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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Geschichten von dieser Person erzählt hatte.
    Miss Braithwaite verstand ihren Job und begriff Nells Strategie sofort: Das Drehbuch erregte den Kunden nicht, wenn er nicht wirklich seine Willenskraft mit jemandem messen konnte, und diese Situation konnten sie nur herbeiführen, indem sie Napier zwangen, wirklich geheime Informationen preiszugeben. Und das tat er, Stück für Stück, mit Unterstützung durch Lotus' Bambusstab und Miss Braithwaites Stimme. Das meiste hatte etwas mit Truppenbewegungen und anderen Einzelheiten zu tun, die er wahrscheinlich für schrecklich interessant hielt. Nell nicht.
    »Kitzeln Sie mehr über Dr. X aus ihm heraus«, sagte sie. »Warum hat er einen Zusammenhang zwischen Dr. X und CryptNet vermutet?«
    Nach einigen Minuten mit Schlägen und strenger verbaler Massage war Oberst Napier bereit, endlich auszupacken. »Wichtige Operation von uns, schon seit vielen Jahren - Dr. X arbeitet mit einem hochrangigen Mitglied von CryptNet zusammen, dem Alchimisten. Sie arbeiten an etwas, das sie auf gar keinen Fall in die Hände bekommen dürfen.«
    »Wagen Sie nicht, mir etwas zu verheimlichen«, sagte Miss Braithwaite.
    Aber bevor sie ihm weitere Informationen über den Alchimisten entlocken konnte, wurde das gesamte Gebäude von einer gewaltigen Explosion erschüttert, so daß plötzlich überall feine Risse den alten Beton durchzogen. In der Stille, die danach herrschte, konnte Nell im ganzen Haus Frauen schreien hören sowie ein prasselndes, raschelndes Geräusch, als Staub und Sand zu einem Riß in der Decke hinauswehten. Dann hörte sie ein anderes Geräusch heraus: Männer brüllten
»Sha! Sha!«
    »Ich würde sagen, jemand hat gerade die Außenwand Ihres Hauses mit Sprengstoff zerstört«, sagte Oberst Napier vollkommen ruhig. »Wenn Sie so freundlich wären, das Szenario zu beenden und mich freizulassen, dann werde ich mich bei dem, was nun folgen mag, nützlich zu machen versuchen.«
    Was nun folgen mag.
Der Ruf bedeutete einfach »Töten! Töten!« Und war der Schlachtruf der Fäuste der Rechtschaffenen Harmonie.
    Vielleicht wollten sie Oberst Napier. Wahrscheinlich hatten sie dieses Haus aber nur als Ziel ihres Überfalls auserkoren, weil es als Hort barbarischer Dekadenz einen hohen Symbolwert hatte.
    Miss Braithwaite und Lotus hatten Oberst Napier bereits von seinen Fesseln befreit, und er zog seine Hose an. »Daß wir noch nicht alle tot sind, bedeutet, daß sie nicht auf nanotechnologische Methoden zurückgreifen«, sagte er in dozierendem Ton. »Daher darf man davon ausgehen, daß dieser Überfall von einer unterentwickelten Zelle hier aus der Gegend ausgeht. Die Angreifer glauben wahrscheinlich an die Doktrin der Fäuste, daß sie gegen Waffen aller Art immun sind. In so einer Situation kann es nie schaden, ihnen einmal die Wirklichkeit vor Augen zu führen.«
    Die Tür zu Napiers Zimmer wurde aufgerissen, hellbraune Holzsplitter sausten zischend über den Boden. Nell beobachtete Oberst Napier wie in einem alten Film, wie er einen lächerlich auf Hochglanz polierten Kavalleriesäbel aus der Scheide zog und dem angreifenden Kämpfer der Fäuste in die Brust stieß. Der erste fiel rückwärts gegen einen zweiten, was für vorübergehende Verwirrung sorgte; Napier nutzte diesen Vorteil und brachte seine Füße zielstrebig in eine etwas affektiert aussehende Haltung, reckte die Schulter, streckte gelassen den Arm aus, als würde er mit dem Säbel in einem dunklen Schrank herumstochern, drehte die Spitze unter dem Kinn des zweiten Angreifers und schlitzte ihm dabei die Kehle auf. Inzwischen war ein drittes Mitglied der Fäuste in das Zimmer eingedrungen; dieser Mann war mit einer langen Stange bewaffnet, an deren Ende er mit dem grauen Polymerband, das die Bauern anstelle von Seil benutzten, ein Messer befestigt hatte. Aber als er versuchte, mit der Waffe herumzuwirbeln, verfing sich das hintere Ende an dem Gestell, an das Napier noch vor wenigen Minuten gefesselt gewesen war. Napier kam vorsichtig nach vorne, achtete dabei aber darauf, wohin er trat, als wollte er kein Blut an seine Schuhe bekommen, parierte eine verspätete Attacke und durchbohrte die Kehle des Angreifers dreimal in rascher Folge.
    Jemand trat gegen die Tür von Nells Zimmer.
    »Ah«, seufzte Oberst Napier, als deutlich wurde, daß es keine Angreifer dieses Stoßtrupps mehr gab, »es ist wirklich ein außergewöhnlicher Zufall, daß ich meine Ausgehuniform mitgebracht habe, da Säbel normalerweise nicht zur

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