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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Traurigkeit erfüllte, als -«
    Sie zappte ihn wieder. »Ich will Ihre Traurigkeit nicht«, sagte sie. »Ich möchte, daß Sie die Wahrheit zugeben: daß Sie für seinen Tod verantwortlich sind.«
    Sie drückte wieder einen Knopf, worauf Oberst Napiers Körper schlaff wurde. Sie und eine Zofe zerrten ihn in einen Wäschekarren und fuhren ihn ins Erdgeschoß, wo sie ihn, nachdem sie eine Treppe hinuntergegangen waren, an einem Regal festbanden.
    Und da setzte das Problem ein. Als sie damit fertig waren, ihn zu fesseln, schlief er tief und fest.
    »Er hat es schon wieder gemacht«, sagte die Frau, die Miss Braithwaite spielte, und wandte sich an Nell und wen sie noch im Monitorraum vermutete. »Sechs Wochen lang geht das schon so.«
    Als Madame Ping Nell dieses Problem erklärt hatte, begriff Nell anfangs gar nicht, worin das Problem überhaupt bestand. Sollte der Mann doch schlafen, solange er kam und seine Rechnung bezahlte. Aber Madame Ping kannte ihre Kunden und befürchtete, daß Oberst Napier das Interesse verlieren und einem anderen Etablissement den Vorzug geben würde, wenn es ihnen nicht gelang, etwas Abwechslung in das Drehbuch zu bringen.
    »Die Kampfhandlungen waren ziemlich schlimm«, sagte die Schauspielerin. »Wahrscheinlich ist er erschöpft.«
    »Ich glaube nicht, daß es daran liegt«, sagte Nell. Sie hatte einen Audiokanal direkt ins Trommelfell der Frau geöffnet. »Ich halte es für eine persönliche Veränderung.«
    »Die ändern sich nie, Süße«, sagte die Schauspielerin. »Wenn sie auf den Geschmack gekommen sind, bleiben sie dabei.«
    »Ja, aber unterschiedliche Situationen könnten diese Gefühle in unterschiedlichen Lebensabschnitten auslösen«, sagte Nell. »Früher waren es Schuldgefühle, weil seine Soldaten starben. Jetzt hat er seinen Frieden gefunden. Er hat seine Schuld akzeptiert, und deswegen akzeptiert er auch seine Bestrafung. Es findet kein Messen der Willenskräfte mehr statt, weil er sich in sein Schicksal ergeben hat.«
    »Und was sollen wir tun?«
    »Wir müssen einen echten Kampf der Willenskräfte schaffen. Wir müssen ihn zwingen, etwas zu tun, das er wirklich tun will«, sagte Nell, die laut nachdachte. Was könnte das sein?
    »Wecken Sie ihn auf«, sagte Nell. »Sagen Sie ihm, daß Sie gelogen haben, als Sie sagten, dies wäre keine Mission von CryptNet. Sagen Sie ihm, daß Sie echte Informationen wollen. Militärische Geheimnisse.«
    Miss Braithwaite schickte die Zofe einen Eimer kaltes Wasser holen und schüttete ihn über Oberst Napiers Körper. Dann spielte sie die Rolle, wie Nell es vorgeschlagen hatte, und zwar gut; Madame Ping stellte nur Leute ein, die gut improvisieren konnten, und da die meisten gar keinen richtigen Sex mit den Kunden haben mußten, fand sie mühelos welche, die gut waren.
    Oberst Napier schien über den Wechsel des Drehbuchs überrascht zu sein, aber nicht unangenehm. »Wenn Sie glauben, daß ich Informationen preisgebe, für die noch mehr meiner Soldaten sterben müssen, dann befinden Sie sich leider im Irrtum«, sagte er. Aber seine Stimme klang ein wenig gelangweilt und enttäuscht, und die Biodaten, die von Nanositen in seinem Körper übermittelt wurden, zeigten nicht das volle Ausmaß sexueller Erregung, für das er höchstwahrscheinlich bezahlte. Sie erfüllten die Bedürfnisse ihres Kunden immer noch nicht.
    Über die Privatleitung zu Miss Braithwaite sagte Nell: »Er kapiert es immer noch nicht. Dies ist kein Drehbuch mehr. Es ist echt. Madame Pings Haus ist in Wahrheit ein Stützpunkt von CryptNet. Wir haben ihn jahrelang zu uns gelockt. Jetzt gehört er uns, und er wird uns Informationen geben, und zwar rückhaltlos, weil er unser Sklave ist.«
    Miss Braithwaite spielte die Szene nach Anweisung, schmückte die Dialoge dabei aber ein wenig aus. Nell, die die Biodaten im Auge behielt, konnte sehen, daß er jetzt genauso ängstlich und erregt war wie bei seinem ersten Besuch bei Madame Ping vor vielen Jahren (sie bewahrten die Unterlagen auf). Er fühlte sich wieder jung und lebendig.
    »Stehen Sie in Verbindung mit Dr. X?« fragte Oberst Napier.
    »Wir stellen die Fragen«, sagte Nell.
    »Ich stelle hier die Fragen. Lotus, gib ihm dafür zwanzig Schläge!« sagte Miss Braithwaite, worauf die Zofe Oberst Napier mit einem Stock bearbeitete.
    Der Rest der Sitzung ergab sich fast von selbst, was gut war für Nell, da Oberst Napiers Anspielung auf Dr. X sie verblüfft und Erinnerungen daran wachgerufen hatte, wie Harv vor vielen Jahren

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