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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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irgendwie leicht und unbeschwert. Als könnte mir nichts und niemand etwas anhaben. Ich bin sogar optimistisch, dass Victoria Verständnis für meine Lage aufbringen wird, wenn ich ihr nur alles in Ruhe erkläre. Keinen Tag länger darf ich sie in dem Glauben lassen, ich sei der Sohn ihres hochverehrten Chefs. Diese Lüge würde sie vermutlich noch weniger verzeihen als die Tatsache, dass ich eigentlich Makler bin. Eine Zunft, für die sie ja keine nennenswerte Sympathie empfindet.
    «Willste noch ein Bier?», durchbricht Ben meine Gedanken und deutet fragend auf mein leeres Glas.
    Ich nicke. Ben schnappt sich den leeren Humpen und wirbelt herum zum Zapfhahn.
    Eine Busladung junger Männer, die alle offenbar etwas zu feiern haben, halten ihn schon eine Weile auf Trab. Sie grölen, lachen und hegen einen Cocktailwunsch nach dem anderen.
    Ich verabschiede mich von dem Gedanken, bei diesem Lärm weitere Italienischvokabeln aufschnappen zu können, und stecke mein Telefon in die Tasche meines Mantels. Das pistazienfarbene Outfit habe ich zum Glück längst wieder gegen meine Jeanskluft getauscht.
    Meine Gedanken schweifen zurück zu Victoria. Zurück zu dem Moment, als wir beide, kompliziert verknotet und dennoch seltsam entspannt, auf dem Sofa lagen und sie plötzlich fragte: «Verstehst du dich eigentlich gut mit Florian? Er hat nämlich noch nie etwas von dir erzählt.»
    Wieder eine Gelegenheit, die sich für eine ausführliche Lebensbeichte geeignet hätte. Und wieder sah ich mich nicht imstande, den schönen Augenblick durch komplizierte Sachverhalte mutwillig zu zerstören.
    Stattdessen speiste ich sie mit einer schlappen Ausrede ab: «Na ja, Flo und ich sehen uns nicht so oft. Zu viel los im Job. Außerdem reden Männer ja ohnehin nicht gern, schon gar nicht über andere Männer.»
    Das schien Victoria einzuleuchten. «Und dein Vater? Hast du zu dem Kontakt?», wollte sie anschließend wissen. «Er spricht, wenn überhaupt, nur von Florian.»
    «Ja, äh … Papa ist manchmal … ein bisschen komisch», grub ich mich tiefer in den Sumpf der Lügen. «Manchmal ist er mir regelrecht fremd.»
    «Echt?», wunderte sich Victoria. «Ich finde, er ist wirklich ein unglaublich sympathischer Mensch.» Und mit dem schönsten Lächeln, das ich in den letzten 32 Jahren gesehen habe, fügte sie hinzu: «Ein bisschen was scheinst du von ihm aber schon geerbt zu haben.»
    Ein wirklich schöner Moment. Bis sie plötzlich wissen wollte, ob sie mir etwas anvertrauen könne. «Etwas, das du nicht weitererzählen wirst, Alex?»
    «Natürlich», versprach ich, obwohl sich meine Begeisterung, von ihr zum Geheimnisträger auserkoren zu werden, in Grenzen hielt. Ich bin ein Betrüger, ich verdiene kein Vertrauen.
    Doch Victoria ahnte davon nichts und begann, ihrem Herzen Luft zu machen. «Ich bin kein großer Fan von deinem Bruder. Er redet viel, aber tut nichts. Bei Miucci lässt er sich auch so gut wie nie blicken. Und wenn er doch mal da ist, macht er einen auf dicke Hose.» Sie klang, als müsse sie sich zusammenreißen, nicht noch bösere Worte zu wählen. «Wie geht es Florian eigentlich? Ist er wirklich krank? Oder drückt er sich nur vor der Arbeit? Ich würde ihm ja zutrauen, dass er irgendwo auf der faulen Haut liegt und dich für sich schuften lässt …» Sie biss sich auf die Lippen.
    Einen Moment schwieg ich ungläubig. War das ein Versuch, Florian vor mir schlechtzumachen?
    Victoria schien meine Zweifel zu spüren und legte mir behutsam ihre Hand auf den Arm.
    «Euer Vater überweist Florian jeden Monat ein sattes Geschäftsführergehalt. Ein Drittel davon leitet dein Bruder an mich weiter. Den Rest steckt er sich in die eigene Tasche. Und um mich bei Laune zu halten, lädt er mich ab und zu zum Essen ein. Wusstest du das nicht?»
    Nein, das wusste ich in der Tat nicht. Woher auch? Flo würde sich hüten, solche pikanten Details hinauszuposaunen. Aber wer sagte denn, dass Victoria mir tatsächlich die Wahrheit erzählte?
    Selbst in diesem Moment, fast zwei Stunden später, bin ich noch immer unschlüssig, wem von den beiden – ihr oder Florian – ich glauben soll.
    Nach Victoria ist mein Kumpel ein hochstapelnder Faulenzer, dessen einzige Aufgabe bei Miucci darin besteht, monatlich einen unverdienten Gehaltsscheck einzusacken. Und nicht nur das. Sie ging sogar so weit, zu behaupten, dass Flo sich, statt in einer süddeutschen Privatklinik, irgendwo im Urlaub befindet. Starker Tobak, den ich irgendwie nicht so recht

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