Diana - sTdH 5
es
sei denn, Sie wollen an mein Vermögen kommen.«
Der Pfarrer
verschluckte sich und stotterte vor Wut.
»Sir«,
sagte der Squire und blickte Lord Dantrey voller Abneigung an. »Sie vergessen
den anonymen Brief. Sie vergessen, daß Sie sich, obwohl Sie wußten, daß Diana
Armitage eine Dame ist, mit ihr in der Öffentlichkeit haben sehen lassen und
ihr sogar nahegetreten sind.«
»Miß Diana
hatte ganz großes Glück«, antwortete Lord Dantrey scharf. »Ich habe sie
ausgesprochen höflich behandelt, nichts weiter. Also gut, meine Herren, ich
gebe zu, daß ich mich falsch verhalten habe. Aber ich will Miß Diana Armitage
auf gar keinen Fall heiraten. Was stand denn genau in dem Brief?«
Der Pfarrer
brachte den abgegriffenen anonymen Brief zum Vorschein und übergab ihn.
Lord
Dantrey zog sein Monokel heraus, polierte es und las den Brief. »Hubbold's
Kaffeehaus«, überlegte er. »Lassen Sie
mich nachdenken ...«
Der Pfarrer
öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber der Squire hielt ihn durch einen
warnenden Blick zurück.
»Das
einzige, was mir auffiel«, sagte Lord Dantrey langsam, »waren zwei ganz junge
Männer, eher Schuljungen als Männer. Das Licht war schlecht, aber es war
auffallend, wie sehr sie Miß Diana Armitage ähnelten.«
»Peregrine
und James!« rief der Squire aus.
»Das kann
nicht sein«, sagte der Pfarrer. »Sie sind in Eton. Und warum sollten sie ihrem
Vater einen anonymen Brief schicken?«
»Weil sie
nicht wollten, daß der Papa erfährt, daß sie nicht in der Schule waren«, sagte
Lord Dantrey und schwang sein Monokel an der langen Seidenschnur hin und her.
»Wir fahren
am besten nach Eton und finden es heraus«, sagte der Squire eifrig. »Du willst
diesen Mann doch nicht als Schwiegersohn, Charles, wenn es irgendeinen Ausweg
gibt. «
»Nein,
darauf gebe ich dir meine Garantie«, antwortete der Pfarrer. »Ich konnte ihn
von Anfang an nicht leiden.«
»Wenn Sie
mir verzeihen würden, daß ich Anstoß daran nehme, daß Sie über mich reden, als
wäre ich nicht hier«, sagte Lord Dantrey übertrieben sanft, »ich für meinen
Teil kann auch nur betonen, daß ich meinen Namen um keinen Preis der Welt mit
Ihrer Familie verbinden möchte, nachdem ich Sie kennengelernt habe, sehr
verehrter Herr Pfarrer.«
»Wir werden
sehen«, antwortete Hochwürden. »Wenn wir von Eton zurück sind.«
Diana und Lady Godolphin warteten
aufgeregt auf die Rückkehr des Pfarrers und des Squires. Aber es wurde immer
später, und der Tag immer dunkler, und immer noch kamen sie nicht. Sie sprachen
das Problem ernsthaft durch. Lady Godolphin sah die Sache immer mehr von der
guten Seite und
meinte, daß Lord Dantrey kein schlechter Fang sei, während Diana immer heftiger
protestierte, weil sie Lord Dantrey für gefühllos und böse hielt.
Colonel
Brian hatte versprochen, vorbeizukommen, um Lady Godolphin und Diana ins
Theater zu begleiten. Lady Godolphin hatte Mr. Emberton nicht aufgefordert,
sich anzuschließen, weil sie der Ansicht war, daß ein bißchen Sehnsucht die
Liebe steigerte; als er dann aber am späten Nachmittag vorsprach, um ihr für
das Dinner zu danken und Diana einen Höflichkeitsbesuch zu machen, lud sie ihn
doch spontan ein, sie am Abend zu begleiten. Wenn Diana einen Mann heiraten
mußte, den sie nicht wollte, dann sollte sie wenigstens noch einen Abend in der
Gesellschaft eines Mannes verbringen, den sie mochte.
Als die
beiden Damen nach oben gingen, um sich auf den Abend vorzubereiten, tröstete
Lady Godolphin Diana mit dem Hinweis darauf, daß der Pfarrer sofort zurückgekommen
wäre, wenn er bei Lord Dantrey Erfolg gehabt hätte. Es sei ganz typisch für
ihn, sagte Lady Godolphin beißend, aufs Land zurückzukehren und zu bocken, wenn
er seinen Kopf nicht durchgesetzt hatte.
Mr.
Emberton rätselte die ganze Zeit über Dianas starres Gesicht, als die Kutsche,
die sie ins Theater brachte, sich mühselig ihren Weg durch den erstickenden
Nebel suchte.
Diana trug
ein reichgeschmücktes Abendkleid ä la militaire. Goldene Zöpfe und
durchbrochene Knöpfe bildeten auf den Schultern eine Art Epauletten. Ihr Haar war
sorgfältig in wilde Locken gelegt, und wurde von Lorbeerblättern gekrönt.
Lady
Godolphin hatte ein pinkfarbenes Merinokleid mit weißen Seidenstreifen gewählt,
auf dem Kopf trug sie einen dazupassenden Gazeturban. Ihr Gesicht war so stark
geschminkt, daß in den Augen- und Mundwinkeln kleine Sprünge in der Farbe
erschienen, wenn sie lächelte.
Das Stück
hieß »Der
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