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Diamantene Kutsche

Diamantene Kutsche

Titel: Diamantene Kutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Ohr.
    Es war Shirota. Er hatte Mademoiselle Blagolepowa hinausgebracht und war zurückgekommen – ein pflichtbewußter Mann.
    »Ob wo noch jemand übrig ist?«
    »In der Bande. Aber das wird der Yakuza natürlich nicht verraten. Sie werden ihn gleich töten. Kommen Sie hier weg. Bald wird die Polizei da sein, sie wurde bestimmt schon alarmiert.«
    Drei Männer mit weißen Stirnbändern schleiften ächzend den toten Recken über den Boden. Die gewaltigen Arme hingen kraftlos herab. An beiden kleinen Fingern fehlte das letzte Glied.
    Das Dienstmädchen schüttete geschäftig ein weißes Pulver auf die Bastmatten, verrieb es mit einem Lappen, und augenblicklich verschwanden die roten Flecke.
    Inzwischen hatte der Wirt dem Gefangenen einen dünnen Strick um den Hals gelegt und zog den Knoten immer enger. Als das Gesicht des Yakuza krebsrot war, stellte er ihm noch einmal dieselbe Frage.
    Der Kurzbeinige unternahm einen erneuten Versuch, seinen Peiniger zu treten – auch diesmal erfolglos.
    Da entschied der Bucklige offenbar, daß es keinen Zweck hatte, Zeit zu vergeuden. Er verzog das platte Gesicht zu einem grausamen Lächeln, und seine Rechte wickelte das Ende des Strickslangsam um das linke Handgelenk. Der Gefangene krächzte, seine Lippen schnappten hilflos nach Luft, die Augen quollen hervor.
    »Los, übersetzen Sie!« befahl Fandorin dem Schreiber. »Ich bin ein Vertreter der konsularischen Macht der Stadt Yokohama, die unter dem Protektorat der Großmächte steht. Ich verlange die sofortige Einstellung der Selbstjustiz.«
    Shirotas Übersetzung geriet wesentlich länger als das Gesagte, und zum Schluß tat er folgendes: Er holte zwei kleine Flaggen aus der Tasche, eine russische und eine japanische (die gleichen, die Fandorin bei ihm auf dem Tisch gesehen hatte) und vollführte damit eine sonderbare Manipulation – er hielt die dreifarbige Flagge ganz hoch, die rotweiße dagegen gesenkt.
    Erstaunlich, aber die Rede des Schreibers und sein wunderliches Gestikulieren wirkten. Der Wirt murmelte wütend etwas vor sich hin, lockerte jedoch die Schlinge.
    »Was haben Sie da gemacht?« fragte der Vizekonsul verständnislos.
    »Ich habe Ihre Worte übersetzt und von mir aus hinzugefügt, daß er, wenn er den Banditen tötet, auch Sie töten muß, und dann würde unser Kaiser den russischen Herrscher um Verzeihung bitten müssen, und das wäre eine schreckliche Schande für Japan.«
    Fandorin war verblüfft, daß eine derartige Argumentation den Inhaber einer Räuberspelunke beeindruckte. Offenkundig waren die japanischen Banditen doch anders als die russischen.
    »Und die Flaggen? Tragen Sie die etwa immer bei sich?«
    Shirota nickte triumphierend.
    »Ich muß mir immer bewußt sein, daß ich Rußland diene, bleibe dabei aber japanischer Untertan. Und dann – sie sind so schön!«
    Er verbeugte sich respektvoll erst vor der russischen, dann vor der japanischen Flagge.
    Nach kurzem Überlegen wiederholte Fandorin seine Geste, begann aber mit der Fahne des Landes der Aufgehenden Sonne.
    Inzwischen herrschte im Saal eine rätselhafte Geschäftigkeit. Dem gefangenen Yakuza war die Schlinge abgenommen worden, nun lag er auf dem Boden, und vier Wächter saßen auf seinen Armen und Beinen. Das Grinsen des Buckligen ließ vermuten, daß er eine neue Gemeinheit vorhatte.
    Zwei Diener kamen herbeigelaufen – der eine hielt ein seltsam aussehendes Eisending in der Hand, der andere eine bronzene Schale mit Tusche oder Tinte.
    Der Kurzbeinige wand sich, zuckte und heulte klagend. Fandorin war erstaunt – noch eben, im Angesicht des unvermeidlichen Todes, war er doch so furchtlos gewesen!
    »Was ist los? Was haben sie mit ihm vor? Sagen Sie ihnen, ich erlaube nicht, daß man ihn foltert!«
    »Sie werden ihn nicht foltern«, sagte der Schreiber düster. »Der Wirt will ihm etwas auf die Stirn tätowieren – die Hieroglyphe ›Ura‹. Das bedeutet ›Verräter‹. So brandmarken die Yakuza diejenigen, die das schlimmste aller Verbrechen begangen haben, nämlich ihre Kameraden verraten, und die deshalb des Todes unwürdig sind. Mit einem solchen Mal zu leben ist unmöglich, und töten kann man sich auch nicht, denn der Leichnam würde auf dem Schindanger verscharrt. Was für eine furchtbare Niedertracht! Nein, Japan ist nicht mehr, was es einmal war. Die ehrlichen Räuber früherer Zeiten hätten eine solche Boshaftigkeit nie begangen!«
    »Dann müssen wir das verhindern!« rief Fandorin.
    »Semushi wird nicht nachgeben, sonst

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