Dicke Hose (German Edition)
überformatige Tasche, wobei auf der Frontseite ein großes schwarzes Logo sichtbar wird: Prada .
Schlagartig fühle ich den Eierlikör in mein Blut schießen.
Kai, der meinem Blick gefolgt ist, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. «Ich hab mal dort gearbeitet, bevor ich zu Miucci kam», erklärt er und sieht mich dabei an, als wäre ihm Europas größter Juwelendieb ins Netz gegangen. Mir wird ein bisschen schlecht.
«Ist ’ne Weile her, aber die Kollegen bei Prada kenne ich noch gut.»
Er macht eine Pause, in der ich übersprungartig mein Eierlikörglas mit dem Finger auswische und diesen anschließend ablecke.
«Ich habe mal ein paar Nachforschungen angestellt …» Die Augen von Kommissar Kai funkeln bedrohlich. Sie haben dasselbe Schwarz angenommen wie seine gelackte Betonfrisur. «Komischerweise kennt man dich dort gar nicht.»
«Äh … wo jetzt?»
«Bei Prada.»
«Nicht?», entgegne ich überrascht und will mich fast schon aufregen, dass die dort ihren Top-Verkäufer so schnell vergessen haben. Doch etwas in Kais Blick lässt mich verstummen.
«Stattdessen habe ich von einer anderen Quelle erfahren, du wärst … Makler.»
Ich muss husten. Das Schnapszeugs kommt mir wieder hoch.
«Tja … also …»
Ich? Makler? Das glaube ich ja selbst kaum mehr. Und wer zum Henker hat ihm das überhaupt erzählt? Tanja?
«Weißt du, Alex, im Grunde genommen ist es mir egal, wer du bist oder woher du kommst. Florian hat aus irgendeinem Grund angenommen, du könntest uns hier helfen.» Kai verzieht das Gesicht. «Wie er darauf gekommen ist, weiß ich zwar nicht. Aber bei dem Kerl wundert mich ehrlich gesagt wenig.»
Nun, da haben wir ja etwas gemeinsam. Mich wundert bei Flo eigentlich nur noch, dass er es so lange geschafft hat, alle an der Nase herumzuführen.
Plötzlich kommt mir ein schrecklicher Gedanke. «Weiß Victoria, dass … ich … äh …»
«Dass du einen auf dicke Hose machst und eigentlich ein Abzocker bist, der für wenig Arbeit viel Geld bekommt?»
«… dass ich Makler bin?»
«Sag ich doch.» Kai stemmt die Hände in die Hüften. «Nein, das weiß sie nicht. Uns war zwar von Anfang an klar, dass etwas mit dir nicht stimmt, aber wir brauchten hier so dringend Hilfe – notfalls hätten wir auch einen farbenblinden Passanten von der Straße genommen. Hauptsache, jemand packt uns die Ware aus.»
Na, herzlichen Dank.
«Außerdem hätte Victoria sich nur noch mehr Sorgen gemacht», fährt er fort. «Und möglicherweise sogar die Polizei gerufen.»
«Die Polizei? Meinetwegen?» Also, das finde ich jetzt wirklich übertrieben. Genau wie die Aussage, mit mir würde etwas nicht stimmen. Hat der sich in letzter Zeit mal selbst im Spiegel betrachtet?
«Es ist dir vielleicht inzwischen aufgefallen, dass die Ware hier im Laden außerordentlich wertvoll ist», bemerkt Kai spitz. «Einen Kerl, der uns die Bude leerräumt, hätten wir nun wirklich nicht gebrauchen können.»
Will die Betonbirne etwa andeuten, ich sähe aus wie ein Dieb?
«Jeden Morgen habe ich als Erstes geschaut, ob auch nichts fehlt. Aber außer meinem Haarspray ist nichts weggekommen, seitdem du da bist.»
Okay, ich bin ein Dieb. Aber nur im Bagatell-Bereich.
«Marcel meint jedoch, du wärst harmlos. Bisschen verklemmt und schwulenfeindlich, aber nicht gefährlich.»
Marcel? Was für ein Marcel? Doch nicht etwa der galaktische Stullenfresser von Hambitare? War ja klar, dass der mich anschwärzt. Woher kennen die sich überhaupt? Doch nicht etwa aus der Sauna?
Kommissar Kai macht auch schon weiter mit seinem Verhör: «Wenn du nun also Makler bist, eine Verlobte hast und …»
«Ich bin nicht verlobt! Das war ein Missverständnis.»
«Ach. Ein ziemlich blondes Missverständnis …»
«Äh … na ja … wenn du es so nennen möchtest.»
Ich fasse es nicht! Da ist man mal zwei Stunden nicht im Haus, und schon mischt sich jeder Hans und Franz in mein Privatleben ein. Kann ihm doch total egal sein, mit wem ich in die Wanne steige. Unverschämtheit. Ich meine, bei so einem brisanten Thema, das Verschwiegenheit und Taktgefühl verlangt, wäre Kai nun wirklich der letzte Mensch, dem ich mich anvertrauen würde. Okay, der vorletzte. Der allerletzte wäre vermutlich Marcel.
«Aber das war, bevor Victoria und ich …», setze ich zu einer Erklärung an.
«Bevor ihr was?»
Achtung, Alex, drück es diplomatisch aus. Denk dran, der Kerl ist schwul. Privatangelegenheiten sind bei ihm so sicher aufgehoben wie auf
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