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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Grundstück. Es wird von einem imposanten, gusseisernen Zaun mit Jugendstilelementen abgeschirmt. Dahinter blickt man auf einen tadellos gepflegten Garten. Die Beete sind liebevoll bepflanzt, und ein Weg aus mediterranen Bodenfliesen – angeblich vom Eigentümer selbst verlegt – führt zum Eingang. Nichts deutet darauf hin, dass dieses Haus zum Verkauf steht, im Gegenteil. Hier hat sich jemand so viel Mühe gegeben, wie man es normalerweise nur macht, wenn man vorhat zu bleiben. Merkwürdig.
    Als ich auf das Gartentor zugehe, höre ich jemanden hinter mir rufen. «Herr Held? Hallo! Wir sind die Schümanns!»
    Eindeutig sind sie das. Sie sehen aus, wie man sich Schümanns um die fünfzig vorstellt. Sie: ein bisschen erschöpft von Hausarbeit, Kindererziehung und den Wechseljahren. Er: voll in der Midlife-Crisis, macht trotz Kugelbauch einen auf Jogi Löw, sieht dabei aber eher aus wie Tony Marshall.
    Kinder haben sie nicht dabei.
    «Na, das passt ja gut», sage ich zur Begrüßung. «Ich hoffe, Sie warten noch nicht lange auf mich?»
    «Halb so wild», sagt Frau Schümann, aber ihre Augen sprechen eine andere Sprache. Sie streifen vorwurfsvoll meine lachsfarbenen Hosenbeine, das einzige Detail meines Glitzer-Outfits, das unter dem Mantel hervorblitzt, und klagen stumm: «Eine Unverschämtheit ist das, uns hier in der Kälte warten zu lassen, nur weil Sie sich nicht vom Spiegel lösen konnten!»
    Ich ignoriere ihren vorwurfsvollen Blick und wende mich stattdessen gleich an ihren Mann. Denn der macht sich bereits kugelbauchschwenkend daran, mit wurstigen Fingern den Metallzaun abzuklopfen.
    «Büschn morsch das Teil. Müsste mal gekärchert werden, wa? Und ein neuer Anstrich ist auch fällig. Wird nicht ganz billig.»
    Elender Preisdrücker. Hat das Haus noch nicht betreten und fängt schon an mit dem Feilschen.
    Auch Frau Schümann hat mehr drauf als stummes Anklagen: «Also, wissen Sie, mit dem Parken ist das hier ja eine Katastrophe. Zum Glück ist der Gehweg einigermaßen ausgebaut, sodass man dort eine Weile stehen kann.» Sie deutet auf ihren Wagen, der den komplette Fußweg sowie die halbe Straße blockiert.
    «Na ja …», setze ich an und will gerade anfügen, dass ein großkotziger CMC Sierra Pick-up für den Stadtverkehr sicher kein praktisches Fahrzeug ist, da schmiedet ihr Mann schon Abrisspläne.
    «Weißt du, Ulla, wenn wir den Käfig dort vorn abreißen», er deutet auf einen eigentlich ganz ansprechenden Gartenpavillon, «dann setzen wir an die Stelle einen schönen Carport! Kriegt man heutzutage alles fertig zu kaufen. Bei Obi zum Beispiel.»
    Blöder Proll. Wie ist der nur an die Million für diese Immobilie gekommen?
    Ulla nickt. Sie scheint für jeden Zentimeter Garten, den sie nicht bewirtschaften muss, dankbar zu sein. «Gute Idee, mein Schatz. Dann reißen wir die hässlichen Fliesen und die Beete auch gleich mit raus, teeren das Ganze und –»
    «Also …», unterbreche ich das Horrorbrainstorming, bevor die beiden noch das ganze Areal betonieren. «Wollen wir jetzt mal loslegen?»
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, gehe ich zur Haustür und betätige trotz des mitgebrachten Schlüssels zunächst die Türklingel. Laut meinen Unterlagen wollte das Eigentümerpaar zwar ein paar Tage wegfahren, aber wenn sich solche Pläne kurzfristig ändern, denkt meist niemand daran, den Makler zu informieren.
    Da sich im Haus nichts tut, zücke ich den Schlüssel. Ich will gerade aufschließen, als ich registriere, dass die Haustür nur angelehnt ist. Ich klingele ein weiteres Mal, klopfe dann lautstark an die Tür und drücke sie dabei leicht auf.
    Herr Schümann hinter mir grunzt ungeduldig. «’tschuldigung», sagt er und quetscht sich schon an mir vorbei in den Hausflur, «aber ich hab ja nich den ganzen Tach Zeit.»
    Seine Frau latscht unerschrocken hinterher.
    Nach kurzem Zögern rufe ich zweimal laut «Hallo?» in den Hausflur und folge den Schümanns. Dem Jogi Löw der Handwerker traue ich alles zu, auch dass er gleich einen Hammer zückt und beginnt, den Putz von den Wänden zu schlagen oder die Einrichtung zu zerkleinern.
    Aber der quadratische Eingangsbereich, von dem alle übrigen Räume abgehen, ist komplett leer. Ebenso die anderen Zimmer im Erdgeschoss. Die Türen stehen alle offen, und wir blicken auf guterhaltene Holzdielen, schneeweiße Wände und blitzsaubere Fenster. Eine Tür führt in eine geräumige Küche, die offenbar noch benutzt wird. Denn sie ist mit modernen Geräten bestückt

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