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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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himmlischen Gefilden lächelte nur verträumt.
    Die weißen Stirnbinden wichen zum Tresen zurück und verloren immer mehr Kämpfer. Der eine lag mit zertrümmertem Schädel da, der nächste umklammerte stöhnend seinen gebrochenen Arm. Doch auch die Angreifer erlitten Verluste. Der Meister des raffinierten Doppelstocks stürzte mit der Brust in eine Klinge. DerKettenträger fiel, von zwei Seiten zugleich durchbohrt. Der rundgesichtige Springer lebte noch, war aber mit einem Dolchgriff heftig an der Schläfe getroffen worden, saß auf dem Boden und wiegte stumpfsinnig den halb kahlgeschorenen Kopf.
    Dafür war der Bucklige von seinen beiden gefährlichsten Gegnern in die Ecke gedrängt worden – dem tätowierten Riesen und dem höckernasigen Schnauzbart.
    Der Wirt stemmte seinen Buckel gegen den Tresen und war mit einer unglaublich geschickten Rückwärtsrolle im Nu auf der anderen Seite. Aber das würde ihn wohl kaum retten.
    Der Anführer der Angreifer trat einen Schritt vor und ließ seine Waffe in Achten durch die Luft sausen, wobei er sie nur mit den Fingerspitzen berührte.
    Der Bucklige hob die Hand. Darin blitzte ein Revolver mit sechs
    Schuß.
    »Das wurde aber Zeit«, sagte Fandorin zu seinem Begleiter. »Das hätte ihm schon f-früher einfallen können.«
    Das Gesicht des schnauzbärtigen Banditen spiegelte ungeheures Erstaunen, als hätte er noch nie eine Handfeuerwaffe gesehen. Er riß die Hand mit dem Bambusstock hoch, doch der Schuß kam ihm zuvor. Die Kugel traf den Banditen ins Nasenbein und warf ihn zu Boden. Aus dem schwarzen Loch sickerte langsam, beinahe widerwillig Blut. Das Gesicht des Toten erstarrte in einer Grimasse der Erschütterung.
    Auch der zweite Angreifer war verblüfft. Seine wulstige Unterlippe hing herab, die vor Fett fast zugequollenen Augen zwinkerten heftig.
    Der Bucklige rief einen Befehl. Einer der Aufpasser erhob sich schwankend vom Boden. Nach ihm ein zweiter, ein dritter, ein vierter.
    Sie packten die Arme des Riesen, doch der zuckte nur leicht, beinahe lässig mit den Schultern, und die Männer mit den weißenStirnbändern flogen zur Seite. Da schoß der Wirt dem Hünen seelenruhig die restlichen fünf Kugeln in die Brust. Der Getroffene zuckte nur, als die Kugeln in seinen mächtigen Leib eindrangen. Eingehüllt in Pulverqualm, schwankte er eine Weile, dann sank er auf die Bastmatten.
    »Mindestens ein halbes D-dutzend Leichen«, resümierte Fandorin das Ergebnis der Schlacht. »Wir müssen die P-polizei rufen.«
    »Wir müssen so schnell wie möglich weg«, widersprach Shirota. »Eine entsetzliche Inzidenz! Der russische Vizekonsul am Ort eines Banditengefechts. Ach, was für ein niederträchtiger Mensch, dieser Semushi!«
    »Wieso?« fragte Fandorin erstaunt. »Er hat schließlich sein Leben und sein Lokal verteidigt. Sie hätten ihn sonst getötet.«
    »Sie verstehen nicht! Ein echter Yakuza benutzt keine Schußwaffe! Sie töten einander nur mit Hieb- und Stichwaffen oder mit bloßen Händen! Was für eine Schande! Was wird nur aus Japan! Nun kommen Sie doch!«
    Durch die Schießerei war Mademoiselle Blagolepowa wieder zu sich gekommen und hatte sich mit angezogenen Beinen aufgesetzt. Der Schreiber half ihr aufstehen und zog sie zum Ausgang.
    Fandorin ging hinterher, schaute sich aber immer wieder um. Die Aufpasser schleppten die Toten hinter den Tresen und brachten die Verwundeten fort. Dem betäubten Kurzbeinigen hatten sie die Arme auf dem Rücken verdreht und gossen ihm einen Krug Wasser über den Kopf.
    »Was ist denn?« rief Shirota von der Tür her. »Beeilen Sie sich!«
    Aber Fandorin dachte nicht daran, im Gegenteil, er blieb stehen.
    »Warten Sie d-draußen auf mich. Ich hole mir nur meinen G-Gewinn.«
    Doch er ging keineswegs zu dem Tisch, auf dem die blutbespritzten Silbermünzen lagen, sondern zum Tresen, wo der Wirt stand und wohin der gefangene Yakuza geschleift wurde.
    Der Bucklige stellte dem Gefangenen eine Frage. Anstatt zu antworten, versuchte der Kurzbeinige, ihn in den Bauch zu treten, doch der Tritt war schlaff und unpräzise – offenbar war der Gefangene noch nicht ganz zu sich gekommen. Der Wirt zischte böse und trat auf den kleinen Stämmigen ein – in den Bauch, gegen die Knie, gegen die Waden.
    Der Kurzbeinige gab keinen Laut von sich.
    Der Bucklige wischte sich den Schweiß von der Stirn und stellte ihm erneut eine Frage.
    »Er will wissen, ob außer ihm noch jemand von der Chobei-gumi übrig ist«, flüsterte jemand Fandorin ins

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