Dicke Hose (German Edition)
Freund ist das!
«Ach, Alex …» Ben sieht mir fest in die Augen. «Wann hätte ich es dir denn sagen sollen? Für so etwas gibt es keinen richtigen Zeitpunkt. Außerdem», er stellt die beiden Biere vor uns hin und befüllt zusätzlich noch zwei Schnapsgläser, «kenne ich ja den echten Alex. Ich habe dich schon oft genug betrunken erlebt, um zu wissen, dass du einen guten Kern hast. Der offenbart sich nämlich sehr schnell, wenn die Leute zu tief ins Glas geschaut haben. Da trennt sich die Spreu vom Weizen.» Mit diesen Worten prostet er mir zu.
Na das wird ja immer besser. «Und was genau hältst du für meinen wahren Kern?» Vorsichtshalber leere ich das Schnapsglas, bevor er antwortet.
Ben zögert einen Moment. Dann sagt er: «Du bist ein netter Kerl. Irgendwann haben andere damit begonnen, sich neben dir aufzuplustern, und aus irgendeinem Grund hast dann wohl beschlossen, bei dem Spiel mitzumachen. Seitdem gaukelst du uns den erfolgreichen Geschäftsmann vor, der alles kann und alles weiß. Aber mal ehrlich, Alex …» Ben beugt sich zu mir über den Tresen. «Wie erfolgreich ist man, wenn man es nicht mal schafft, den Schuldenzettel in seiner Stammkneipe zu bezahlen?»
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17. Kapitel
Am nächsten Morgen bin ich immer noch geschockt von dem, was Ben mir erzählt hat. Mache ich einen auf dicke Hose? Bin ich wirklich ein Aufschneider? Aber machen das nicht alle so, Männer wie Frauen? Ist doch nur ein bisschen Werbung in eigener Sache. Und wenn mein Verhalten so schlimm war, warum hat Ben sich nicht schon eher beschwert? Stattdessen sieht er stumm zu, wie ich mich zum Affen mache.
Auch über Florians Rolle bin ich mir noch nicht im Klaren, beschließe aber, ihm am Nachmittag noch einmal auf den Zahn zu fühlen. Zwar mehren sich die Anzeichen dafür, dass er ein Lügner ist, aber Vermutungen reichen mir nicht aus. Ein vorschnelles Urteil, das ich später vielleicht bereue, könnte auch in Hinsicht auf seine Familie fatale Folgen haben. Und auf einen Tag mehr oder weniger in der Divenboutique kommt es jetzt auch nicht mehr an – zumal ich seit gestern einen wunderbaren Grund habe, meinen Urlaub bei Miucci zu verbringen.
Bei meinem Eintreffen gegen elf – ich brauchte mal wieder ein bisschen Schlaf – stehen Victoria und Beton-Kai, der sich heute eine kesse Stirnlocke gezwirbelt hat, in trauter Eintracht an einem Laptop an der Kasse. Beide starren gleichermaßen konzentriert auf den Monitor. Etwas im Internet scheint weit interessanter zu sein als meine Verspätung. Sogar die Kunden, die im Laden herumstöbern, müssen dies auf eigene Faust tun.
«Moin», grüße ich lässig und hoffe, dass man mir nicht anhört, wie nervös ist bin. Victoria wiederzusehen, nachdem wir uns gestern Abend genau hier im Foyer mit einem leidenschaftlichen Kuss voneinander verabschiedet haben, erhöht meinen Puls. Ein gutes Zeichen. Denn nicht selten empfinde ich beim ersten Wiedersehen nach einer gemeinsamen Nacht Reue. Oder ich merke, dass mir die Frau doch nicht so viel bedeutet, wie es mit zwei Promille am Vorabend den Anschein hatte. Heute jedoch würde mein Herzschlag andernorts vermutlich eine Tsunamiwarnung auslösen.
Victoria schaut vom Computer hoch. Unsere Blicke begegnen sich, und sie lächelt mich warm an. «Hallo, Alex», sagt sie, und ihre Augen glänzen. Man merkt, dass Kais Anwesenheit auch sie etwas verlegen macht. Sicher ist sie nicht wild darauf, ihr Privatleben vor einem Kollegen auszubreiten. Ist mir sehr recht. Schwule sind ja immer so indiskret.
Trotz der widrigen Umstände – spät im Bett, früh wieder raus – sieht Victoria erstaunlich frisch aus. Sie trägt eine weite schwarze Hose, kombiniert mit einer enganliegenden pinkfarbenen Bluse, die ihre gute Figur zur Geltung bringt. Und seit gestern habe ich eine sehr genaue Vorstellung davon, wie gut diese ist.
Kai blickt kurz hoch, nickt mir zu und quält sich ein knappes «Na, zurück aus der Promi-Welt?» heraus. Dann vertieft er sich sogleich wieder in den Bildschirm.
Was gibt es da nur zu gucken?
«Schau mal, Alex», sagt Victoria und deutet auf den Monitor. «Du bist auf bunte.de zu sehen.»
Ich spüre, wie sich mein Magen zusammenzieht. Bunte.de? Das klingt schon mal nicht gut.
«Du hast Frau Grünewald ja ganz schön eingewickelt», kommentiert die Betonlocke, ohne dass es auch nur im Entferntesten bewundernd klingt. «Aber was ist das nur für ein Teil, das sie da trägt?» Er wendet sich an Victoria. «Ich
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