Dicke Moepse
ich bin einem I-a-Schwindler aufgesessen. Ich schäme mich, besonders, wenn ich an das Verhör mit der Polizei denke. Alles, was ich sage, kann gegen mich verwendet werden. Ob ich besser von meinem Schweigerecht Gebrauch machen sollte? Andererseits möchte ich natürlich, dass das Schwein gefasst wird, und jeder noch so kleine Hinweis kann nützlich sein.
Solange mich die Polizei nicht für Renés Komplizin hält, ist mir alles recht. Ich sollte mich vielleicht vorher mit Carla besprechen. Sie kennt sich von Berufs wegen mit solchen Dingen aus. Ich möchte mich weder blamieren noch in Verdacht geraten. Nur ein klitzekleiner Fehler im Ausdruck könnte schon bedeuten, dass sie mich auf der Wache behalten.
»Ich hab schon gehört, Liebes … stell dir vor, meine Abteilung betreut den Fall, und ich leite die Ermittlungen!«, erzählt mir Carla, noch bevor ich loslegen kann.
»Carlotta, was soll ich denn nur machen? Du weißt, ich habe mit dem Ganzen so wenig zu tun wie Paris Hilton mit einer Gruppe braver Pfadfinder!«, jammere ich los.
»Bleib mal ganz ruhig, Rosi. Natürlich solltest du uns alles erzählen, was du weißt. Immerhin willst du doch auch, dass das Schlitzohr erwischt wird, oder etwa nicht?«
»Natürlich will ich das, aber ich möchte auch nicht, dass irgendjemand erfährt, dass ich mit dem miesen Dreckskerl rumgemacht habe.«
Ich drehe mich um und blicke direkt ins versteinerte Gesicht von Andreas.
»Entschuldigung, ich wollte nur sagen, dass die Konferenz gleich beginnt«, sagt er kurz angebunden und verschwindet auch gleich wieder.
»Oje …«, flüstere ich ins Telefon. »Gerade kam Andreas rein. Hoffentlich hat er das mit René jetzt nicht mitbekommen.«
Ich bezweifle jedoch, dass das Timing in diesem Fall auf meiner Seite war. Ich neige dazu, am Telefon relativ lautstark zu sprechen. Und dies ist zudem ein ziemlich emotionales Thema. Wie emotional, weiß dank meines Organs jetzt wohl die ganze Belegschaft unseres Zoos. Ich beende rasch mein Telefongespräch, bevor ich noch mehr intime Momente aus meinem kläglichen Liebesleben der breiten Öffentlichkeit preisgebe.
Ich werde Carla später sowieso noch einmal auf dem Revier zum Verhör treffen.
Nach langer Zeit betrete ich nun wieder unseren Besprechungsraum. Das letzte Mal, als ich hier war, wurde mir Andreas als mein neuer Chef vorgestellt. Vielleicht sollte man das Zimmer nach Feng-Shui-Regeln neu einrichten, um das schlechte Karma daraus zu vertreiben. Denn wenn es bleibt, haben wir alle bald keinen (ob mehr, und unsere Tiere werden zu chinesischem Fastfood verarbeitet. Andreas’ Miene lässt leider darauf schließen, dass sich meine Befürchtungen bewahrheiten.
»Sicher habt ihr es alle schon mitbekommen: Über Nacht wurden unsere Konten komplett leergeräumt. Alles, was sich dort, seit ich hier die Geschäftsführung übernommen habe, angesammelt hat, ist weg. So schwer es mir fällt: Aber ich muss euch leider mitteilen, dass ich heute noch nicht weiß, wovon ich eure Gehälter am Ende des Monats bezahlen soll. Aber keine Sorge, ich denke, dafür werden wir sicher eine Regelung finden. Zumindest für diese Woche. Doch wenn nicht innerhalb der nächsten vier Wochen ein Wunder geschieht, wird der Willbert-Zoo nach China verkauft werden.« Andreas spricht bemüht sachlich zu uns, doch ich merke, wie sehr ihn die Angelegenheit mitnimmt.
»Ich kann jede Entscheidung von euch verstehen. Also, wenn ihr lieber heute als morgen eure Sachen packen wollt, habt ihr meinen Segen«, fährt er fort, und einige Mitarbeiter beginnen tatsächlich, unruhig auf ihren Stühlen herumzurutschen.
»Ihr habt hier Tag für Tag einen tollen Job gemacht und phantastische Arbeit geleistet. Seid versichert, dass ich euch allen ein blendendes Dienstzeugnis ausstellen werde.«
»Und was ist, wenn wo nich gehn wölln?« Erika Sonnebank blinzelt kampflustig in die Runde.
»Ja«, rufe ich mit etwas belegter Stimme. »Gibt es denn keine Möglichkeit, den Zoo zu retten?«
»Nun, für all diejenigen, die es sich nicht nehmen lassen wollen, gemeinsam mit dem sinkenden Schiff unterzugehen, gibt es heute Abend ein Treffen hier im Gebäude. Ich möchte euch natürlich alle zum Brainstorming einladen, vielleicht fällt uns ja tatsächlich noch etwas ein. Alle anderen bitte ich, ihre Termine bei der Polizei einzuhalten. Jeder Hinweis kann sachdienlich sein.«
Beim letzten Satz blickt Andreas zu mir herüber, und für einen kurzen Moment bilde ich mir ein, dass er die
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