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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Verbindung her. Erwartungsgemäß meldete sich nur die Mailbox,
dennoch täuschte er ein Gespräch vor, in dessen Verlauf er die Frau in seinem
Leben für den späteren Abend ins Mamma Maria bat. Ihm sei dringend danach,
wieder einmal mit ihr zu sprechen. Besonders nach so einem durchwachsenen Tag.
    Anschließend wandte sich Palinski wieder seiner Gastgeberin
zu: »Nachdem Ihr Mann und der Tote befreundet waren, werden Sie Herrn Lesonic
ja sicher ganz gut gekannt haben. Oder? Was für ein Mensch war er eigentlich?
Ich meine, abgesehen davon, dass er ein Nikotinsüchtiger, ein Kettenraucher
war, dessen auch nur entfernte Gegenwart man einen Kilometer gegen den Wind
riechen konnte.«
    »Na, am Anfang war der Karl kein schlechter Mensch«,
versicherte Frau Wurminzer. »Im Gegenteil, er hat mir nach dem Tod vom Fritzi
sehr geholfen. Ja, ich hätt ihn sogar genommen, so nach zwei, drei
Trauerjahren. Aber er hat immer mehr tschickt und wollt nicht und nicht
aufhören. Und das hab ich net ausghalten. Weder den Gstanken noch die Angst,
dass mir der zweite Mann auch noch stirbt.« Sie schüttelte den Kopf. »Was ich
auf den alten Trottel eingeredet hab wie auf eine kranke Kuh. Aber nein, er hat
tschicken müssen wie ein Einser. Das hat uns schließlich wieder
auseinandergebracht.«
    Fast hatte es den Anschein, als ob diese Entwicklung der
alten Frau heute noch ein wenig leidtat.
    »Aber dann habn mich meine Hunderln so in Anspruch gnommen,
dass ich mit einem Mann eh nix mehr hätt anfangen können.« Wieder kraulte sie
Drafi, diesmal den Bauch des sich wohlig am Boden rekelnden Hundes.
    Palinski gingen langsam die Fragen aus. Nachdem
noch keinerlei Ergebnisse der Spurensicherung vorlagen, ebenso wenig
Verdachtsmomente oder Hinweise auf Täter, Tathergang und Motive, gab es zudem
kaum Anhaltspunkte, was er diese reizende alte Dame noch fragen sollte.
    Ach ja, das eine vielleicht: »Haben Sie irgendeine Idee, wie
es zum Tod Lesonics gekommen sein kann?«
    »Ich glaub, dass er sich selber umbracht hat. Weil was der
immer zusammengehustet hat, muss seine Lunge schon total hin gwesn sein«,
meinte Frau Wurminzer nach kurzem Nachdenken.
    »Aber die Kopfwunde, durch die umgestürzte Standuhr, die
passt eigentlich gar nicht zu Ihrer Theorie«, warf Palinski ein.
    »Aber geh«, die Frau machte eine wegwerfende Handbewegung,
»der Karl war derart boshaft, ein richtiger Bosnigl [5] .
Der hat das selbst so arrangiert, dass es wie ein Mord ausschaut. Nur um
irgendjemandem eins auszuwischen und alle andern zum Narren zu halten. So war
der Karl nun einmal. Für einen guten Gag hätt er sich die Uhr auch selbst am
Schädel fallen lassen. So ein Gfrast [6] war
er, der Karl.«
    Heftig nickte sie mit dem Kopf und ihr Kichern klang boshaft.
»Sie werden sehn, dass ich recht hab. Sie werden es noch sehn.«
    Auf dem Weg zurück ins Büro stellte Palinski zu seinem größten
Erstaunen fest, dass er sich die letzte halbe Stunde ausgesprochen wohl gefühlt
hatte. Die alte Dame hatte ihn mit ihrer betulichen Fürsorge irgendwie an seine
Omi erinnert. Die Mutter seiner Mutter, die er ganz besonders geliebt hatte.
    Ihm fiel die Urne mit Pippis Asche wieder ein. Das war schon
seltsam, einmal, das Tier verbrennen zu lassen, und zweitens, sich die Asche
ins Wohnzimmer zu stellen. Omi Wurminzer musste diesen Hund abgöttisch geliebt
haben.
    Was war da noch gewesen? Ach ja, dieser seltsame Brief. Der
hatte beim ersten Hinsehen ausgesehen wie ein Angebot. Oder eine Rechnung? Das
Offert einer Firma, die irgendetwas mit Edelsteinen zu tun haben musste. Aber
was?
    Na, wie auch immer, mit dem Tod Karl Lesonics hatte das
ohnehin nichts zu tun.

     
    *

     
    Die Meldung vom verschwundenen Leichnam des
Herrn Kammersänger wurde das erste Mal um 19 Uhr über Rundfunk und
Fernsehen ausgestrahlt und löste im ganzen Land höchst unterschiedliche
Reaktionen aus.
    Da waren auf der einen Seite die Opernfans, für die das
Verschwinden der sterblichen Hülle ihres Idols an Blasphemie grenzte und aus
deren aufkommenden Zurufen immer häufiger das Wort Schande zu vernehmen war.
    Für die gläubigen Katholiken war allein die Vorstellung der
Situation in der Aufbahrungshalle derart krank, dass sie die Inszenierung für
schieres Teufelswerk hielten.
    Nicht zuletzt war da eine gar nicht so kleine Gruppe von
Menschen, denen nichts heilig war, die sich schamlos über alle Konventionen
hinwegsetzten und sich über alles und jedes lustig machten.
    Jetzt eben und ganz besonders über

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