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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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der Öffnungen zusammen. Es sind die Öffnungen, die mit virtuellen Gravitonen interagieren. Der Wurmlochtunnel kann beliebig lang oder kurz sein, doch die Öffnungen werden immer exakt dieselbe Masse haben.«
    »Ja, aber das ist kein Grund für eine Verlängerung des Tunnels, nur weil die Öffnungen im äußeren Raum einen größeren Abstand haben.«
    »Warte. Es gibt eine winzige Korrektur der Gesamtenergie, die sehr wohl mit der Länge zu tun hat. Wenn das Wurmloch kürzer ist als der Weg durch den äußeren Raum, dann muß die Energie der virtuellen Teilchen, die hindurchgehen, ein wenig höher als die normale Energie des Vakuums sein. Wenn das Wurmloch also ungehindert seine Länge an das niedrigste Energieniveau anpassen kann, wird die interne Entfernung zwischen den Öffnungen schließlich genauso groß wie die externe sein.«
    »Aber das Wurmloch kann sich nicht ungehindert ausdehnen! Die Kozuch-Theorie läßt nicht zu, daß es länger als zehn hoch minus fünfunddreißig Meter wird, denn in den sechs weiteren Dimensionen besitzt das gesamte Universum keine größere Ausdehnung!«
    »Wie es scheint«, erwiderte Gabriel trocken, »gibt es ein paar Ungereimtheiten in der Kozuch-Theorie. Zuerst Lacerta – immer noch ungeklärt. Und jetzt das.« Die Gleisner hatten eine nicht-intelligente Sonde in einen Orbit um das Schwarze Loch von Lacerta gebracht, aber sie hatte keinerlei Erkenntnisse geliefert, warum die Neutronensterne kollidiert waren.
    Sie saßen eine Weile schweigend da, ließen die Beine über dem Abgrund der Schlucht baumeln und sahen zu, wie der grüne Nebel herabregnete. Was die intellektuelle Herausforderung betraf, hätte Gabriel sich nichts Besseres wünschen können: Die Kozuch-Theorie würde noch einmal vollständig überarbeitet oder gar verworfen werden müssen, und das Instrument, an dessen Konstruktion er die vergangenen achthundert Jahre mitgewirkt hatte, stand im Brennpunkt dieser Transformation.
    Nur hinsichtlich der Hoffnung auf eine Abkürzung zu den Sternen hatte sich der Lift als Zeitverschwendung erwiesen.
    »Du hast uns der Wahrheit näher gebracht«, sagte Blanca. »Das ist auf keinen Fall ein Mißerfolg.«
    Gabriel lachte verbittert. »Nein? Man redet bereits darüber, Carter-Zimmerman tausendfach zu klonen und die Kopien in die verschiedensten Richtungen zu schicken, damit wir irgendwann die Gleisner wieder einholen. Wenn die Wurmlöcher einen zeitverlustfreien Zugang ermöglicht hätten, wären die Sterne der Galaxis näher zusammengerückt. Wir hätten genauso mühelos zwischen ihnen hin und her springen können, wie wir von einer Landschaft in die andere wechseln. Doch jetzt sind wir zur Zersplitterung verdammt. Ein paar Klone von C-Z werden sich auf den Weg zu den Sternen machen, Jahrhunderte werden vergehen … und wenn irgendwann die Informationen zur Erde zurückkehren, wird es die anderen Poleis nicht mehr interessieren. Wir werden immer weiter auseinanderdriften.« Er nahm eine Handvoll Staub auf und beschleunigte den Sturz in den Abgrund. »Ich wollte ein Netzwerk errichten, das das Universum umspannt. Das war ich einmal: der Bürger, der es uns allen in die Hände gelegt hat. Und wer bin ich jetzt?«
    »Der Anstifter der nächsten wissenschaftlichen Revolution.«
    »Nein.« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Diesen Schritt kann ich nicht machen. Ich kann mit dem Mißerfolg leben. Ich kann mit der Erniedrigung leben. Ich kann mich damit begnügen, den Gleisnern in den Weltraum zu folgen, langsamer als das Licht, und zu akzeptieren, daß es doch keinen besseren Weg gibt. Aber erwarte nicht von mir, daß ich das, was meine Träume vergiftet hat, nun als triumphale Offenbarung willkommen heiße.«
    Blanca beobachtete, wie er mißmutig in die Ferne starrte. Hie hatte sich in all den Jahrhunderten getäuscht: Die Eleganz der Kozuch-Theorie war für Gabriel niemals genug gewesen. Daher war die Gelegenheit, ihre Fehler bloßzulegen und zu berichtigen, für ihn keinesfalls ein Trost.
    Blanca stand auf. »Komm mit.«
    »Was?«
    Hie reichte ihm die Hand. »Spring mit mir.«
    »Wohin?«
    »Nicht in eine andere Landschaft. Hier. In den Abgrund.«
    Gabriel musterte hie mißtrauisch, aber er stand ebenfalls auf. »Warum?«
    »Danach wirst du dich besser fühlen.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Dann tu es für mich.«
    Er lächelte matt. »Also gut.
    Sie standen am Rand des Felsens und spürten, wie der Staub um ihre Füße strömte. »Es gibt mir ein unangenehmes Gefühl«, sagte

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