Dicke Hose (German Edition)
einer verknautschten Prinz-Heinrich-Mütze erkenne ich ihn sofort. «Guten Morgen, Herr Lembke», sage ich, als er vor mir steht. «Schön, dass Sie es einrichten konnten.»
Nach anfänglicher Skepsis, nicht zuletzt wegen des knappen Timings, willigte der handwerklich begabte Mann der Möhre gestern Nachmittag ein, sich die Stelle im Fußboden bei Miucci wenigstens einmal anzusehen.
«Moin, Herr Held, ich hoffe, ich kann Ihnen helfen. Ist lange her, dass ich für andere etwas gemacht habe. Seit ein paar Jahren tobe ich mich ja nur noch in unserem Schlösschen aus.»
Ein verschmitztes Lächeln huscht über sein faltiges, braungebranntes Gesicht. Kaum zu glauben, aber dieser unscheinbare Mann könnte Millionär sein, würden er und seine Frau sich zum Verkauf ihres Hauses entschließen. Doch wichtiger scheint ihm zu sein, weiterhin gefordert zu werden.
«Es wäre super, wenn Sie sich irgendetwas einfallen lassen könnten», versuche ich ihm zuzureden, während wir den kurzen Fußmarsch in Richtung Miucci starten. «Damit bei diesem Event, von dem ich Ihnen am Telefon erzählt habe, die Frauen in ihren Highheels nicht über den Fußboden stolpern und sich die Haxen brechen.»
Bruno Lembke nickt. «Schauen wir mal.»
Mir fällt noch etwas ein: «Sie würden mir außerdem einen Riesengefallen erweisen, wenn Sie vor Frau Wendt, also vor der Geschäftsführerin, nicht erwähnen, woher wir uns kennen. Auf keinen Fall darf sie erfahren, dass ich Makler bin.»
«Sie wollen mich doch nicht in eine Intrige verwickeln, Herr Held?», fragt er stirnrunzelnd. «Frauen kann man nämlich nichts vormachen. Die durchschauen einen immer. Und dann möchte ich nicht in Ihrer Haut stecken.» Er kratzt sich an der Mütze. Offenbar hat ihn die Möhre schon bei mancher Schwindelei ertappt, weswegen ihm bereits beim Gedanken an ein Geheimnis unbehaglich zumute wird.
«Sie haben natürlich recht», gebe ich kleinlaut zu, «aber ich stecke leider schon mittendrin in der Geschichte. Glauben Sie mir, es wäre für alle Beteiligten besser, wenn Frau Wendt noch nichts von all dem erfährt, was ich ihr zu sagen habe.»
Bruno Lembke bleibt stehen. «Wenn ich glauben würde, Sie planten etwas Illegales, würde ich nicht mitmachen», sagt er in strengem Tonfall. «Aber meine Frau, die über eine gute Menschenkenntnis verfügt, sagt, Sie wären harmlos. Und mutig.»
Da ich gar nicht genau wissen will, worauf seine Frau ihr Urteil stützt, lasse ich seine Aussage einfach unkommentiert. Außerdem stehen wir bereits vor Miucci.
Ich deute auf die Fensterfront. «Hier ist es. Ganz hinten durch. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.»
Wir betreten den Laden, und Bruno Lembke blickt sich ehrfürchtig um. Spontan werde ich daran erinnert, wie ich vor ein paar Tagen hier das erste Mal im Foyer stand und vermutlich ähnlich staunend die Regale abgescannt habe.
«Donnerwetter», sagt er, «hier würden Lotti aber die Augen übergehen. Wissen Sie», fährt er fort, ohne den Blick von den Taschenregalen zu nehmen, «meine Frau hat einen Schuh- und einen Taschenfimmel. Wie ein junges Mädchen.» Er lacht. «Ich dachte, es würde im Alter etwas nachlassen, aber das Gegenteil ist der Fall.»
«Ach, dann bringen Sie Ihre Frau doch einfach mal mit!» Aus der Tiefe des Raums tritt uns jetzt Victoria entgegen. Sie trägt ein kurzes Kleid mit graphischem Muster in Beigetönen, hat ihr Haar zu einem lockeren Knoten im Nacken geschlungen und verströmt den Duft von Sommerwiese light.
Bei ihrem Anblick krampft sich mein Magen zusammen, und mein Puls rast. Bitte, lass sie nicht mehr sauer sein, dann muss ich heute nichts doppelt Geniales zu ihr sagen!
«Guten Tag, ich bin Victoria Wendt, die Geschäftsführerin.» Sie reicht Bruno Lembke die Hand. Mir schenkt sie lediglich ein kurzes Stirnrunzeln. Okay, sie IST noch sauer. Der Tag wird hart.
«Dies ist Herr Lembke, er wird sich der Stelle im Fußboden annehmen», erkläre ich so souverän, als sei der kleine Mann mit der Prinz-Heinrich-Mütze Chef einer zehnköpfigen Handwerkertruppe, die berühmt für ihr schnelles und effektives Arbeiten ist.
Victoria entdeckt die Schwachstelle sofort. «Haben Sie denn gar keine Hilfe mitgebracht?», will sie wissen. «Ich nehme doch an, Herr Held hat Ihnen gesagt, dass wir etwas unter Zeitdruck stehen.»
Bruno Lembke nickt. «Ja, das hat er gesagt.» Verunsichert blickt er zwischen Victoria und mir hin und her.
Ich nicke ihm vertrauensvoll zu. «Am besten, ich zeige Herrn Lembke
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