Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
nicht eben viel Zeit darauf, über das Unabdingbare nachzugrübeln, wenn du verstehst, was ich meine, und in gewisser Weise war es lustig, zu sehen, wie sich alles fügen würde. Ich glaube, nach allgemeinem Dafürhalten würde Ankylosaurus der erste sein, der gehen mußte, aber Utah und ich hätten einander ohne zu zögern umgebracht.
    In gewisser Weise belauerten wir uns dort am Strand, Utahraptor und Ankylosaurus und ich in einem gleichschenkligen Dreieck, und Pteranodon flatterte über uns.
    Als wir uns einige Stunden belauert hatten, bemerkte ich aus den Augenwinkeln, daß sich das Ufer im Norden und Süden zu bewegen schien, als wäre es lebendig.
    Plötzlich hallte ringsum ein Donnern und Rauschen durch die Luft, und ich konnte nicht anders, ich mußte aufschauen, obwohl ich Utahraptor genauestens im Auge behielt. Die Welt war schon so lange Zeit so still und tot, daß uns jedes Geräusch und jede Bewegung erschreckte, und nun schien es, als wären Boden und Luft wieder in Bewegung geraten, wie in den alten Zeiten vor dem Kometen.
    Ein großer Schwarm klitzekleiner Pteranodons verursachte das Geräusch in der Luft, doch anstelle der glatten Reptilienhaut, waren ihre Flügel mit zu groß geratenen Schuppen besetzt, und anstelle der richtigen Münder hatten sie zahnlose Knochenschnäbel. Diese kläglichen Wesen - diese fliegenden Krümel - flatterten um Pteranodon herum, stießen ihm in die Augen, pickten nach seinen Flügeln, und er mußte alle Anstrengung aufbieten, um in der Luft zu bleiben.
    Wie schon gesagt, ich behielt wie immer Utahraptor im Auge, der sich zu meiner Überraschung plötzlich abwandte und mit einem blinden Eifer den Nordhang hinaufrannte, den man nur durch das Vorhandensein von Futter erklären konnte. Ich folgte ihm logischerweise, blieb aber gleich wieder stehen. Irgend etwas stimmte nicht. Der Boden des Nordhangs war von einem wogenden Teppich bedeckt, der um Utahraptors Füße herumwallte. Ich kniff meine Augen zusammen, mit denen ich, offen gesagt, nicht besonders gut sehen konnte, und stellte fest, daß der Teppich in Wahrheit aus Tausenden winziger Dinosaurier bestand, deren Schuppen sehr lang und schlank und zahlreich geworden waren - langer Rede kurzer Sinn, sie hatten Pelze. Ich hatte diese vierbeinigen Hors d'oevres die letzten Jahrmillionen unter Baumstämmen und Felsen gesehen, sie aber stets für eine besonders mißratene Mutation gehalten. Aber plötzlich gab es Tausende von ihnen, wohingegen nur noch vier Dinosaurier auf der ganzen Welt existierten. Und sie schienen zusammenzuarbeiten. Sie waren so winzig, daß Utahraptor sie unmöglich in sein Maul bekommen konnte, und wenn er auch nur einen Augenblick stillstand, wuselten sie über seine Beine und seinen Schwanz und knabberten an seinem Fleisch. Eine Spitzmausplage. Ich war so fassungslos, daß ich wie angewurzelt stehenblieb.
    Das war ein Fehler, denn sogleich spürte ich etwas wie Millionen winzige Stiche in meinen Beinen und meinem Schwanz. Ich drehte mich um und sah, daß der Südhang von Ameisen bedeckt war, Millionen an der Zahl, die offenbar beschlossen hatten, mich zu verspeisen. Derweil bellte Ankylosaurus und schwenkte vergeblich den Knorpelball an seinem Schwanz, denn die Ameisen schwärmten auch über seinen ganzen Körper aus.
    Nun, es dauerte nicht lange, und die Spitzmäuse und Ameisen und Vögel stürzten sich aufeinander und begannen, sich untereinander in Kämpfe zu verstricken, daher riefen sie an diesem Punkt einen Waffenstillstand aus. Der König der Vögel, der König der Spitzmäuse und die Ameisenkönigin versammelten sich auf einer Felsspitze, um sich zu beraten. Derweil ließen sie uns Dinosaurier in Ruhe, weil sie sahen, daß wir sowieso in der Falle saßen Die Situation erschien mir recht unfair zu sein, daher näherte ich mich der Felsspitze, wo diese Mikromonarchen verhandelten, mit einer Geschwindigkeit von einer Meile pro Minute und sprach: »Ho! Wollt ihr nicht auch den König der Reptilien dazubitten?«
    Sie sahen mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    »Reptilien sind überflüssig«, sagte der König der Spitzmäuse.
    »Reptilien sind nichts weiter als zurückgebliebene Vögel«, sagte der König der Vögel, »und daher bin ich dein König, recht schönen Dank auch.«
    »Es gibt nur null von euch«, sagte die Ameisenkönigin. In der Ameisenalgebra existieren nur zwei Zahlen: null, was alles unter einer Million bedeutet, und einige. »Du kannst nicht mit uns zusammenarbeiten,

Weitere Kostenlose Bücher