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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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verlorengegangene Exemplar des Buches gefunden hat.«
    »Gut«, sagte Dr. X. »Ich gehe davon aus, daß ich von ihm hören werde.«
     

Hackworths Dilemma;
eine unerwartete Rückkehr in die Behausung von Dr. X;
bis dato unbekannte Flügel des Anwesens von Dr. X;
ein Verbrecher wird der Gerechtigkeit übergeben.
    Hackworth hatte genügend Zeit, noch einmal über die Logik der Angelegenheit nachzudenken, während er im Vorzimmer der Behausung von Dr. X darauf wartete, daß der alte Mann eine, wie es sich anhörte, Zwölfkanal-Cine-Konferenz beendete. Bei seinem ersten Besuch hier war er zu nervös gewesen, um überhaupt etwas zu sehen, aber heute saß er entspannt in dem brüchigen Ledersessel in der Ecke, verlangte Tee von einem Bediensteten und blätterte in den Büchern von Dr. X. Er empfand es als Erleichterung, daß er nichts zu verlieren hatte.
    Seit dem zutiefst beunruhigenden Besuch von Chang war Hackworth am Ende seiner Weisheit. Er hatte die ganze Sache durch und durch vermasselt. Früher oder später würde sein Verbrechen ans Licht kommen und seine Familie entehrt werden, ob er Chang nun Geld gab oder nicht. Selbst wenn es ihm irgendwie gelingen sollte, die Fibel zurückzubekommen, wäre sein Leben ruiniert.
    Als man ihm die Nachricht überbrachte, daß Dr. X den Wettlauf nach der verschwundenen Fibel gewonnen hatte, kam es ihm vor, als wäre er vom Regen in die Traufe gekommen. Er hatte sich einen Tag freigenommen und eine lange Fahrt durch das Königlich Ökologische Konservatorium gemacht. Als er wieder zu Hause eintraf, von der Sonne verbrannt und angenehm erschöpft, hatte sich seine Stimmung sichtlich gehoben. Eigentlich verbesserte es seine Situation, daß Dr. X die Fibel besaß.
    Wahrscheinlich würde der Doktor als Gegenleistung für die Fibel etwas von Hackworth verlangen. In diesem Fall bestand wenig Aussicht, daß es sich nur um ein Schmiergeld handeln würde, wie Chang angedeutet hatte; das ganze Geld, das Hackworth besaß und jemals besitzen würde, konnte für Dr. X schwerlich interessant sein. Höchstwahrscheinlich würde ihn der Doktor um eine Art Gefallen bitten – er könnte Hackworth bitten, etwas zu entwerfen, sich ein wenig als Berater zu betätigen. Das wollte Hackworth so sehr von ganzem Herzen glauben, daß er die Hypothese gegen Ende seiner Rundreise mit allerlei Beweisen, echten und zusammenphantasierten, untermauert hatte. Es war gemeinhin bekannt, daß das Himmlische Königreich im nanotechnologischen Wettrüsten hoffnungslos hinterherhinkte; daß Dr. X selbst seine kostbare Zeit darauf verwendete, durch den Abfall des Immunsystems von New Atlantis zu wühlen, legte beredtes Zeugnis dafür ab. Hackworths Fähigkeiten konnten von unschätzbarem Wert für sie sein.
    Falls das zutraf, gab es einen Ausweg für Hackworth. Er würde eine Arbeit für den Doktor übernehmen. Als Gegenleistung würde er die Fibel zurückbekommen, was er sich mehr als alles andere wünschte. Als Teil der Abmachung konnte Dr. X ohne jeden Zweifel einen Weg finden, Chang von der Liste der Dinge zu streichen, die Hackworth Kopfzerbrechen bereiteten; Hackworths Phyle würde nie etwas von seinem Verbrechen erfahren. Viktorianer und Konfuzianer hatten gleichermaßen neue Verwendungszwecke für das Foyer, Vorzimmer, oder wie immer man es nennen wollte, und für den alten Brauch von Besucherkarten gefunden. Alle Stämme mit hochentwickelter Nanotechnologie wußten, daß Besucher gründlich untersucht werden mußten, bevor man sie ins Allerheiligste führte, und daß eine solche, von Tausenden emsiger Aufklärungsmilben durchgeführte Untersuchung Zeit brauchte. Aus diesem Grund war eine ausufernde Vorzimmeretikette entstanden, und gebildete Leute überall auf der Welt wußten, wenn sie jemanden besuchten, selbst einen engen Freund, konnten sie davon ausgehen, daß sie einige Zeit in einem mit unauffälliger Überwachungsausrüstung versehenen Vorzimmer verbringen, Tee trinken und in Zeitschriften blättern mußten.
    Eine ganze Wand im Vorzimmer von Dr. X wurde von einem Mediatron eingenommen. CineAufzeichnungen oder schlichte stationäre Graphiken ließen sich digital an dieser Wand anbringen, wie Plakate und Handzettel in alten Zeiten. Wurden sie nicht entfernt, überlagerten sie einander mit der Zeit und bildeten eine animierte Collage.
    In der Mitte der Medienwand von Dr. X, teilweise von neueren Clips überlagert, lief ein Cine-Clip ab, der im nördlichen China so weit verbreitet war wie das Gesicht von Mao

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