Diamantenraub
verbringen. »Ich möchte nie mehr fort von hier«, sagte sie leise, »stell dir vor, wie lange wir voneinander getrennt sein werden! Bis zu den Osterferien sind es wieder viele Monate.«
»Da übertreibst du aber. Wichtig ist, dass du jetzt hier bist, dass ich dich noch zwei Wochen bei mir habe. Das bisschen Lateinlernen kann uns da doch nichts anhaben! Erst wenn du wirklich abreisen musst, dürfen wir traurig sein.«
Doch Pat ließ sich nicht trösten. Eigentlich neigte sie nicht dazu, länger über eine Sache nachzugrübeln. Doch jetzt, da ihr bewusst wurde, dass der Abschied immer näher rückte, fühlte sie sich sehr unglücklich. Es liegt einzig und allein an Tom, überlegte sie, früher dachte ich immer, solange Toby und Fairytale bei mir sind, wäre alles in Ordnung. Sie schniefte ungeniert und setzte dann ein zaghaftes Lächeln auf. »Du hast recht«, sagte sie, »vierzehn Tage sind noch eine lange Zeit, ich bin so froh, bei dir zu sein.«
Tom nahm sie in die Arme. »Und ich bin froh, dich hier bei mir zu haben.«
In dem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Angie, Diane und Chris stürmten herein. Sie ließen sich auf das Bett plumpsen. »Stören wir etwa?«, sprudelte Angie los. »Jetzt ist keine Zeit für Zärtlichkeiten! Wir müssen euch etwas Aufregendes erzählen. Gestern Nacht hat irgendjemand unser Zimmer durchwühlt. Sämtliche Kleider lagen über den Boden verstreut, und das Verrückte an der Sache ist: Nichts fehlt!«
»Sogar die Portemonnaies waren noch da«, fügte Diane hinzu, »bis um halb drei Uhr früh waren wir mit Aufräumen beschäftigt.«
Tom zog die Augenbrauen in die Höhe. »Das ist in der Tat erstaunlich. Zumindest wissen wir jetzt, was die Person, die gestern Nacht aus eurem Zimmer gelaufen ist, dort gemacht hat. Vielleicht war es Kathrin, die ein zweites Mal zugeschlagen hat.«
»Aber warum sollte sie das tun?«, überlegte Chris. »Wenn sie wirklich auf Pat eifersüchtig ist, dann muss sie sich nicht an Angie und Diane rächen.«
»... und an sich selbst«, sagte Diane, »ihr vergesst, dass auch ihre Sachen nicht verschont geblieben sind. Obwohl wir die Mühe hatten, sie wegzuräumen.«
Alle schwiegen ratlos.
»Ich hab's!«, rief Chris plötzlich und sprang auf. »Ich sage euch, es war doch Kathrin! Die Sache mit Fairytale ist nicht aus Eifersucht, sondern aus reiner Berechnung geschehen. Sie wollte uns damit ablenken und in den Stall locken. Niemand anderes als Kathrin kennt uns so gut, dass er wissen könnte, dass wir alles gemeinsam tun. Für sie war es selbstverständlich, dass wir Pat beim Wachehalten begleiten würden.«
»Was wir ja auch ganz brav getan haben«, ergänzte Angie. »Trotzdem: Die ganze Eulenburg weiß, wie eng wir aneinanderhängen.«
»Na und? Glaubst du etwa, einer unserer Kameraden hätte irgendein Interesse daran, die Schränke zu durchsuchen? Niemandem wäre das zuzutrauen, außer Kathrin. Oder eben einer außenstehenden Person. Doch die wüsste wiederum nicht so gut über uns Bescheid!«
»Ich finde, dein Verdacht steht auf äußerst wackligen Beinen«, schaltete sich Tom ein. »Trotzdem sollten wir Kathrin im Auge behalten. Wenn sie es wirklich war, dann sucht sie etwas, das ziemlich wichtig für sie ist. Gemessen an ihrer sonstigen Trägheit betreibt sie einen relativ großen Aufwand.«
Pat erhob sich feierlich. »So wahr ich hier stehe«, sagte sie, »ein zweites Mal fallen wir nicht auf solche Ablenkungsmanöver herein. Was auch immer das alles zu bedeuten hat, wir werden das Rätsel Lösen.«
Kathrin lag in ihrem Bett und starrte an die Decke. Die Tage in der Krankenstation waren öde, und bis auf Erna, die jeden Tag pflichtbewusst ihren Besuch abstattete, ließ sich keiner blicken. Nach einer anfänglich ziemlich starken Halsentzündung und einer Erkältung ging es Kathrin inzwischen wesentlich besser. Sie verstand nicht, warum sie noch immer hier festgehalten wurde. Doch Schwester Elfriede war unerbittlich. »Du musst dich vollständig auskurieren«, hatte sie gesagt und dabei so streng ausgesehen, dass Kathrin sich nicht zu widersprechen getraute. So blieb ihr nichts anderes übrig, als auszuharren und sich zu langweilen. Da sie nicht gerne las, lag sie meistens auf dem Rücken, die Decke bis an die Ohren hinaufgezogen, und grübelte. Sie fühlte sich von aller Welt verlassen und ungeliebt. Nicht nur ihre Eltern, auch Tom und Pat, das neue Traumpaar der Eulenburg, ließen Wut und Ärger in ihr hochkommen. In ihrer Fantasie malte
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