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Die 10. Symphonie

Die 10. Symphonie

Titel: Die 10. Symphonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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vorgestern in meinem Büro gesagt hast: aus dem Weg geräumt.«
    »Weiß man, wer es war?«
    »Dafür ist es noch zu früh. Thomas' Leiche ist heute Morgen im Stadtpark aufgetaucht. Mitten auf dem Casa-de-Campo- Gelände, ohne Kopf. Man hat ihm den Kopf abgeschlagen.«
    »Wie grauenhaft! War es ein Sexualverbrechen?« »Im Augenblick weiß man nicht mehr als das, was ich dir erzähle. Die Leiche wurde vor drei Stunden gefunden. Hast du heute Seminare?«
    »Ja, das erste um elf. Ich wollte mich aber vertreten lassen, wegen Alicia.« »Was ist los? Ist sie krank?« »Nicht wirklich.« »Ist sie jetzt bei dir?« »Ja, aber sie schläft.«
    »Schreib ihr einen Zettel, was passiert ist, und komm in einer Viertelstunde in mein Büro.«
    »Nein, warte. Alicia weiß doch nicht einmal, wer Thomas ist! Gib mir noch eine Weile. Wir haben uns sehr lange nicht gesehen.«
    In der darauffolgenden kurzen Stille konnte Daniel h ören, wie es in Duráns Gehirn arbeitete, während er sich seine Antwort überlegte. Schließlich sagte er: »Jemand wurde ermordet. Begreifst du nicht, was das bedeutet? Das ist kein Unfall, auch kein Selbstmord, sondern ein monströses Verbrechen, in der Nacht und mit Hinterlist verübt, ein entsetzlicher Mord, von dem jetzt schon alle Welt spricht. Und nach dem, was du erzählst, könntest du einer der Letzten gewesen sein, die Thomas vor seinem Tod gesehen haben. Willst du also wirklich mit deiner Freundin im Bett liegenbleiben?« »Du hast recht«, räumte Daniel ein und strich Alicia, die immer noch kein Lebenszeichen von sich gab, z ärtlich über den Kopf. »Ich brauche nur noch ein paar Minuten, um jemanden zu finden, der mich vertritt.« »Ich sage Villafahe, er soll das Seminar für dich übernehmen. Wir sehen uns in einer Viertelstunde in meinem Büro.«
    »In einer halben, eher geht es nicht. Mein Motorrad steht noch im Institut. Und außerdem, Villafane hat doch keinen blassen Schimmer von Musikgeschichte!« »Umso besser. So vermissen dich deine Studenten wenigstens.«
    Bevor er aus dem Haus ging, beugte sich Daniel zu Alicia hinunter und gab ihr einen Abschiedskuss. Wie Durán vorgeschlagen hatte, schrieb er ihr eine erklärende Notiz und legte den Zettel so hin, dass sie ihn sicher finden würde. Er konnte ihr Gesicht, das zur anderen Seite gewandt war, nicht sehen. Deshalb bemerkte Daniel nicht, dass Alicia, obwohl sie sich nicht rührte, die Augen offen hatte.
    Nach vierzig Minuten und f ünfzig Euro für das Taxi stand Daniel Paniagua vor dem Schreibtisch von Duráns Sekretärin.
    »Guten Tag, Bianca. Kann ich hineingehen?« Bianca Sierpes war die rechte Hand des Direktors und die mütterlichste Frau, der Daniel in den letzten Jahren begegnet war. Sie roch nach frisch gebügelter Wäsche und hatte eine besondere Schwäche für Daniel. Über was sie auch redeten, immer sprach sie in einem Tonfall mit ihm, der eindeutig verriet: »Du bist mein Lieblingsdozent.« Daniel war überzeugt, wenn sie dreißig oder vierzig Jahre jünger gewesen wäre, hätte er diese Frau geheiratet. »Durán erwartet dich. Hast du die Fotos gesehen?«
    Daniel sch üttelte den Kopf, und Bianca drehte den Monitor ihres PCs so, dass er darauf blicken konnte. Mit zwei Mausklicks öffnete sich auf dem Bildschirm ein schauerliches Foto von Thomas' enthauptetem Körper. Der Kopf war verschwunden, und die Haut wies keine Verletzungen oder Blutergüsse auf. Doch irgendwie - vielleicht durch die Bemühungen, die Leiche zu verstecken - waren der Körper und all seine Gliedmaßen so deformiert, dass sie an einen Bonsai erinnerten, den man den Qualen des Beschneidens, Verpflanzens, Drahtens und Pinzierens unterzogen hatte - Methoden, die Daniel immer schon wie mittelalterliche Folter vorgekommen waren, eigentlich undenkbar für Liebhaber der Gärtnerei. Nur dem Umstand, dass er eilig und ohne Zeit für ein Frühstück aus dem Haus gegangen war, verdankte er es, dass er trotz der Übelkeit, die ihm dieser enthauptete, verdrehte und verstümmelte Körper verursachte, nicht erbrechen musste. »Du Armer«, sagte Bianca Sierpes voller Mitgefühl. »Selbst wenn man weiß, dass er tot ist, sieht es so aus, als ob er sich immer noch aufbäumen würde. Man muss sehr, sehr krank im Kopf sein, um einem Menschen so etwas anzutun.«
    Die T ür zu Duráns Büro ging plötzlich auf, und man hörte ein Räuspern.
    »Bitte, Bianca, halte ihn nicht auf. Los, Daniel, komm herein und erzähl mir alles haarklein.«
    Durán wollte die Tür

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