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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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einer prä-kopernikanischen Kosmologie zurückentwickelt hat?«
    Inoshiro und Yatima berieten sich über Infrarot und beschlossen, es zu riskieren. Francesca schien sie genauso gut wie Orlando und Liana zu verstehen. Wenn sie störrisch nach ihren alten Freunden verlangten, würde das zuviel Feindseligkeit verursachen – von der Zeitverschwendung ganz zu schweigen.
    Inoshiro erklärte die Situation sehr deutlich – und Yatima mußte sich zurückhalten, keine Vorbehalte und Details einzuwerfen –, aber hie beobachtete, daß Francesca immer mißtrauischer wurde. Es war eine lange Kette von Schlußfolgerungen von den schwachen Wellen, die TERAGO empfangen hatte, bis zur Vision einer gefrorenen und von UV-Strahlung verbrannten Erde. Wäre es ein Asteroid oder ein Komet gewesen, hätten die Körperlichen ihre eigenen optischen Teleskope benutzen können, um sich persönlich davon zu überzeugen, aber sie besaßen keine Gravitationswellendetektoren. Sie mußten die Tatsachen auf Treu und Glauben aus dritter Hand akzeptieren.
    Schließlich gestand Francesca ein: »Ich verstehe nicht genug von der Sache, um euch die richtigen Fragen stellen zu können. Würdet ihr mit in die Stadt kommen und euch der Allgemeinheit stellen?«
    »Natürlich«, sagte Inoshiro.
    »Du meinst«, wollte Yatima wissen, »wir sollen zu den Vertretern aller Mittler sprechen, mit Hilfe von Dolmetschern?«
    »Nein. Es bedeutet, daß ihr zu allen Körperlichen sprechen sollt, die wir kontaktieren können. Nicht nur zu Atlanta. Zur ganzen Welt.«
     
    Während sie durch den Dschungel marschierten, erklärte Francesca, daß sie Liana und Orlando kannte, daß Liana jedoch krank war, so daß noch niemand sie mit der Neuigkeit beunruhigen wollte, daß die Konishi-Gesandten zurückgekehrt waren.
    Als Atlanta in Sicht kam, von riesigen grünen und goldenen Feldern umgeben, war es, als wäre das Ausmaß der Probleme, mit denen die Mittler demnächst konfrontiert sein würden, in Form von Hektaren Boden, Megalitern Wasser und Tonnen Getreide zur Inspektion anschaulich dargestellt. Im Prinzip gab es überhaupt keinen Grund, warum geeignet angepaßtes Leben nicht in der neuen Umwelt, die Lacerta schuf, gedeihen sollte. Die Pflanzen konnten mit widerstandsfähigen Pigmenten arbeiten, die die UV-Photonen ausnützten, während ihre Wurzeln Glykole absonderten, die die härteste Tundra aufweichten, und ihre Biochemie auf die sauren pH-Werte von Wasser und Boden abgestimmt war. Andere Spezies, die für die mittelfristige chemische Stabilität der Biosphäre wichtig waren, konnten mit Schutzmechanismen ausgestattet werden, und die Körperlichen konnten genetisch ein neues Integument herstellen, das sie selbst im direkten Sonnenlicht vor Genschäden und dem Zelltod schützte.
    In der Praxis wären solche Modifikationen jedoch ein Wettlauf mit der Zeit, der bei jedem Schritt durch die Tatsachen der Masse und Entfernung, der Entropie und Trägheit behindert wurde. Man konnte der realen Welt nicht einfach den Befehl zur Veränderung geben; sie ließ sich nur mühsam Schritt für Schritt manipulieren – eher wie ein mathematischer Beweis als eine virtuelle Landschaft.
    Über der Stadt sammelten sich tiefhängende Wolken, als sie sich näherten. Auf der Hauptstraße blieben die Menschen stehen, um die Roboter mit Begleitung neugierig zu mustern, doch die Menge wirkte im schattenlosen Licht auf seltsame Weise lethargisch. Yatima sah, daß ihre Kleidung feucht war und ihre Gesichter vor Transpiration glänzten. Von der Haut des Gleisners erfuhr hie die Umweltparameter: eine Temperatur von fünfundvierzig Grad Celsius und dreiundneunzig Prozent Luftfeuchtigkeit. Eine Rückfrage in der Bibliothek ergab, daß diese Wert im allgemeinen nicht als angenehm betrachtet wurden, und es konnte zu Auswirkungen auf Metabolismus und Verhalten kommen, die von den speziellen Adaptionen der Vitalen abhingen.
    Einige Leute begrüßten sie, und eine Frau fragte sie sogar, warum sie zurückgekehrt waren. Yatima zögerte, und Francesca intervenierte. »Die Gesandten werden sich demnächst an die Allgemeinheit wenden. Dann wird jeder die Neuigkeiten erfahren.«
    Man brachte sie zu einem gedrungenen, zylindrischen Gebäude in der Nähe des Stadtzentrums und führte sie durch das Foyer und einen Korridor zu einem Raum, der von einem langen Tisch aus Holz beherrscht wurde. Francesca ließ sie mit den drei Wachen allein – es war Unsinn, sich einzureden, sie hätten eine andere Funktion – und

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