt abseits hielt.
Die Obrigkeit quälte sich einen ganzen Tag bis zum Abend mit dem Gefangenen ab und ließ ihn dann in seine Zelle bringen.
Es war eine Spezialzelle für gefährliche Schwerverbrecher. Für Rybnikow hatte man zudem zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen: Bett und Hocker waren durch eine Matte ersetzt, der Tisch hinausgetragen und die Petroleumlampe entfernt worden.
»Wir kennen die Japaner, haben genug darüber gelesen«, sagte der Kommandant zu Fandorin. »Er schlägt sich an einer Kante den Schädel ein, und wir müssen dafür geradestehen. Oder er übergießt sich mit Petroleum. Soll er lieber bei Kerzenlicht sitzen.«
»Wenn ein solcher Mann sterben will, kann man ihn nicht daran hindern.«
»Und ob man das kann. Ich hatte vor einem Monat
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