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Diamantenschmaus

Diamantenschmaus

Titel: Diamantenschmaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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selbst aus dem Verkehr zu ziehen«, herrschte der
Inspektor die Brandl an. »Mord bleibt Mord, egal wie moralisch minderwertig das
Opfer gewesen sein mag. Oder glauben Sie allen Ernstes, mit Selbstjustiz
durchzukommen?«
    »Ein letztes Mal, ich habe Karl Lesonic nicht angerührt.«
Helene Brandl starrte den Inspektor wütend an. »Auch wenn es mir um diesen Mann
nicht leidtut, ich habe mit seinem gewaltsamen Tod nichts zu tun.«
    »Der Brief hier«, Heidenreich deutete auf das vor ihm
liegende Schreiben, »sagt etwas anderes aus. Da steht eine astreine Morddrohung
drinnen.«
    »Was für ein Brief?«, erwiderte die Brandl völlig
überrascht. »Ich habe nie einen Brief geschrieben, der als Morddrohung
verstanden werden könnte. Falls Ihnen so etwas vorliegt, kann es sich nur um
eine Fälschung handeln.«
    Heidenreich schob der Frau eine Kopie des Schriftstückes hin.
    Helene Brandl nahm das Blatt ohne zu zögern mit zwei spitzen
Fingern auf, ganz so, als ob sie eine Pinzette verwendete. Die Körpersprache
der Frau war eindeutig, sie empfand diesen Wisch als ärgerliche Belästigung,
ganz offensichtlich jedoch nicht als Gefahr.
    »Das ist ein Entwurf, den ich vor«, sie überlegte, »sieben,
vielleicht acht Jahren angefertigt habe. Ich war damals nach Bekanntwerden
neuer Schweinereien von Lesonic extrem böse auf ihn. Aber ich habe diesen
Entwurf nie abgeschickt und erst recht nicht«, sie schaute wieder auf das
Blatt, »am 4. Januar dieses Jahres. Das Datum muss jemand nachträglich
eingefügt haben.«
    »Sie geben demnach zu, dass dieser Brief«, Heidenreich
korrigierte sich, »ich meine, dieser Schrieb von Ihnen stammt, bestreiten
allerdings, das Datum notiert und den Wisch je abgeschickt zu haben. Wenn Sie
das jetzt noch beweisen könnten«, er griente die Frau gönnerhaft an, was
allerdings eher herablassend wirkte, »wären Sie aus dem Schneider.«
    Helene Brandl lächelte breit zurück. In ihrem
Blick lag mindestens ebenso viel Herablassung, wie sie gerade verspürt zu haben
glaubte. »Doch, das kann ich, sehr geehrter Herr Inspektor Cleverly. Ich habe
mir vor mehr als vier Jahren den Zeige- und den Mittelfinger der rechten Hand
schwer verletzt. Seither kann ich die beiden Finger nicht mehr richtig beugen
und habe meine Fingerhaltung beim Schreiben verändern müssen. Daher sieht meine
Handschrift seit damals deutlich anders aus.« Sie sah dem Inspektor spöttisch
in die Augen. »Das wird Ihnen nicht nur mein Arzt, sondern auch jeder Grafologe
bestätigen.«
    Damit stand Helene Brandl auf: »Ich nehme an, das war’s dann
auch.«

     
    *
    Also, die Leberknödelsuppe, zu der ihn Frau
Wurminzer im Anschluss an die drei Stück Mohnstrudel überredet hatte, war
wirklich sensationell. Palinski ging mit diesem Prädikat üblicherweise nicht
gerade großzügig um, aber Geschmack und Konsistenz der beiden etwa
pingpongballgroßen Knöderln waren einfach, na eben sensationell.
    Es gab bekanntermaßen zwei grundsätzliche Arten von
Leberknöderln.
    Da war einmal die bayerische Variante: Zart
flaumig, weil mit eingeweichter Semmel versetzt, und mit nur relativ dezentem
Lebergeschmack traten die stattlichen Trümmer, gegart oder gebacken, meist als
Einzelschicksale im Teller mit der köstlichen Rindsuppe in Erscheinung.
    Dann die andere Version, diejenige, die auch Frau
Wurminzer zu bevorzugen schien. Palinski wusste nicht, wie sie sich nannte, er
bezeichnete sie als ›nach Wiener Art‹. Kleiner als ihre Kollegen aus Bayern und
deutlich fester in ihrer Konsistenz, schmeckten sie in aller Regel viel
kräftiger nach dem, das man aufgrund ihres Namens erwarten durfte. Ihrer Natur
nach geselliger als die bayerische, trat die Wiener Variante des Leberknödels
in der Regel paarweise auf.
    Hermine Wurminzer lächelte ihren hingebungsvoll
löffelnden Gast glücklich an. Das Leben konnte durchaus schön sein, dachte sie.
Es brauchte lediglich einen Menschen, der ihre Kochkünste zu schätzen wusste.
Wie hieß es bereits in der Bibel? Verwöhnst du auch nur einen einzigen Mann, so
verwöhnst du die ganze Menschheit, oder so ähnlich.
    »Und der Berm…«, Palinski hatte Mühe, mit vollem
Mund den Namen von Frau Wurminzers Enkel richtig auszusprechen, und schluckte
daher erst einmal hinunter, »der Bernie war vorgestern auch hier und kommt
meistens zwei, manchmal drei Mal in der Woche zu Ihnen?«
    »Ja, richtig«, bestätigte die alte Dame, »und die
Irmi kommt nur alle 14 Tage, wenn überhaupt. Aber das hat damit zu tun, dass
die

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