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Dichterliebe: Roman (German Edition)

Dichterliebe: Roman (German Edition)

Titel: Dichterliebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Morsbach
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anmerken lassen. Ich geleitete das Duo zur Wohnungstür. » Sie wissen, um welche Namen es sich handelt«, sagte der Kleine.
    » Nein.«
    » Nils Stubenrauch und Jakob Jehlitschka.«
    *
    Die Frauen – Irene, Natascha, Lucie – gehen zeitiger schlafen als wir. Sofern sie Männer haben, gehen die Männer mit. Die Junggesellen, am Kamin zurückgeblieben, können sich des Themas auf Dauer nicht enthalten. Auch Video-Bernd ist in Not. Die herrliche Natascha hat ihn abblitzen lassen. Er leidet. Robert zitiert Günter Kunert: Ballast: Das finstere Blut / Gestaut an hervorragender Stelle / Gürtelwärts. Bernd schüttelt gequält den Kopf.
    Wenn er wüßte, wie nah ich mich ihm fühle! Um uns Mut zuzusprechen, zitiere ich aus demselben Gedicht: Dennoch breite die Arme aus und nimm / einen Anlauf für das Unmögliche.
    » Schau dich um, Mann!« ermuntert Gabriel. » Weiber, wohin du blickst. Attacke!«
    » Ich kann nicht rumhirschen wie du. Ich möchte Liebe.«
    » Liebe, was soll das sein?« Der unvermeidliche Robert. » Du mußt rausfinden, was du willst. Du kannst dir sagen: Mein Bett ist leer. Meine Wohnung ist leer. Ich hab niemanden, mit dem ich reden kann. Ich hab niemanden, mit dem ich essen kann. Dann mußt du feststellen, ob dich das beeinträchtigt. Vielleicht kommst du zu dem Resultat: Ich will jemanden im Bett. Ich will jemanden in der Wohnung. Ich will mit jemandem reden, und so weiter. Wenn dir das klar ist, gibt’s nur eins: auf die Pirsch! Du kannst ja deutlich sagen, was du willst. Und wenn du eine Frau findest, die einverstanden ist und drei von sieben Parametern erfüllt, dann ist die’s.«
    Parameter. Großkotz. Er sitzt ja selbst auf dem Trockenen.
    » Hat sich bei dir was geändert?« frage ich möglichst beißend.
    » Im Prinzip nicht. Das war aber immer meine Devise. Fündig wird nur, wer sucht. Und solange man nicht findet, muß man weitersuchen.«
    » Was meinst du, warum du nicht findest?«
    » Ich fürchte die Abhängigkeit. Mein Ideal wäre: Beischlafsgemeinschaft mit vierzehntägiger Kündigungsfrist.«
    » Ich würde gerne heiraten«, sagt Bernd.
    » Ich auch«, sage ich. » Ich wäre gern glücklich verheiratet.«
    » Glücklich verheiratet ist mir verdächtig. Das kommt mir vor wie: ein glücklicher Feuerwehrmann. Was heißt das, glücklicher Feuerwehrmann? Entweder man ist ein Feuerwehrmann, oder man ist es nicht.«
    » Hab ich nicht verstanden«, murmelt Bernd bedrückt.
    » Vielleicht ist zuviel Glück für die Kunst gar nicht gut«, sage ich, um Bernd zu trösten. Es ist nur ein Teil von dem, was ich denke, und durchaus nicht das, was ich wünsche, doch es tröstet auch mich. » Ein bißchen Spannung muß sein. Einige sehr gute DDR -Dichter haben hier im Westen nicht an ihre Leistungen anknüpfen können … es ging ihnen auf einmal zu gut.« Auch das ist nur die halbe Wahrheit, aber auch die tröstet, und tatsächlich fragt Bernd sogleich hoffnungsvoll: » Ach, ja?«
    » Gerade kritische Dichter. Wenn der äußere Widerstand fehlt, geht der Spannungskern verloren. In der besseren Welt sind die meisten von denen abgefault.«
    » Ist doch egal«, entscheidet Robert. » Dafür hat man anderes. Henryk Trabe zum Beispiel zog nach Itzehoe aufs Holsteinische Land und übte jeden Nachmittag um vier Uhr den Geschlechtsverkehr aus mit seiner Minna.«
    » Woher weißt du das!« Bernd, elektrisiert.
    » Aus einem veröffentlichten Tagebuch. Und diese Minna ist es auch geblieben. Alle seine Bücher sind ihr gewidmet.«
    Fragen über Fragen. Warum heiraten Leute nach drei gescheiterten Ehen ein viertes Mal? Warum begehen Menschen, die Jahre in Gefängnisse gesperrt waren, neue Verbrechen? Warum schreiben von Armut und Ächtung bedrohte Menschen Bücher? Warum reden wir uns ein, wir handelten jemals aus Vernunft?
    Reife heißt: Die Wünsche den eigenen Möglichkeiten anzupassen. Und meine Hoffnung ist: gemeinsam mit Sidonie in Itzehoe verblöden.
    *
    Morgen soll sie zurückkehren. Am Nachmittag wird im Künstlerdorf von der Ministerin ein Kulturpreis verliehen, es gibt ein Büffet, das wir alle uns nicht entgehen lassen. Die Rituale sind die gleichen wie ehemals in der DDR , die Symptome ebenfalls: Servilität und Gier. Als die Ministerin eine Anekdote zum besten gibt, verstummen alle devot und lachen dann beflissen. Jemand sagt unweigerlich: » Wenn diese Pointe nicht im Leben vorgekommen wäre, hätte man sie erfinden müssen.«
    Ich schaue immer wieder zur Tür, ob nicht Sidonie hereinkommt. Sie

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